training und coaching
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wirtschaft + weiterbildung
04_2015
darf auch sprechen, wenn man ein Feed-
back erhält. Nur den direkten Widerstand,
den halten wir für nicht zielführend.
Dabei hilft – mehr als demWiderspruchs
impuls nachzugeben – oft ein ganz ein-
faches Mittel: Die Frage. Als Instrument
zur Selbst- und Impulskontrolle nutzt sie
selbst dann, wenn man gar nichts wissen
will! Als Odysseus sich an den Mast bin-
den ließ, um sich nicht der Verführung
der Sirenen, genauer seiner eigenen Emo-
tionen den Damen gegenüber, preiszuge-
ben, hat er ähnlich gehandelt. Er hat sich
an etwas gebunden, um sich zu retten.
Bei offenen Ohren übrigens. Die Frage
als Kommunikationsmittel verschiebt
auch den Kommunikations-„druck” zum
anderen. Er muss nun nachdenken, prä-
zisieren, erklären, verdeutlichen. Und
während das geschieht, verliert das als
bedrohlich empfundene Feedback oft sei-
nen erlebten Angriffscharakter.
Und ganz nebenbei: Es wird dadurch
oft deutlich mehr Klarheit geschaffen,
als dies mit einer ersten Formulierung
des Feedbackgebers der Fall gewesen
wäre. Noch besser natürlich, wenn das
Feedback Ihre Neugier trifft. Wie kommt
er darauf? Was meint sie damit? Wor-
auf bezieht er sich? Was hat sie denn da
am meisten beschäftigt? Mithin teilt der
Feedbackgeber von Anfang an über sich
mindestens genau so viel mit, wie über
mich. Als Feedbackempfänger erfahre
ich die Bewertungen, die Maßstäbe, die
Empfindlichkeiten, die Wünsche mei-
nes Feedbackgebers. Und das macht den
Austausch interessant! Zum nützlichen
Annehmen von Feedback gehört also das
Bewusstmachen der inneren Prozesse,
die beim Auseinandersetzen erfolgen und
es gibt ein paar Kommunikationsmittel,
wie Fragen, die hilfreich sind. Entschei-
dend ist jedoch die innere Haltung, mit
der man dem Feedback begegnet.
Arbeiten an innerer Haltung
Zur inneren Haltung des Feedbackemp-
fängers gehört es also, Feedbackprozesse
einfach als Austausch von Vorurteilen zu
begreifen. Als den Vergleich unterschied-
licher Perspektiven, von denen keine
wahr sein wird. Beide zeigen eben Blick-
winkel, und das ist vollkommen legitim.
Zur inneren Haltung des Feedbackemp-
fängers gehört auch, dem Feedbackgeber
nicht die perfekte Formulierung des Feed-
backs abzuverlangen. Er drückt sein An-
liegen so aus, wie er es eben ausdrückt.
Die Haltung hieße vielleicht: Auch
wenn’s mir nicht passt, auch wenn mir
der Ton, das Beispiel nicht gefällt, aber
mich interessiert schon, wie der andere
zu seinem Urteil kommt. Zur Haltung im
Resonanz-Feedback gehört es, sich be-
wusst zu machen, dass der Feedbackge-
ber energetischen Aufwand betrieben hat;
selbst wenn Art und Inhalt des Feedbacks
uns nicht gefallen: ist es erst einmal geäu-
ßert, dann „kann man drüber reden”. Na-
türlich kann das nur klappen, wenn für
kommunikative Bewegungsfreiheit der
Beteiligten gesorgt ist. Ein vorschnelles,
gegenseitiges Unterbrechen und schnell
aus der Hüfte geballertes „Das war ganz
anders …” oder ein „Das-sehen-Sie-
falsch-Geschoss“ engt ein und begrenzt.
Somit gründet Resonanz-Feedback auf
einem simplen, aber unabdingbaren
Übereinkommen: Wir sind beide dran,
und zwar nacheinander. Der eine spricht,
der andere hört. Der andere spricht, der
eine hört. Und wenn einer sich das Recht
fertigt, seine Sicht auf die Dinge zu äu-
ßern, dann muss dasselbe Recht auch für
den anderen gelten.
Auch Feedback mit positivem
Inhalt ist schwer anzunehmen
Gilt dies denn nur für negatives Feed-
back? Keineswegs. Das Annehmen von
Feedback mit positivem Inhalt ist mindes-
tens ebenso schwierig. Dem Empfänger
wird es gut tun, solches zu hören. Und
doch setzt hier etwas ein, was der Philo-
sophie des Resonanz-Feedbacks zuwider
läuft. Es greift die schüchterne Berührt-
heit des Komplimentempfängers. Inner-
lich oder äußerlich rot werdend, retten
wir uns mit einem „Danke, ja, klar, ähm,
gerne!“. Fishing for Compliments, das ist
unanständig, hat man uns beigebracht.
Resonanz-Feedback aber „fordert” gerade
dieses Fishing. Ja, wir halten es nicht nur
anständig, sondern sogar für notwendig
und zielführend, Rückmeldungen, die
uns gut tun, offen anzunehmen und sie
zu hinterfragen! Denn häufig sind „po-
sitive” Feedbacks – weil (leider) unge-
wohnt – auch mit einer gewissen Pein-
lichkeit aufseiten des Feedbackgebers
verbunden und kommen daher in der
Form generalisierenden Lobs daher. „Bei
unserem CRM-Projekt, da haben Sie sich
richtig reingehängt, wollte ich Ihnen nur
sagen. Klasse!” Die kommunikativen
Weichzeichner verwischen das Detail.
Was genau gemeint ist, bleibt im rosa
Nebel verborgen. Was heißt reingehängt?
Durch die Arbeitsleistung? Die Art, das
R
Chris Wolf
arbeitet als Diplom-
Psychologin seit
über 15 Jahren in
Beratung und Trai-
ning. Themen aus Marketing, Führung,
Verkauf und Kommunikation sind dabei
ihr Schwerpunkt. Feedback spielte in
ihrer Beratungs-, Coaching- und Trai-
ningsarbeit von Anfang an eine essen-
zielle Rolle. Struktur und kulturelles
Umfeld solcher Äußerungen zu untersu-
chen, ist ihr ein Herzensanliegen.
Christiane Wolf
Diplom-Psychologin
Nachtigall 8, 47638 Straelen
Tel. 0151 56063307
AUTOREN
Heinz Jiranek
Ist Diplom-Psycho-
loge und Inhaber
und Geschäftsfüh-
rer von IFB-Jiranek
– Institut für Betriebspsychologie. Er
arbeitet seit 30 Jahren für verschie-
dene Kunden am Thema Kommunika-
tion, Führung und Coaching. Auch durch
seine berufliche Herkunft als Therapeut
geprägt, fokussiert er immer auf die
Wirkung und nie auf das Rezept, nicht
auf Verhaltensdrill, sondern auf den zwi-
schenmenschlichen Prozess.
Heinz Jiranek
Kopernikusweg 10, 85375 Neufahrn
Tel. 08165 61675