Wirtschaft und Weiterbildung 7-8/2017 - page 34

personal- und organisationsentwicklung
34
wirtschaft + weiterbildung
07/08_2017
Gelegenheitsmoderatoren die Methoden-
kenntnis und die nötige -sicherheit, um
beim Moderieren großer Gruppen auch
mal eine andere Methode anzuwen-
den als das World Café. Da überrascht
es nicht, dass nur gut jeder Zweite der
Befragten behauptet, dass es in seinem
Unternehmen immer gelingt, bei großen
Workshops oder Tagungen die vorher ge-
steckten Ziele zu erreichen. 28 Prozent
der befragten Führungskräfte können sich
nicht zu einem Urteil darüber durchrin-
gen, ob ihre Großgruppenveranstaltun-
gen zum gewünschten Erfolg führen oder
nicht – besonders erfolgreich scheinen
die Moderationen bei diesen Unterneh-
men aber demnach nicht zu verlaufen.
Und 16 Prozent geben sogar offen zu,
dass ihre Großgruppenworkshops und
-tagungen regelmäßig schiefgehen. „Die
erfolgreiche Umsetzung von größeren
Arbeitstagungen und Workshops scheint
entsprechend in vielen Unternehmen
öfter mal Probleme zu bereiten“, resü-
miert Studienautor Buxel.
Dominante Teilnehmer reißen
die Diskussion an sich
Um herauszufinden, woran es bei Groß-
gruppenmoderationen häufig hapert,
fragten die Wissenschaftler auch nach ty-
pischen Problemen bei deren Durchfüh-
rung. Hauptproblem ist demnach, dass
sich zurückhaltende, stille Teilnehmer
nicht einbringen (72 Prozent). Aber auch
temperamentvollere Gemüter unter den
Teilnehmern bereiten vielen Kopfzerbre-
chen: 66 Prozent kennen aus ihrer Praxis
das Phänomen, dass dominante Persön-
lichkeiten die Diskussion an sich reißen.
Als schwierig erachten auch viele (70
Prozent) das Timing und die Ergebnis-
findung bei Großgruppenmoderationen.
Sie berichten davon, wie schwer es sei,
gemeinsam in der richtigen Geschwin-
digkeit Lösungen zu erarbeiten und einen
Konsens unter den Teilnehmern herzu-
stellen.
Zudem weist der Autor noch auf einen
weiteren erschwerenden Aspekt hin, der
quasi im System der Großgruppenmode-
ration liegt: dass sich nämlich mit stei-
gender Personenzahl in größeren Tagun-
gen und Workshops die Schwierigkeit
erhöht, gute Lösungen zu erarbeiten.
„Dabei zeigt sich, dass diejenigen Unter-
nehmen, die nicht so erfolgreich bei der
Umsetzung derartiger Arbeitstagungen
und Workshops sind, regelmäßig in ihren
Tagungen und Workshops stark an den-
selben immer wiederkehrenden Proble-
men ‚leiden‘, die auf die Komplexität der
Arbeit in großen Gruppen zurückzufüh-
ren sind“, kommentiert der Autor diesen
Aspekt.
Die „leidenden“ Unternehmen könnten
wohl etwas lernen von jenen, die ihre
Großgruppenmoderationen als erfolg-
reich bewerten: Denn Buxel hat bei den
erfolgreichen Unternehmen Gemeinsam-
keiten bei ihrer Moderationskultur festge-
stellt. Daraus konnte er einige Erfolgsfak-
toren ableiten (siehe Kasten „Gute Mo-
derationskultur“). Neben der geschickten
Organisation von Wissen und Lernstoff
in großen Gruppen hält es der Profes-
sor vor allem auch für wichtig, bei den
Teilnehmern für „Aufbruchsstimmung“
zu sorgen und sie zu Veränderungen zu
motivieren. Dort, wo dies gelingt, sei die
Chance für den Erfolg von Arbeitstagun-
gen und Workshops mit mehr als 15 Be-
teiligten groß, so sein Fazit.
Professionalisierungsbedarf
bei Skills und Methoden
Diese Chance sollten Unternehmen nut-
zen, denn Großgruppenformate gehören
der Studie zufolge ja in vielen Unterneh-
men zur Tagesordnung. Doch noch zei-
gen sich hier Defizite, weil oft Mitarbeiter
moderieren, denen das Methodenwissen
fehlt und – wohl auch infolgedessen – bei
Großgruppenmoderationen meist nur auf
eine Methode gesetzt wird. „Hier kann
eine zentrale Ursache für die Probleme
vieler Unternehmen vermutet werden,
bei größeren Arbeitstagungen und Work-
shops mit mehr als 15 Beteiligten die
vorher gesteckten Ziele der Tagung oder
des Workshops zu erreichen“, resümiert
Buxel „Alles in allem kann gefolgert wer-
den, dass bei der Gestaltung und Umset-
zung von Großgruppen-Tagungen und
-Workshops in vielen Unternehmen noch
Professionalisierungsbedarf im Bereich
Moderations-Skills und Großgruppen-
Methoden vermutet werden kann.“
Die Chancen stehen offenbar nicht
schlecht, dass sich die Investition in die
Schulung der moderierenden Mitarbeiter
auszahlen könnte: Denn Unternehmen,
die passende Moderations-Skills und
-Methoden einsetzen, können laut der
Studie auch deutlich häufiger Erfolg bei
Großgruppentagungen und -workshops
verbuchen.
Andrea Sattler
R
Erfolgsfaktoren.
Die Studie zeigt, was Unternehmen mit
erfolgreichen Großgruppenmoderationen besser machen
als jene, bei denen das Format regelmäßig scheitert.
· Unternehmen mit erfolgreichen Großgruppentagungen
und -workshops erzeugen bei allen Beteiligten eine steile
Lernkurve, damit sie gemeinsam Problemlösungen erar-
beiten können.
· Sie bringen das Know-how der Teilnehmer effizient in den
Arbeitsprozess ein, um Probleme und Lösungsansätze zu
diskutieren und zu guten Lösungen zu kommen.
· Weitere wichtige Faktoren: einen guten Teamspirit zu
schaffen und bei allen Beteiligten Aufbruchsstimmung und
den Willen, Lösungen umzusetzen, zu erzeugen.
Zur kompletten Studie:
oecotrophologie-facility-management/downloads/holger-
buxel/studie-grossgruppen-methoden-moderation.pdf
Gute Moderationskultur
1...,24,25,26,27,28,29,30,31,32,33 35,36,37,38,39,40,41,42,43,44,...68
Powered by FlippingBook