wirtschaft und weiterbildung 9/2017 - page 47

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wirtschaft + weiterbildung
09_2017
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Dr. Martin Möhrle.
Der Frankfurter
Unternehmensberater ist auch
Associate Director bei der
Akkreditierungsgesellschaft
„European Foundation for
Management Development“
(EFMD) in Brüssel. Dort verant-
wortet er den Corporate Learning
Improvement Process („Clip“).
Zuvor war er HR-Manager bei der
UBS und der Deutschen Bank.
Executive Education ist für viele internati-
onale Business Schools neben den
MBA-Studiengängen ein wichtiger
Bereich ihres Angebots. In Deutschland
ist der Begriff noch recht unbekannt.
Was versteht man genau darunter?
Dr. Martin Möhrle:
Executive Education
steht für Managementweiterbildung. Zu
den Inhalten gehören die strategische
Unternehmensführung und die Reflexion
über den Markt und das Umfeld, in dem
ein Unternehmen agiert. Oft geht es auch
um die systematische Auseinanderset-
zung der Teilnehmer mit sich selbst und
ihrer Position im Unternehmen. Das kann
in offenen und firmeninternen Program-
men stattfinden. Inzwischen haben viele
Business Schools ihr Portfolio erweitert
und bieten auch Trainings zu grundlegen-
den Themen an. Da geht es dann zum
Beispiel darum, wie man ein Team führt.
Damit wurde der Begriff verwässert und
diese Programme können nicht-akademi-
sche Weiterbildungsinstitute oder Einzel-
trainer natürlich genauso gut anbieten.
Wann lohnt es sich für ein Unternehmen,
mit einer Business School zusammen-
zuarbeiten?
Möhrle:
Das kann man in drei Stufen auf-
teilen. Kleine Unternehmen mit bis zu 200
Mitarbeitern haben oft kein eigenes Wei-
terbildungsprogramm und nutzen daher
externe Angebote. Das können auch Busi-
ness Schools sein. Das reicht dann vom
zweitägigen Kurs bis zum MBA-Studium.
Ob ein Mitarbeiter an einem Programm
teilnimmt, wird allerdings oft wenig sys-
tematisch und ad hoc entschieden. Bei
Unternehmen mit 1.000 oder mehr Mit-
arbeitern, deren Manager vielleicht sogar
in verschiedenen Ländern verteilt sind
und die ein Programm suchen, um zum
Beispiel das Wachstum in ihren Märkten
besser zu steuern, kann sich ein maßge-
schneidertes Programm mit einer Busi-
ness School lohnen, um das Management
mit den wesentlichen Zukunftsfragen zu
konfrontieren. Die großen Konzerne wie-
derum haben ein eigenes Portfolio und
arbeiten in der Regel mit externen Wei-
terbildungsinstituten, darunter auch Busi-
ness Schools, zusammen.
Wie sehen Sie den Markt für Executive
Education in Deutschland?
Möhrle:
Die deutschen Hochschulen fan-
gen erst allmählich an, den Weiterbil-
dungsmarkt zu entdecken. Viele gründen
dafür eine gemeinnützige GmbH, um
mehr Flexibilität bei der Vertragsgestal-
tung zu haben. Inzwischen gibt es da
durchaus solide Angebote. Im europäi-
schen Vergleich ist der Markt aber noch
recht klein. Allerdings arbeiten viele
deutsche Unternehmen mit ausländi-
schen Business Schools zusammen. Bei
firmeninternen Programmen macht das
vor allem Sinn, wenn es um globale The-
men und Teilnehmer geht. Auch viele
Mittelständler sind heute international
aufgestellt und ihre Manager sind in ver-
schiedenen Märkten tätig. Und wer zum
Beispiel bei einem größeren Transforma-
tionsprozess Hunderte von Führungskräf-
ten in verschiedenen Ländern erreichen
will, der braucht einen Anbieter, der über
ein globales Netzwerk an Professoren,
Moderatoren und Referenten verfügt.
Manche Business Schools bilden dabei
Allianzen mit anderen Schulen. Oder sie
haben Büros in verschiedenen Ländern.
So koordiniert zum Beispiel das IMD in
Lausanne von seinem Büro in Singapur
aus seine Angebote in Asien. Daneben
gibt es große globale Anbieter wie die
Duke Corporate Education oder die FT/IE
Corporate Learning Alliance, bei der sich
die IE Business School in Madrid mit der
Tageszeitung „Financial Times“ (FT) zu-
sammengetan hat, um weltweit firmen­
interne Programme anzubieten.
Aber wie finde ich die richtige Schule?
Möhrle:
Für die meisten Mittelständler
dürfte es schwierig sein, das Angebot
zu überblicken. Der Markt ist nicht sehr
transparent. Oft läuft es so, dass der Mit-
arbeiter einer Schule zum Beispiel über
Alumni im Unternehmen akquiriert und
man mal etwas ausprobiert. Die größeren
Unternehmen haben natürlich ihre Perso-
nalentwickler, die die Kapazität haben,
sich systematisch mit dem Markt ausei-
nanderzusetzen. Ein Problem ist, dass
man meist nur die großen Marken kennt.
Dabei gibt es manchmal auch durchaus
gute Schulen in der zweiten Liga. Es
muss nicht immer gleich Harvard sein.
Manchmal wählt auch die Einkaufsab-
teilung ein paar Anbieter aus, die dann
präsentieren und HR trifft die Entschei-
dung. Das halte ich allerdings nicht für
optimal. Man sollte schon mehrere Aus-
wahlrunden machen und den Anbietern
mehr Raum für die Kreativität und das
Potenzial bieten.
Worauf sollte ich achten?
Möhrle:
Bei firmeninternen Kursen würde
ich als Unternehmen immer die Design-
Kompetenz des Anbieters einfordern.
„Business Schools sollten für Neukunden mehr tun,
als nur ein bereits bestehendes Angebot etwas
aufzupeppen.“
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