personalmagazin 3/2019 - page 59

Eine Tätigkeit im Homeoffice gehört in immer
mehr deutschen Unternehmen zum Alltag:
Das birgt rechtlich jedoch die Risiken, dass
die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit
verschwimmen und dass Arbeitgeber die
zwingenden Vorkehrungen des Arbeits- und
Datenschutzes nur schwer treffen können.
Für Unternehmen ist es daher wichtig,
die rechtlichen Vorgaben zu kennen und
praktisch sinnvolle individual- oder kollektiv­
rechtliche Vereinbarungen zu treffen.
Die Beliebtheit von Homeoffice ist ungebrochen. Eine aktuelle
Studie („Arbeitsplatz der Zukunft 2018”) sowie eine Untersu-
chung des Digitalverbands Bitkom zeigen einerseits das stetige
Ansteigen des Wunsches nach der Arbeit im Homeoffice und
andererseits, dass mehr und mehr Arbeitgeber diesem Wunsch
nachgeben wollen. Zuletzt hat zudem der Gesetzgeber einen
Rechtsanspruch auf Homeoffice ins Spiel gebracht. Im Zusam-
menhang mit der Gewährung von Homeoffice sind jedoch auch
eine Vielzahl von arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zu be-
achten sowie umfassende Vorschriften des Datenschutzrechts
oder Arbeitszeitregelungen, bei deren Verstoß es schnell zu
Bußgeldern kommen kann.
Rechtsgrundlage: Wann Homeoffice zulässig ist
Die Arbeit im Homeoffice ist nur dann möglich, wenn die tech-
nischen und arbeitsvertraglichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Das bedeutet unter anderem, dass ein eingerichtetes mobi-
les Endgerät zur Verfügung steht und die Internetverbindung
eine ausreichende Geschwindigkeit hat. Hard- und Software
müssen eine sichere Verbindung zum unternehmensinternen
Daten- und Kommunikationsnetz sowie ausreichende Daten-
sicherung gewährleisten. Zudem sollte der Mitarbeiter über
geeignete Räumlichkeiten verfügen, in denen die Errichtung
eines Homeoffice-Arbeitsplatzes, insbesondere im Hinblick auf
den Arbeitsschutz, überhaupt möglich ist. Ferner sollte sich die
Tätigkeit des Mitarbeiters grundsätzlich für die Arbeit im Ho-
meoffice eignen. Sie muss sich ohne Störung in die betrieblichen
Abläufe einfügen. Betriebliche Termine, Kundentermine, Bespre-
chungen und sonstige Veranstaltungen, die die Anwesenheit des
Mitarbeiters notwendig machen, sollten Vorrang vor der Arbeit
im Homeoffice genießen. Die Effizienz der Arbeitsleistung sollte
der Präsenzarbeit gleichwertig sein und sich in der jeweiligen
Vereinbarung über Homeoffice auch wiederfinden.
Die Entscheidung über mobiles Arbeiten liegt prinzipiell beim
Arbeitgeber. Zum wesentlichen Inhalt der unternehmerischen
Freiheit gehört die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der betriebli-
chen Organisation. Diese umfasst auch die Entscheidung, an wel-
chem Standort welche arbeitstechnischen Ziele verfolgt werden.
Der Arbeitnehmer hat daher grundsätzlich keinen Anspruch auf
einen Homeoffice-Arbeitsplatz – zumindest noch nicht. Zwar hat
– laut Medienberichten – das Bundesarbeitsministerium zuletzt
den Plan geäußert, einen Rechtsanspruch auf Homeoffice gesetz-
lich regeln zu wollen. Konkrete Absichtserklärungen oder Inhalte
dazu sind jedoch noch nicht öffentlich. Auch ohne gesetzliche
Regelung gilt jedoch heute bereits: Wird die Homeoffice-Tätigkeit
in einem nennenswerten Umfang ohne Regelungsgrundlage ge-
währt oder geduldet, sieht der Arbeitgeber sich möglicherweise
Ansprüchen einer betrieblichen Übung ausgesetzt. Soll daher
die Möglichkeit von Homeoffice eingeführt werden, bietet es
sich an, durch Individualvereinbarung oder (bei Vorhandensein
eines Betriebsrats) mithilfe einer Betriebsvereinbarung die An-
spruchsvoraussetzungen und die Ausgestaltung festzuschreiben.
Arbeitszeit: Ruhezeiten und -pausen einhalten
Durch die Tätigkeit im Homeoffice ändert sich das Arbeits-
zeitvolumen eines Mitarbeiters nicht. Es richtet sich nach den
vereinbarten arbeitsvertraglichen Regelungen. Die Arbeitszeiter-
fassung hingegen ist außerhalb des Betriebs bedeutend schwer-
fälliger. Für die Umsetzung ist daher eine vertrauens- und ergeb-
nisorientierte Arbeitskultur notwendig. Bei Bürotätigkeiten wird
regelmäßig die Zeit notiert, wann der Arbeitnehmer die Arbeit
aufnimmt und wann er sie beendet. Bei Tätigkeit im Homeoffice
könnte sich die Zeiterfassung hingegen auf die Dauer beziehen.
Das bedeutet, dass nicht notiert wird, wann, sondern wie lange
der Mitarbeiter an dem Tag oder in der Woche gearbeitet hat.
Der Arbeitgeber kann die Homeoffice-Tätigkeit mit Vertrau-
ensarbeitszeit ohne eine detaillierte Erfassung kombinieren.
Dies verlangt vom Arbeitnehmer mehr Eigeninitiative, Verant-
wortungsübernahme und Engagement. Zur Förderung dieser
Schlüsseleigenschaften bietet sich die Kombination mit einem
erfolgsorientierten Anreizsystem an. Ebenfalls ist zu beachten,
dass viele Mitarbeiter sowohl im Büro als auch im Homeoffice
arbeiten (alternierende Telearbeit). In diesen Fällen kann die
Vertrauensarbeitszeit auf den Homeoffice-Bereich beschränkt
und klargestellt werden, dass die Arbeitszeit im Betrieb den
allgemeinen Vorgaben unterliegt. Als Minimum sollte eine er-
forderliche Erreichbarkeitszeit festgelegt werden, um den be-
trieblichen Interessen gerade bei Störfällen Rechnung zu tragen.
Unabhängig vom Regelungsmodell ist das Arbeitszeitgesetz
(ArbZG) zu beachten. Grundsätzlich gelten also Höchstarbeits-
zeiten pro Tag (maximal zehn Stunden), Ruhepausen (ab einer
Arbeitszeit von sechs Stunden) und Ruhezeiten (mindestens elf
Stunden) sowie das Sonn- und Feiertagsarbeitsverbot. Aufgrund
der begrenzten Kontrollmöglichkeit sollte der Arbeitnehmer in
der Homeoffice-Vereinbarung ausdrücklich auf die wesentlichen
Bestimmungen wie Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezei-
ten hingewiesen und zur Einhaltung verpflichtet werden. Denn
vergleicht man die durchschnittlichen Wochenstunden zwischen
Mitarbeitern im Homeoffice und im Büro, so arbeiten jene im
Homeoffice im Durchschnitt rund vier Stunden pro Woche mehr,
wie eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschafts-
forschung zeigt. Sie weisen auch am häufigsten einen Verstoß
gegen die Höchstarbeitszeiten auf. Auch ein Unterschreiten der
gesetzlichen Ruhezeiten kommt bei Mitarbeitern im Homeoffice
mehr als doppelt so häufig vor.
In Bezug auf die „freie Wahl der Arbeitszeit“ ist – sofern sie
nicht betrieblich festgelegt ist – außerdem zu beachten, dass
es tarifvertragliche Vorschriften geben kann, die die Arbeit zu
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