schauen ganz einfach, was die anderen
machen. Je mehr Unternehmen einen
bestimmten Test einsetzen, desto siche-
rer sind sich die Neukunden, dass es sich
um einen guten Test handeln muss. Auf
diesem Weg der Scheinvalidierung setzt
sich nach und nach eine Lawine in Gang:
Je mehr Unternehmen das Verfahren
nutzen, desto größer wird die Überzeu-
gungskraft der Masse und desto größer ist
wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass
andere Unternehmen es ihnen gleichtun.
Ist erst einmal eine kritische Kunden-
masse erreicht, spielt die Qualität des
Verfahrens keine Rolle mehr.
Strategie 4: Mit Selbsttest
überzeugen
Anbieter von Persönlichkeitsfragebögen
fordern ihre Kunden gern auf, einen
Selbsttest durchzuführen. Hierzu bear-
beiten die Kunden einen Fragebogen und
bekommen anschließend eine individu-
elle Ergebnisrückmeldung in Form von
Textbausteinen. Findet sich der Kunde in
den Testergebnissen wieder, so ist er ver-
sucht zu glauben, dass dies eindeutig für
die Qualität des Testverfahrens spricht.
Dies ist leider ein Irrtum.
Wo der Irrtum liegt, wird schnell offen-
kundig, wenn wir uns vor Augen führen,
was hier abläuft. Nehmen wir einmal an,
der Kunde beantwortet 100 Fragen, mit
denen zehn Persönlichkeitsmerkmale er-
fasst werden. Im Zuge der Auswertung
berechnet der Anbieter Mittelwerte über
die Fragen, die zu einem Persönlichkeits-
merkmal gehören. Die Ergebnisse werden
anschließend in Form von Textbaustei-
nen zusammengefasst.
Dass sich der Kunde in diesen Tex-
ten
wiederfindet,
ist
keineswegs
überraschend. Im Gegenteil, es wäre
verwunderlich, wenn er völlig Neues
über sich erfahren würde, denn nahe-
zu 100 Prozent der Informationen, die
ihm gespiegelt werden, stammen al-
lein von ihm. Mehr noch, selbst wenn
der Anbieter überhaupt keine Daten er-
hoben hätte, wäre es ein Leichtes, ein
Feedback zu formulieren, in dem sich
jeder Mensch wiederfindet. Diesen Ef-
fekt kennt man in der Psychologie seit
den 1940er-Jahren unter dem Namen
„Forer-Effekt“. Er entsteht, wenn ein
Feedbacktext sehr viele positive und zum
Teil auch widersprüchliche Aussagen
beinhaltet. Hier ein paar Beispiele:
Testverfahrens beurteilen möchte, ist
zwingend darauf angewiesen, dass der
Anbieter die Kennwerte offenlegt und
darüber hinaus Auskunft über Stichpro-
bengrößen oder die Zusammensetzung
von Normstichproben gibt.
Manche kommerziellen Anbieter ver-
suchen, ihren Kunden diese Daten vorzu-
enthalten. Gerne schieben sie den Schutz
des eigenen Testverfahrens als Grund für
das Geheimhalten vor, denn angeblich
dürfen sie die Informationen nicht he
rausgeben, da sonst ihr eigenes Verfahren
von Nachahmern übernommen werden
könnte. Diese Argumentation ist unge-
fähr so plausibel wie die eines Computer-
händlers, der seinen Kunden keine An-
gaben zu wichtigen technischen Daten,
zur Festplatte oder zum Prozessor gibt.
•
Sie haben viele gute Absichten, die sie
nicht alle verwirklichen können.
•
Sie sind ein friedliebender Mensch, so-
lange man sie nicht reizt.
•
Sie haben gern mit Menschen zu tun,
genießen es aber auch, hin und wieder
für sich allein zu sein.
Selbsttests verraten nichts über die Quali-
tät eines Testverfahrens. Sie helfen jedoch
dabei, dass sich der Kunde in einer trüge-
rischen Sicherheit wähnt.
Strategie 5: Statistische
Kennwerte geheim halten
Die Qualität eines Testverfahrens beweist
sich in empirischen Studien, in denen
verschiedene statistische Kennwerte er-
hoben werden. Wer die Qualität eines
personalmagazin 03.19
70
HR-Management
Foto: Vanessa McKeown