Wirtschaft und Weiterbildung 7-8/2017 - page 31

wirtschaft + weiterbildung
07/08_2017
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„Coaching nicht nach Hierarchie-Ebenen vergeben“
Zwei Jahre unbegrenzt Weiterbildung und Coaching:
Als es dieses Angebot für Ihr Unternehmen gab, haben
sich bestimmt viele Interessenten gefunden. Welchen
Mitarbeiter haben Sie ausgewählt und warum?
Isabel Hoßbach:
Es gab tatsächlich einige Kandidaten.
Wir haben uns letztlich für eine junge Mitarbeiterin Ende
zwanzig entschieden, die sich auf ihre erste Führungsrolle
vorbereitet. Sie soll auf einen Schlag zahlreiche Mitarbeiter
führen, viele davon sind älter und erfahrener als sie. Das ist
für junge Talente eine riesige Herausforderung. Normaler-
weise bekommen sie zur Vorbereitung nur ein, zwei Semi-
nare. Jetzt können wir aber einen Mitarbeiter von Anfang an
zwei Jahre lang strukturiert begleiten. Das hat mich als Per-
sonalentwicklerin gleich gereizt. Im Unternehmen musste
ich aber etwas Überzeugungsarbeit leisten: Denn es gab
zunächst Skepsis, weil das Programm dokumentiert wird.
Haben Sie nicht Angst, dass die Mitarbeiterin nach zwei
Jahren intensiver Weiterbildung einen neuen Job sucht?
Hoßbach:
Sicher, die Gefahr besteht immer. Aber wir haben
die Mitarbeiterin sorgfältig ausgewählt: Sie ist sehr moti-
viert und bringt viel Leidenschaft für unser Geschäft und
den Kundenkontakt mit, und schließlich hat sie ja mit der
neuen Führungsrolle auch ein motivierendes Ziel vor Augen.
Für welche Personalentwicklungsmaßnahmen haben
Sie sich entschieden, um die Mitarbeiterin auf ihre
Führungsrolle vorzubereiten?
Hoßbach:
Wir haben zu Beginn zusammen mit dem Vorge-
setzten der Mitarbeiterin und dem Coach Ziele vereinbart
und dann Seminare ausgewählt, die zu diesen Zielen pas-
sen. Die Seminare sind sehr spezifisch auf die neue Rolle
zugeschnitten: Bislang hat die Mitarbeiterin ein Seminar
zu fachlichen Themen und eines zu Führungskompetenz
besucht, ein weiteres ist geplant. Darüber hinaus trifft sie
regelmäßig ihren Coach und ruft ihn bei Bedarf an. Die
Mitarbeiterin hat uns das Feedback gegeben, dass gerade
das Coaching sie weiterbringt: Bei Seminaren muss man
das einmal Gelernte selbst in die Praxis umsetzen. Das
Coaching hilft dabei, regelmäßig die eigene Entwicklung
zu reflektieren. Außerdem kann unsere Mitarbeiterin sich
auch spontan mit Fragen an den Coach wenden. Nach
einem Jahr fällt auf, dass sie sehr viel selbstsicherer gewor-
den ist; in ihren Entwicklungsfeldern gibt es Fortschritte.
Interview.
Isabel Hoßbach betreut als Personalentwicklerin eine Mitarbeiterin, die zwei Jahre
unbegrenzt Seminare und Coachings erhält. Ihr Fazit nach einem Jahr: Gerade das Coaching
hat sich bei der persönlichen Entwicklung als wirksames Instrument erwiesen. Sie plädiert
dafür, Coaching gezielter und abhängig von der Jobsituation der Mitarbeiter einzusetzen.
Was bedeutet das für die Personalentwicklung in Ihrem
Unternehmen: Soll es künftig ein Flatrate-Coaching für
alle Mitarbeiter geben?
Hoßbach:
Das wird wohl nicht passieren, schon allein aus
Kostengründen. Aber aus dem Projekt habe ich mitgenom-
men, dass Coaching gerade auch für die unteren Hierar-
chiestufen ein wirksames Instrument sein kann. Bislang
kommen fast ausschließlich die oberen Management-Ebe-
nen in den Genuss. Das Instrument sollte aber nicht nach
Hierarchie-Ebenen, sondern nach Passung und konkreter
Jobsituation vergeben werden. Das muss sich ein Unter-
nehmen erst einmal leisten können – aber die Investition
zahlt sich mit Sicherheit aus.
Haben Sie aufgrund Ihrer Erkenntnisse aus dem Projekt
geplant, Ihre Personalentwicklung zu ändern?
Hoßbach:
Wir planen zunächst nicht, unsere Personalent-
wicklung anzupassen. Aber indem ich intern viel über das
Projekt berichte, kann ich das Bewusstsein dafür schaffen,
dass es sich lohnt, den Mut zu haben, innovative Methoden
auszuprobieren.
Interview: Andrea Sattler
Isabel Hoßbach
ist Personalent-
wicklerin beim
Flugzeug-Caterer
LSG Sky Chefs.
Foto: Haufe Akademie
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