17
Das Interview führte
Bärbel Schwertfeger.
Aber ich sehe keine Alternative zu den
Algorithmen.
personalmagazin:
Es gibt aber genug Bei-
spiele, dass Algorithmen diskriminieren,
ohne dass man es so richtig merkt.
Bohnet:
Natürlich passiert das. Das sind
die unbewussten Vorurteile. Algorith-
men sind nur so vorurteilsfrei wie die
Person, die sie entwickelt. Da müssen
wir unbedingt mehr tun. Wir testen an-
dere Dinge, wie etwa Medikamente, ja
auch, bevor wir sie zulassen. Dasselbe
müssen wir mit Algorithmen machen.
personalmagazin:
Aber die Anbieter von Per-
sonalsoftware behaupten stets, das ginge
nicht, weil ihre Algorithmen geheim sind.
Bohnet:
Das ist Unsinn. Bei Medikamen-
ten funktioniert es doch auch, ohne dass
jeder die genaue Zusammensetzung
kennt. Ein Anbieter für eine Software
zur Personalauswahl kann nicht einfach
behaupten, sein Algorithmus wähle
die besten Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter aus, wenn er das nicht durch
kontrollierte Tests belegen kann. Mein
Vorschlag ist daher, eine Art Tüv für Al-
gorithmen einzuführen.
personalmagazin:
Aber so ein Tüv wird
nicht so schnell kommen und schon
heute sind Algorithmen manchmal viel
gefährlicher als die unbewussten Vorur-
teile eines Personalmanagers, weil ihre
Wirkung indirekter und umfassender ist.
Bohnet:
Ich würde kein Softwareprodukt
kaufen, das nicht evaluiert wurde. Wenn
jemand etwas verspricht, muss er es
nachweisen. Da bin ich zu sehr Wissen-
schaftlerin. Leider gibt es sehr viele Pro-
dukte auf dem Markt, von denen man
keine Ahnung hat, ob sie auch wirklich
funktionieren. Wenn ich Personaler
treffe, bin ich schon manchmal scho-
ckiert, auf welchen Grundlagen sie ihre
Entscheidungen treffen. Evidenz heißt
nicht, dass ich mit fünf Leuten spreche
und alle das Produkt gut finden.
Iris Bohnet: What works. Wie Verhaltens
design die Gleichstellung revolutionieren
kann, C.H.Beck Verlag München, 2017.
BUCHTIPP