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02/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
abilität wird über mathematische Kenn-
werte ausgedrückt. Liegen solche Werte
nicht vor, ist von einer Anwendung des
konkreten Testverfahrens dringend
abzuraten. Man würde ansonsten die
sprichwörtliche Katze im Sack kaufen.
Das Validitätskriteriumwiederum fragt
danach, inwieweit eine diagnostische
Methode tatsächlich in der Lage ist, das
zu messen, was sie messen soll. Wie gut
kann eine bestimmte Form des Einstel-
lungsinterviews die berufliche Leistung
der Bewerber in drei Jahren vorhersagen?
Erfasst ein Leistungstest tatsächlich die
Intelligenz eines Menschen oder sind
die Ergebnisse vor allem durch das All-
gemeinwissen der Person zu erklären?
Wie gut können Internetdaten die Gewis-
senhaftigkeit eines Menschen erfassen?
Diese und ähnlich gelagerte Fragen, die
sich auf die Validität beziehen, sind von
fundamentaler Bedeutung für die Praxis.
Der Einsatz einer Methode, deren Validi-
tät nicht belegt ist, kommt einem Lotterie-
spiel gleich. Liegen keine Informationen
zur Validität vor, so ist daher von einer
Anwendung abzuraten.
Hinzu kommen als Kriterium auch die
Normen – sie bieten dem Anwender ein
Bezugssystem zur Bewertung der indi-
viduellen Ergebnisse. Dabei werden die
Ergebnisse einer einzelnen Person mit
denen einer großen Stichprobe – in der
Regel mehr als tausend Menschen – ver-
glichen. Hierdurch ist es möglich zu ent-
scheiden, ob ein Bewerber beispielsweise
eine durchschnittliche oder überdurch-
schnittliche Intelligenz besitzt. Aussage-
kräftig ist ein solcher Vergleich nur, wenn
die Vergleichsstichprobe sinnvoll zusam-
mengestellt wurde, also zum Beispiel
sich nicht auf amerikanische Studenten
bezieht, wenn man das Verfahren nur in
Deutschland anwendet und auch nicht
veraltet ist (maximal zehn Jahre alt).
Auch das Kriterium der Akzeptanz ist
wichtig für die Beurteilung eines Verfah-
rens: Diagnostische Methoden werden
von den untersuchten Personen sehr un-
terschiedlich wahrgenommen. Die Ak-
zeptanz eines Verfahrens in den Augen
von Bewerbern nimmt Einfluss auf de-
ren Bereitschaft, sich anzustrengen und
später ein Stellenangebot auch anzuneh-
men. Die Akzeptanz lässt sich allerdings
auch verbessern, indem man den Betrof-
fenen den Nutzen einer bestimmten Me-
thode erklärt. Zudem steigt sie an, wenn
die Menschen mehr Erfahrung mit einer
Methode gesammelt haben.
Ein weiteres Kriterium bei der Be-
wertung ist die Manipulierbarkeit eines
diagnostischen Verfahrens: Die Ergeb-
nisse einer Untersuchung können durch
Bewerber oder Mitarbeiter willentlich
beeinflusst werden. Bei Online-Unter-
suchungen, bei denen die Betroffenen
zum Beispiel von zu Hause aus einen
Test bearbeiten, könnten sie sich von
einem Bekannten vertreten lassen, den
sie für besonders intelligent halten. Bei
Offline-Untersuchungen, etwa bei einer
Potenzialanalyse, ist eine solche Mani-
pulation nicht möglich. Online-Unter-
suchungen sollten daher immer durch
spätere Offline-Untersuchungen der
Kandidaten überprüft werden.
Nebender Fragenachder tatsächlichen
Identität stellt sich bei Fragebögen und
Interviews vor allem das Problem der ab-
sichtlichen Verfälschung der Antworten
im Sinne einer vorteilhaften Selbstdar-
stellung. Die jahrzehntelange Forschung
in diesem Feld stellt verschiedene Ge-
genmaßnahmen zur Verfügung, die in
der Praxis bei Entwicklern und Nutzern
jedoch weder bekannt sind noch von ih-
nen genutzt werden. Die verschiedenen
diagnostischenMethoden unterscheiden
sich dahingehend, wie anfällig sie für
das Problem der Manipulation sind.
Methoden im Vergleich
Nachdem wir Kriterien zur Qualitäts-
beurteilung betrachtet haben, schauen
wir uns nun einzelne Methoden näher
an und fragen danach, inwieweit sie die
genannten Kriterien erfüllen beziehungs-
weise darüber hinaus spezifische Stär-
ken und Schwächen aufweisen. Vor dem
Hintergrund der aktuell auf dem Markt
vorhandenen Tools greifen wir Leistungs-
tests, Fragebögen, Internetdaten, Sprach-
analysen und Gesichteranalysen heraus.
Leistungstests arbeiten mit Problem-
löseaufgaben, die jeweils richtig oder
falsch gelöst werden können. Als Pro-
totyp des Leistungstests kann der In-
telligenztest gelten. Er erfasst mit einer
breiten Mischung unterschiedlicher
Aufgabentypen (sprachlich, numerisch,
grafisch) die allgemeine kognitive Leis­
tungsfähigkeit eines Menschen.
Intelligenztests zählen neben der
Arbeitsprobe zu den Verfahren, mit de-
nen sich die berufliche Leistung eines
Menschen am besten prognostizieren
lässt. Im Durchschnitt erklären sie et-
wa 25 Prozent der beruflichen Leistung,
bei hohen Führungspositionen sogar
46 Prozent. Sie sollten daher in fast
keinem Auswahlverfahren und keiner
Potenzialanalyse fehlen. Die Akzeptanz
unter Bewerbern liegt im mittleren Be-
reich, der Einsatz und Nutzen muss
den Betroffenen daher erklärt werden.
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