personalmagazin 2/2018 - page 30

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MANAGEMENT
_DIVERSITY MANAGEMENT
personalmagazin 02/18
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
spielsweise andere Kommunikations-
wege als ältere Mitarbeiter. Sie haben
gelernt, Probleme auf anderen Wegen
mitzuteilen und zu lösen. Muss schnell
eine Lösung gefunden werden, dann
aktivieren die Jungen über ihr digitales
Netzwerk innerhalb weniger Minuten
Lösungen, sie schreiben einfach eine di-
gitale Nachricht, während die Alten (in
ihrem Verständnis kurzfristig) ein per-
sönliches Meeting einberufen und vorab
das Problem schriftlich konkretisieren.
Solche Kommunikationsstrukturen sind
gegenläufig, müssen erkannt und ge-
managt werden. Das Beispiel ist knapp
dargestellt, verdeutlicht jedoch den
Koordinations- und Führungsbedarf in
vielfaltsdominierten Teams.
In der Anfangsphase von Diversity-
Teams sind Konflikte häufiger und inten-
siver. Die Teamentwicklung verläuft bis
zu den produktiven Phasen langsamer.
Nicht wenige Teams scheitern daran.
Der Beitrag, den Diversität für Unter-
nehmens- und Teamziele bringt, kann
durchaus gegenläufig sein. Angenom-
men, ein homogenes Team hat bisher
gute Ergebnisse erbracht: Wenn das Un-
ternehmen nun Diversität fördern möch-
te, kann das die Leistungen mindern, für
Unruhe sorgen oder Ängste auslösen.
Vielfalt aufzuweisen ist oft ein Wunsch
der Unternehmensführung und von Per-
sonalern, während die Fachgruppen sich
eher auf ihre Aufgaben konzentrieren
möchten und Diversity als lästiges Mo-
dethema von oben sehen.
Grundlegendes Verständnis
Wie kann solchen unterschwelligen Ef-
fekten vorgebeugt werden? Zunächst soll-
ten die Verantwortlichen ihre Perspekti-
ve auf Diversity klären. Unternehmen
können prinzipiell drei unterschiedliche
Auffassungen von Diversity Manage-
ment haben, dies zeigten die Studien von
David A. Thomas und Robin J. Ely. Sie be-
zeichneten diese Sichtweisen als „Access
and Legitimacy“ (Marktzugang), „Discri-
mination and Fairness“ (Anti-Diskrimi-
nierung) und „Integration and Learning“
(Integration und Entwicklung). Diese
Sichtweisen haben Einfluss darauf, wie
Arbeitnehmer mit den Spannungen um-
gehen, die durch die Heterogenität in
den Arbeitsgruppen entstehen und wie
Arbeitnehmer, die Minderheitengruppen
angehören, sich von Kollegen respektiert
und wertgeschätzt fühlen.
•Marktzugang: Die Diversität der Mit-
arbeiter schafft in diesem Verständnis
Zugang und Legitimität zu Märkten
und Kundengruppen und steigert somit
die Wettbewerbsfähigkeit und sichert
die Existenz der Unternehmen. Folgen
HR-Verantwortliche dieser Auffassung,
kann die Sicht rein nutzenorientiert
sein und weniger deutliche Prozesse,
wie die Gruppendynamik, können ver-
nachlässigt werden.
•Anti-Diskriminierung: Diversität wird
hierbei als moralischer Imperativ ver-
standen, um gerechte Behandlung und
Gleichstellung aller Beschäftigten zu
erreichen. Ziel ist es dabei, Diskriminie-
rungen zu vermeiden und Rechtssicher-
heit herzustellen. Die Generalisierung
von Gleichheit und die Vernachlässigung
positiver Effekte von Homogenität sind
eine immanente Gefahr dieses Verständ-
nisses. Die Konzentration kann sich zu
sehr auf die Befolgung von gesetzlichen
Regelungen und Kontrollen richten.
•Integration und Entwicklung: In die-
sem Verständnis sind Mitarbeiter eine
wertvolle Ressource, um Entwicklungen
und Innovationen auf den Märkten und
innerhalb der Organisation zu errei-
chen. Dabei können jedoch Zusammen-
hänge vernachlässigt werden und starre
Quoten entstehen.
Diversität in Organisationen ist nicht
gleichzusetzen mit einer prozentualen
Gleichheit. Weil Frauen beispielsweise die
Hälfte der Menschheit darstellen, ist das
intuitive Empfinden über die Gleichstel-
lungsbemühungen von anderen Werten,
Normen oder Rollenerwartungen beglei-
tet als bei der Gleichstellung von jungen
Kollegen oder kulturellen Minderheiten.
Erkenntnisse aus der Forschung
Der Forschungsüberblick zum Einfluss
von Diversity auf den Team- oder Ar-
beitserfolg zeigt nur vereinzelt schwa-
che positive oder negative Effekte. Kurz
gesagt: Vielfalt in der Organisation und
den Gruppen hat fast keinen Einfluss
auf den Erfolg.
Soziale Vielfalt kann ihre Kraft vor
allem bei Aufgabenstellungen und Ziel-
setzungen ausspielen, wenn das Spek-
trum perspektivisch erweitert werden
soll, beispielsweise wenn Probleme gelöst
werden müssen, Innovation und Kreativi-
tät von besonderer Wichtigkeit sind. Des-
halb kann es zielführend sein, Diversity
Management differenziert und kritisch
zu betrachten und dort zu intensivieren,
wo es seine Stärken ausbilden kann.
PROF. DR. PETRA ARENBERG
ist Departmentleiterin Psycho-
logie & Gesundheit an der SRH
Fernhochschule.
Becker, M. (2015): Systematisches
Diversity Management. Konzepte und
Instrumente für die Personal- und Füh-
rungspolitik. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Franken, S. (2015): Personal: Diversity
Management. Wiesbaden: Springer.
Wegge, J. & Schmidt, K.-H. (2015):
Diversity Management. Generationen-
übergreifende Zusammenarbeit fördern.
Göttingen: Hogrefe.
LITERATURTIPPS
VIDEO
In der Personalmagazin-App finden Sie
einen zum Thema passenden Erklärfilm,
erstellt von der SRH Fernhochschule,
mit dem Titel „Diversity Management
psychologisch erklärt“.
© YOUTUBE
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