personalmagazin 3/2019 - page 80

Mit unterschiedlichen Entscheidun-
gen hatte der EuGH in den vergangenen
Jahren immer wieder die Grundsätze
des BAG zum Urlaubsrecht ins Wanken
gebracht. An diese „Tradition“ hat der
Gerichtshof mit zwei weiteren Entschei-
dungen vom 6. November des vergan-
genen Jahres angeknüpft und gezeigt:
Die Beziehung zwischen deutschem und
europäischem Urlaubsrecht bleibt kom-
pliziert – und eine Fortsetzung dieser
komplizierten Beziehung ist wahrschein-
lich. Arbeitgeber tun folglich gut daran,
zügig auf die aktuellen Urteile des EuGH
zu reagieren und sich auf die geänderten
Anforderungen einzustellen.
Der 1. EuGH-Fall: Verfällt der
Urlaub automatisch?
In zwei Entscheidungen hatte sich der
Europäische Gerichtshof (EuGH) mit ei-
nem bislang gemäß § 7 Abs. 3 Bundesur-
laubsgesetz (BUrlG) geltenden Grundsatz
auseinandergesetzt: Danach verfallen
Urlaubsansprüche ohne Weiteres, die ein
Mitarbeiter bis zum 31. Dezember – bezie-
hungsweise bis zum 31. März des Folge-
jahres, sofern dringende betriebliche oder
persönliche Gründe eine Übertragung auf
das nächste Kalenderjahr rechtfertigen –
nicht in Anspruch genommen hat. Mit
der neuen Judikatur des EuGH gilt dieser
Grundsatz nun jedoch nicht mehr.
Den Entscheidungen des EuGH (Urteile
vom 6.11.2018, Az. C-619/16 und C-684/16)
lagen zwei Klagen ehemaliger Mitarbei-
ter zugrunde. Beide hatten während der
Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses
ihren bezahlten Jahresurlaub nicht bean-
tragt und daher nicht vollständig genom-
men, wobei einer der beiden Mitarbeiter
vor Beendigung seines Arbeitsverhältnis-
ses seitens des Arbeitgebers ausdrücklich
hierzu aufgefordert worden war. Beide
Mitarbeiter verlangten nach Beendigung
des Beschäftigungsverhältnisses eine fi-
nanzielle Abgeltung der nicht genomme-
nen Urlaubstage.
Der von den Klägern begehrte Zah-
lungsanspruch hätte bei wortgetreuer
Anwendung des § 7 Abs. 3 BUrlG keine
Aussicht auf Erfolg gehabt. Schließlich
waren die Kläger ja ihrerseits untätig ge-
blieben und hatten noch nicht einmal
einen Urlaubsantrag gestellt. Der EuGH
jedoch billigte beiden Klägern einen ent-
sprechenden Zahlungsanspruch dem
Grunde nach zu. Der Mitarbeiter befinde
Urlaub
ohne
Verfalls­
datum?
Von Friederike Jawad und Nina Honstetter
Erneut hat der EuGH bislang bestehende
Grundsätze des deutschen Urlaubsrechts
zu Fall gebracht. Von nun an gilt: Der Er­
holungsurlaub von Mitarbeitern verfällt
künftig nicht mehr automatisch am Jahres­
ende, womit mehr Arbeit auf Arbeitgeber
zukommen dürfte. Am gleichen Tag haben
sich die Luxemburger Richter auch zur
Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen ab­
weichend vom BAG positioniert – und damit
die Rechte von Mitarbeitern beziehungs­
weise deren Erben gestärkt. Worauf sich
Arbeitgeber jetzt einstellen müssen.
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