personalmagazin 3/2019 - page 61

Die Grundlage hierfür ist die Verordnung zur arbeitsmedizini-
schen Vorsorge (ArbMedVV). Danach ist der Arbeitgeber unter
anderem verpflichtet, dem Mitarbeiter aktiv vor Aufnahme der
Bildschirmtätigkeit eine arbeitsmedizinische Vorsorge in Form
einer Untersuchung der Augen und des Sehvermögens anzu-
bieten, § 5 ArbMedVV. Sollte eine spezielle Sehhilfe (Bildschirm-
arbeitsbrille) erforderlich sein, ist diese dem Arbeitnehmer zur
Verfügung zu stellen. Die dabei anfallenden Kosten sind vom
Arbeitgeber zu tragen, § 3 Abs. 3 ArbSchG.
Grundsätzlich ist die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften
nur schwer sicherzustellen und noch schwerer zu prüfen. Der
Arbeitgeber könnte daher als ersten Schritt auch über eine Erpro-
bungsphase (Befristung der Homeoffice-Tätigkeit) nachdenken.
Datenschutz gilt auch im Homeoffice
Auch Datenschutzvorkehrungen sind bei Tätigkeiten im Home­
office ebenso wie im Büro einzuhalten. Der Arbeitgeber hat für
geeignete Schutzvorkehrungen zu sorgen. Über die Nutzung von
VPN-Verbindungen kann die Datensicherheit für den Daten-
transfer sichergestellt werden. Ebenso sollte der Mitarbeiter
angewiesen werden, nur vom Arbeitgeber freigegebene Software
und Dateien zu verwenden. Der Mitarbeiter hat darüber hinaus
sicherzustellen, dass außer ihm niemand, auch keine Familien-
angehörigen, Zugang zu PC oder Mobiltelefon erhalten. Auch
Passwörter dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden oder
fahrlässig leicht zugänglich aufbewahrt werden. Eine IT-Infra-
struktur über das Internet ist grundsätzlich auszuschließen,
sofern nicht sichergestellt ist, dass die Daten an einem sicheren
Ort (Server im Betrieb) gespeichert werden. Insbesondere bei der
Speicherung von personenbezogenen Daten im Nicht-EU-Aus-
land können teilweise erhebliche Bußgelder nach der Daten-
schutzgrundverordnung (DSGVO) drohen.
Was die Sicherheit der Datenverarbeitung betrifft, sind laut
§ 64 Abs. 3 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nach einer
Risikobewertung auch bei der Gewährung eines Homeoffice-Ar-
beitsplatzes Maßnahmen zu ergreifen, die die in dieser Vorschrift
aufgeführten 14 Zwecke erfüllen, zum Beispiel die Zugangs-,
Datenträger- oder Übertragungskontrolle. Darüber hinaus sind
auch die Daten des im Homeoffice tätigen Arbeitnehmers zu
schützen. Das bedeutet, dass die Kontrolle der Betriebsmittel
und der Arbeitsleistung nur unter Berücksichtigung der daten-
schutzrechtlichen Vorschriften zulässig ist. Mithin sind Kontroll-
möglichkeiten jedoch nicht ausgeschlossen, nur bedürfen sie
einer bestimmten Vorbereitung und Gestaltung.
Die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen sind nicht nur
bei der Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes sicherzu-
stellen. Ebenso ist deren Einhaltung während der Tätigkeit zu
Hause stets zu gewährleisten. Es ist sinnvoll, sich auch diesbe-
züglich ein vertragliches Zutrittsrecht vorzubehalten sowie eine
Trennung von privaten und betrieblichen Daten vorzunehmen.
Arbeitsunfall: Schwierige Abgrenzung zu Hause
Die allgemeinen Haftungsregeln im Arbeitsverhältnis lassen
sich auch auf das Homeoffice übertragen. Grundsätzlich kann
man davon ausgehen, dass einem Mitarbeiter im Homeoffice
das Gleiche passieren kann wie in einem Büro. Versichert ist der
Mitarbeiter für die Dauer seiner genehmigten Tätigkeit, ganz
gleich, an welchem Ort er seiner Arbeit nachgeht. Ein gesetz-
licher Unfallschutz besteht jedoch dann nicht, wenn die Arbeit
für private Angelegenheiten unterbrochen wird. Nicht versichert
ist daher bereits der Weg zur Toilette oder zur Küche.
Über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls wird zwischen den un-
mittelbar und mittelbar Beteiligten häufig gestritten, da das Leis-
tungsspektrum der gesetzlichen Unfallversicherung erheblich
umfangreicher ist als das der Krankenversicherungen (zuletzt
BSG vom 27.11.2018, Az. B 2 U 28/17 R). Eine teilweise befürchtete
Entgrenzung des Versicherungsschutzes durch eine Homeoffice-
Tätigkeit findet jedoch nicht statt, wenn entscheidend auf die
„objektivierte Handlungstendenz“ abgestellt wird. Das bedeutet,
dass stets danach zu fragen ist, ob der Mitarbeiter zum Zeitpunkt
des Unfallhergangs eine private oder betriebliche Handlung
vorgenommen hat. Dabei können auch der Unfallzeitpunkt,
der konkrete Ort des Unfallgeschehens sowie dessen objektive
Zweckbestimmung als Indiz Berücksichtigung finden. Nach
wie vor sind stets die gesamten Umstände des Einzelfalls zu
berücksichtigen, weil im häuslichen Bereich die Beweisführung
hinsichtlich der Handlungstendenz und die entsprechende Prü-
fung der Angaben des Verletzten besonders schwierig sein kann.
Kosten für Ausstattung oder Aufwendungen
Wird die Arbeit im Homeoffice gewährt, sind ohne abweichende
vertragliche Regelungen vom Arbeitgeber die erforderlichen
Kosten zu übernehmen. Das schließt die Büroausstattung, tech-
nische Ausstattung und Telekommunikationskosten ein. Er-
wirbt der Arbeitgeber die erforderlichen Arbeitsmittel selbst,
sollte er eine Inventarliste anfertigen. Gerade hinsichtlich einer
möglichen Vollstreckung von Herausgabeansprüchen sowie zur
Abwehr von Vermieterpfandrechten bietet es sich an, das Eigen-
tum des Arbeitgebers nach außen als solches zu kennzeichnen.
Entweder wird der Arbeitnehmer also mit allem Notwendigen
ausgestattet oder er nutzt seine eigenen Endgeräte. Für welche
Variante oder Mischkonstellation sich die Beteiligten entschei-
den: Eine vertragliche Grundlage ist unverzichtbar. Ferner ist
zu beachten, dass der Mitarbeiter im Rahmen einer Interessen-
abwägung einen Aufwendungsersatz vom Arbeitgeber verlan-
gen kann (§ 670 BGB). Auch können dem Arbeitgeber anteilige
Miet- bzw. Nebenkosten auferlegt werden. Zu Vermeidung von
Streitigkeiten über die Anteilshöhe und die Berechnung sollte
eine angemessene Aufwandspauschale vereinbart werden.
Sofern der Arbeitnehmer laut Vertrag ausschließlich im Home­
office tätig wird, sind die Fahrzeiten in das Büro als Arbeitszeit
im vergütungsrechtlichen Sinne zu behandeln. Daher bietet es
sich an, neben dem Homeoffice-Arbeitsplatz auch den Betrieb
als Arbeitsort zu vereinbaren. Der Arbeitnehmer handelt dann
nicht mehr im ausschließlichen Arbeitgeberinteresse, da es sich
bei der Arbeitsleistung letztlich immer noch um eine Bring-
schuld handelt.
CLAUDIA KNUTH ist Fachanwältin für
Arbeitsrecht bei Lutz Abel in Hamburg so-
wie Dozentin im Bereich HR-Management
an der Hochschule Fresenius. Als Anwältin
arbeitet sie gern auch mal von zu Hause.
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