New Work ist in aller Munde. Ange
trieben durch die immer schneller vo
ranschreitende Digitalisierung, Flexi
bilisierung und den gesellschaftlichen
Wandel verändert sich unsere Arbeits
welt nachhaltig – und wirft grundsätz
liche Fragen dazu auf, wie wir heute,
morgen und in Zukunft arbeiten werden
(und wollen).
Digitalisierung, Flexibili
sierung, gesellschaftlicher
Wandel
Die zunehmende Digitalisierung ermög
licht es uns, an jedem Ort der Welt zu
arbeiten; viel mehr als ein Notebook und
Zugang zum Internet braucht ein Wis
sensarbeiter nicht. Reale und virtuelle
Welten verschwimmen und ermöglichen
die Zusammenarbeit von Teams selbst
über Landes- und Kontinentgrenzen hin
weg. Doch auch vor Ort verändert die
Digitalisierung unsere Arbeitswelt und
ermöglicht ein nie da gewesenes Maß an
Mobilität: Daten werden nicht mehr lokal
gespeichert, sondern in der Cloud. Pro
jektkoordination, Teamwork und Kom
munikation werden immer häufiger in
digitale Räume verschoben. Und nicht
zuletzt bringt die Digitalisierung neue Ge
schäftsmodelle hervor und schafft Berufs
bilder, die bis vor wenigen Jahren noch
nicht existierten. Selbst kleinste Unter
nehmen können internationale Märkte
für sich erschließen. Doch auch die inter
nationale Konkurrenz ist stets nur einen
Mausklick entfernt.
Außerdem durchdringt eine nie da ge
wesene Flexibilisierung unsere Arbeits
welt: Gewohnte Hierarchien, Organi
sations- und Arbeitsstrukturen werden
durchlässiger oder lösen sich ganz auf.
Agiles Arbeiten ersetzt starre Projekt
pläne, Job Sharing und flexible Arbeits
zeitmodelle sowie das Arbeiten im Home
Office oder an dritten Orten wie Cowor
king Spaces, Cafés oder Lounges erfor
dern gänzlich neue Entscheidungs- und
Kommunikationsstrukturen.
Ein dritter wichtiger Aspekt von New
Work ist der gesellschaftliche Wandel.
Demografische Entwicklungen haben zu
einem massiven Fachkräftemangel ge
führt. Dieser War for Talent zwingt Unter
nehmen, ihre Rolle als Arbeitgeber zu
reflektieren und so zu verändern, dass
sie auf der Suche nach passenden Mit
noch zeitgemäß? Wo und wie wollen die
viel umworbenen Wissensarbeiter heute
und in Zukunft arbeiten? Was ist ihnen
wichtig?
Dass der Arbeitsplatz nicht mehr nur
Ausführungsort der Erwerbsarbeit, son
dern auch „sozialer Ort“ ist, zeigt auch
der Boom der Coworking Spaces. Statt
alleine zu Hause zu arbeiten, finden un
zählige Freiberufler und flexible Wissens
arbeiter dort einen sogenannten „dritten
Ort“, an dem sie selbstständig und flexi
bel, aber eben auch im Austausch und in
Kooperation mit anderen arbeiten und
gemeinsam Ideen generieren können.
Wohlfühlen am Arbeitsplatz
und Bedürfnis nach Sicherheit
Eine im Oktober 2018 veröffentlichte Stu
die des Infas Instituts (im Auftrag der
„Zeit“) offenbarte, dass das Wohlfühlen
am Arbeitsplatz für mehr als 80 Prozent
der erwerbsfähigen Deutschen wichtig
ist; zufrieden mit der Umsetzung die
ses Themas an ihrem Arbeitsplatz sind
circa 60 Prozent – es gibt also durchaus
Entwicklungspotenzial. Überraschendes
Ergebnis war, dass ausgerechnet in der
Gruppe der 25- bis 34-jährigen Erwerbs
tätigen die Arbeitsplatzsicherheit und die
Zukunftssicherheit des Berufs als wich
tigste Faktoren bewertet werden, ebenso
wie die Unterstützung bei der Weiterent
wicklung durch Vorgesetzte.
Sicherheit ist also auch für Millennials
essenziell, die gemeinhin eher als sprung
haft und über die Maßen flexibel gelten.
Die Herausforderung für Unternehmen
besteht demnach darin, ihren Mitarbei
tern eine Mischung aus Flexibilität und
Verankerung zu bieten. „Wir sind Teil von
Megatrends, bleiben aber Menschen mit
Urbedürfnissen“, brachte der Architekt
Peter Ippolito dieses Sicherheitsbedürfnis
im Rahmen der Zeit-Konferenz „Work &
Style“ im Oktober 2018 auf den Punkt.
Der Gründer und Partner des Stuttgarter
Studios „Ippolito Fleitz Group“ betonte,
dass Werte wie Haltung und Verlässlich
keit auch für die Generationen Y und
Z wichtig seien – und dass Flexibilität
ohne Werte ebenso wenig funktioniere
wie Wandel ohne Identität. Ohne den si
cheren Anker Arbeitsplatz stellt sich bei
vielen Mitarbeitern schnell ein Gefühl
der Verunsicherung ein, auch Entgren
zung und Entfremdung sind angesichts
der allgemeinen Beschleunigung im Ar
arbeitern auch auf einem Bewerbermarkt
langfristig wettbewerbsfähig bleiben. Den
„Job fürs Leben“ wird es kaum noch ge
ben, vielmehr die stete Suche nach dem
Traumjob und dem idealen Arbeitgeber.
Hinzu kommt, dass Teams zunehmend
internationaler und auch interdisziplinär
gemischt sind, was ganz neue Ansprüche
an Führungskräfte und Unternehmens
strukturen stellt.
Die Arbeitswelt von morgen
Büroumgebung und Unternehmens
kultur bedingen sich gegenseitig. Nach
haltige Veränderungen im Hinblick auf
die Unternehmenskultur, die Entschei
dungs- und Kommunikationskultur eines
Unternehmens sollten sich auch in der
Gestaltung von Büroumgebungen wider
spiegeln.
Doch damit stellt sich bereits die
nächste Frage: Ist das klassische Büro
in Zeiten zunehmender Flexibilisierung
und Entgrenzung von Arbeit überhaupt
„Wir sind Teil
von Megatrends,
bleiben aber
Menschen mit
Urbedürfnissen.
Verlässlichkeit
ist auch für die
Generationen Y
und Z wichtig.“
Peter Ippolito, Zeit-Konferenz
„Work & Style“ im Oktober 2018
Foto Seite 62-63: Paul Biris / gettyimages.de; Foto Seite 65: WINI
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personalmagazin 03.19
HR-Management