Mit unterschiedlichen Entscheidun-
gen hatte der EuGH in den vergangenen
Jahren immer wieder die Grundsätze
des BAG zum Urlaubsrecht ins Wanken
gebracht. An diese „Tradition“ hat der
Gerichtshof mit zwei weiteren Entschei-
dungen vom 6. November des vergan-
genen Jahres angeknüpft und gezeigt:
Die Beziehung zwischen deutschem und
europäischem Urlaubsrecht bleibt kom-
pliziert – und eine Fortsetzung dieser
komplizierten Beziehung ist wahrschein-
lich. Arbeitgeber tun folglich gut daran,
zügig auf die aktuellen Urteile des EuGH
zu reagieren und sich auf die geänderten
Anforderungen einzustellen.
Der 1. EuGH-Fall: Verfällt der
Urlaub automatisch?
In zwei Entscheidungen hatte sich der
Europäische Gerichtshof (EuGH) mit ei-
nem bislang gemäß § 7 Abs. 3 Bundesur-
laubsgesetz (BUrlG) geltenden Grundsatz
auseinandergesetzt: Danach verfallen
Urlaubsansprüche ohne Weiteres, die ein
Mitarbeiter bis zum 31. Dezember – bezie-
hungsweise bis zum 31. März des Folge-
jahres, sofern dringende betriebliche oder
persönliche Gründe eine Übertragung auf
das nächste Kalenderjahr rechtfertigen –
nicht in Anspruch genommen hat. Mit
der neuen Judikatur des EuGH gilt dieser
Grundsatz nun jedoch nicht mehr.
Den Entscheidungen des EuGH (Urteile
vom 6.11.2018, Az. C-619/16 und C-684/16)
lagen zwei Klagen ehemaliger Mitarbei-
ter zugrunde. Beide hatten während der
Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses
ihren bezahlten Jahresurlaub nicht bean-
tragt und daher nicht vollständig genom-
men, wobei einer der beiden Mitarbeiter
vor Beendigung seines Arbeitsverhältnis-
ses seitens des Arbeitgebers ausdrücklich
hierzu aufgefordert worden war. Beide
Mitarbeiter verlangten nach Beendigung
des Beschäftigungsverhältnisses eine fi-
nanzielle Abgeltung der nicht genomme-
nen Urlaubstage.
Der von den Klägern begehrte Zah-
lungsanspruch hätte bei wortgetreuer
Anwendung des § 7 Abs. 3 BUrlG keine
Aussicht auf Erfolg gehabt. Schließlich
waren die Kläger ja ihrerseits untätig ge-
blieben und hatten noch nicht einmal
einen Urlaubsantrag gestellt. Der EuGH
jedoch billigte beiden Klägern einen ent-
sprechenden Zahlungsanspruch dem
Grunde nach zu. Der Mitarbeiter befinde
Urlaub
ohne
Verfalls
datum?
Von Friederike Jawad und Nina Honstetter
Erneut hat der EuGH bislang bestehende
Grundsätze des deutschen Urlaubsrechts
zu Fall gebracht. Von nun an gilt: Der Er
holungsurlaub von Mitarbeitern verfällt
künftig nicht mehr automatisch am Jahres
ende, womit mehr Arbeit auf Arbeitgeber
zukommen dürfte. Am gleichen Tag haben
sich die Luxemburger Richter auch zur
Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen ab
weichend vom BAG positioniert – und damit
die Rechte von Mitarbeitern beziehungs
weise deren Erben gestärkt. Worauf sich
Arbeitgeber jetzt einstellen müssen.
HR-Management
personalmagazin 03.19
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