personalmagazin 3/2019 - page 67

Personalmagazin: Herr Jordan, die Büropla-
nung verläuft bei Ihnen eher ungewöhnlich:
Sie beziehen von Anfang an die Mitarbeiter mit
ein. Warum?
Jürgen Jordan: In der Vergangenheit kamen die
Mitarbeiter eines Unternehmens in den Planungs­
prozessen oft nicht vor; die Planungsnorm und das
Budget waren häufig die einzigen Anhaltspunkte für
die Umgestaltung der Büroumgebung. Daher ver­
wunderte es kaum, wenn man nach Fertigstellung
der Einrichtung von den Mitarbeitern hörte: „Wenn
man uns gefragt hätte, hätte das Büro am Ende ganz anders ausge­
sehen.“ oder „Das brauchen und nutzen wir doch gar nicht.“ Und
genau hier setzen wir mit unserem „Mein Büro Prinzip“ an, das der
Büromöbelhersteller Wini entwickelt hat: Die Mitarbeiter werden
von Anfang an in den Prozess der Bürokonzipierung eingebunden,
statt zunächst nur anonym nach Planungsnorm zu arbeiten und
sich danach an den individuellen Bedarf anzunähern.
Und das funktioniert? Obwohl wahrscheinlich kaum einer
der Mitarbeiter Erfahrungmit der Einrichtung von Büros hat?
Das genau ist die Stärke dieses Planungstools: Die Mitarbeiter
müssen nicht wissen, wie ein Büro eingerichtet wird. In einem
Kurzcheck wählen sie die in ihrem Arbeitsalltag wichtigsten
oder auch häufigsten Aufgaben aus. Auf Basis dieser neutralen
Daten können wir Tätigkeitsprofile erstellen und ablesen, was
von Mitarbeitern und Teams tatsächlich gebraucht und genutzt
wird. Den Tätigkeitsprofilen der Mitarbeiter entsprechend kön­
nen wir die Büros in unterschiedliche Zonen nach Funktion
aufbauen und unterteilen, wie etwa Meeting Points, Lounges,
Konzentrationsräume und Rückzugsmöglichkeiten. Wini setzt
diese Analyse dann mit dem entsprechenden Know-how um.
Wir agieren gewissermaßen als Übersetzer zwischen dem tat­
sächlichen Bedarf und der anschließenden Möblierung.
Bekommen die Mitarbeiter hier Einblick?
Selbstverständlich. Die Informationen werden binnen Minu­
ten für eine beliebige Anzahl von Mitarbeitern online verfügbar
und serverbasiert archiviert. Die Mitarbeiter sind
in den Entstehungsprozess der neuen Arbeitswelt
involviert, das findet auch die Zustimmung der
Betriebsräte.
Das klingt nach einem zeit- und damit kosten-
intensiven Prozess?
Im Gegenteil: Unser Vorgehen beschleunigt die
Planungsprozesse und spart entsprechend Kosten.
Früher waren vier bis sechs Anpassungsschritte
mit den jeweiligen Zwischenpräsentationen keine
Seltenheit. Nun kann auf Basis der Tätigkeitsprofile bereits im
ersten Schritt passgenau möbliert werden. Nach der ersten Zo­
nierungsplanung und der Detailplanung erfolgt meist nur noch
eine Abstimmung zum Farbkonzept oder zu Ausstattungsdetails.
Das Besondere an unserem Prinzip ist, dass der Prozess kom­
plett ergebnis- und auch ausschreibungsneutral ist, es gibt kei­
nerlei Festlegung auf ein bestimmtes Konzept. Die Möblierung
nach Bedarf statt nach Standard oder Trends bringt eine hohe
Investitionssicherheit mit sich.
Worauf muss imPlanungsprozess geachtet werden? Was sind
die Erfolgsfaktoren?
Die Entwicklung einer neuen Büroumgebung ist ein typischer
Change-Management-Prozess. Er basiert auf den Planungsprä­
missen der Entscheider und des Controllings, den Führungs­
zielen der Teamleiter und den Tätigkeitsprofilen der Mitarbeiter.
Die aktive Einbindung aller Beteiligten in den Prozess wird
beispielsweise durch Mitarbeiterworkshops, Planungsgespräche
und Mitarbeiterrundgänge durch die fertige Bürolandschaft er­
reicht (mit den Kurzchecks, von Zone zu Zone).
Enorm wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Vor­
bildcharakter der Entscheider: Sie sollten die neu eingerichteten
Zonen aktiv nutzen und auch ihre Mitarbeiter dazu motivieren.
Das funktioniert in der Praxis meistens sehr gut, da Mitarbeiter,
Teamleiter und Entscheider sich aufgrund der Teilhabe am
Planungsprozess stark mit der neuen Büroumgebung identifi­
zieren.
„Die neue Arbeitswelt
mitgestalten"
Interview Katharina Schmitt
Jürgen Jordan ist Consultant
und Architektenberater bei
Wini Büromöbel.
Das Einrichtungsprinzip „Mein Büro“ analysiert genau,
wo und wie die einzelnen Mitarbeiter arbeiten wollen.
Dementsprechend entstehen dann Bürozonen.
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Neue Arbeitswelten
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