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04_2015
wirtschaft + weiterbildung
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Ablehung.
Die
Abwehr eines
Feedbacks erfolgt
nahezu reflexhaft
und endet oft im
Streit, wenn beim
Feedback die wert-
schätzende Basis
fehlt.
Buchtipp.
Chris Wolf, Heinz Jiranek:
Feedback – Nur was erreicht, kann auch
bewegen, BusinessVillage, Göttingen
2014, 237 Seiten, 24,80 Euro
Feedbacks mit positivem Inhalt genauso
wie für Feedbacks mit negativem Inhalt.
Wir haben unserem Ansatz die Bezeich-
nung „Resonanz-Feedback“ gegeben.
Denn erfolgreiche Feedbackprozesse sind
getragen von großer Aufmerksamkeit auf
alles, was mitschwingt.
In jedem Feedback schwingt
eine Kränkung mit
Die erste dieser Schwingungen ist wohl
in der potenziellen Kränkung zu finden,
die jedem Feedback innewohnt. Damit
meinen wir den schmerzhaften Blick oder
„Angriff“ auf das Allerheiligste der Per-
sönlichkeit, auf das, was uns ausmacht.
Wenn ein Feedback unserem Selbstbild
nicht entspricht, dann treten Nachdenk-
arbeiten in Gang. Dabei wird ganz häufig
unser Selbstbild als „bedroht!“ wahrge-
nommen. Es wird dann geschützt und
reflexartig verteidigt. Ich stelle mir das –
in Analogie zum Immunsystem – so vor,
dass der Fremdkörper „Kränkung“ und
eben manchmal auch ein „Feedback“ he-
rausgeeitert werden muss! Das, was da
von außen kommt, das darf einfach nicht
wahr sein, sonst wäre ich nicht ich, son-
dern ein Mosaik aus fremden Definitio-
nen; deshalb werde ich sauer und hoffe,
die Säure kann das Fremde, das von
außen Kommende, zersetzen, als etwas,
das nicht zu mir gehört. Dies kann man
zum Beispiel erreichen, indem man erst
gar nicht den Inhalt betrachtet, sondern
einfach den Feedbackgeber abwertet.
Um die eigene Identität zu wahren, recht-
fertigen wir uns, das heißt, wir fertigen
uns das Recht selbst, und damit legiti-
mieren wir unser Tun. So schützen wir
unser Ich, die Grundfeste der Persönlich-
keit. Kurz: Gekränkt zu sein und Wider-
stand zu spüren, wenn mir etwas nicht
passt (= etwas nicht zu mir passt = es
also einen Fremdkörper darstellt), das
ist ein normaler und vollkommen ge-
sunder psychischer Vorgang. Denn die
Kränkung schützt, indem sie die Ursache
nach außen hin – zum Verursacher der
Kränkung – verweist. Zu uns selbst sagen
wir dann: „Da irrt er sich aber gewaltig!“,
„Sein Feedback geht völlig an der Wirk-
lichkeit vorbei!“, „Sie sollte erst mal vor
ihrer eigenen Haustür kehren!“, „Was
sie da sagt, wird mir ja gar nicht gerecht.
Andere sehen das ganz anders!“, „Das
muss ich mir doch nicht länger anhören!“
Zugegeben, wir übertreiben, und es wird
nicht immer so sein. Aber es wäre merk-
würdig, wenn das nicht doch oft genau so
wäre und wir selbst einem Feedbackge-
ber gegenüber, den wir schätzen, auf den
wir hören, kritisches Feedback abwehren
würden, insgeheim und im Inneren.
Die Kunst hinzuhören, obwohl
es wehtun könnte
Diese Tendenz zum Widerspruch, zum
Widerstand, zur Abwehr erfolgt nahezu
reflexhaft und damit allzu häufig unreflek-
tiert. Erst wenn man sich dieser inneren
Resonanz achtsam bewusst wird, ist man
in der Lage, dem Widerspruchsdrang zu
widerstehen. Erst wenn man sich als Feed-
backempfänger eingesteht, dass es einem
mit Feedback nicht gut gehen muss, erst
wenn man verstanden hat, dass das so-
genannte konstruktive Feedback meist für
den konstruktiv ist, der es gibt, aber nicht
unbedingt für den, der es bekommt, erst
dann kann man hinhören, obwohl es viel-
leicht weh tut. Als Feedbacknehmer darf
man sich auseinandersetzen und man