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02/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
das Programm zur Berufsorientierung
für Absolventen für Zeit Online, freuen
kann, setzt auf messbare Gütekriterien:
„Diagnostik ist Wissenschaft. Was die
spielerischen Elemente bewirken, muss
man nachweisen können.“ Das gilt für die
Problemlösung mit Intelligenz und Lei-
stung wie für Kenntnisse, die vor allem
bei Einsteigern abgefragt werden. „Für
die Unternehmen sind Online-Assess
ments ökonomisch und bringen eine bes-
sere Auswahl, für die Kandidaten bringen
sie ein faireres Ergebnis, weil so mehr
Merkmale berücksichtigt werden.“ Wer-
den bei Printverfahren in der Regel zehn
Bewerber von 100 eingeladen, kann man
online leicht 90 von 100 testen. Der klei-
nere Rest stolpert über formale Hürden
wie notwendige Abschlüsse.
Um Tests in ihrer Logik und Güte be-
werten zu können, bedarf es einer Portion
psychologischen Sachverstands – das
Nachrechnen kann man den Eignungs
diagnostikern überlassen. Personalver-
antwortliche solltenDaten zuObjektivität,
Reliabilität, Validität, Usability, Normen
und Akzeptanz von den Test- und Frage-
bogenanbietern einfordern (siehe Artikel
„Humbug entlarven“).
Online-Plattform mit Marktübersicht
Damit nicht jeder Personaler bei null an-
fangen muss, sammelt Peats in Hamburg
auf einer Plattform Tests, ohne sie zu be-
werten oder gar zu ranken. Einheitlich
vorgegeben werden Parameter wie etwa
theoretische Grundlage, Datenschutz,
Normgruppe, Zertifizierung, Gütekriteri-
en. Fehlen Aussagen, sieht das der User
sofort, denn in der Zeile steht „Bitte ergän-
zen Sie die Angaben.“ Peats-Geschäfts-
führerin Jennifer Julie Frotscher: „Wir
mussten bisher noch keinen Anbieter
ablehnen, denn die Anbieter selektieren
sich selbst und der Markt wird sich re-
gulieren.“ Frotscher will die Unabhängig-
keit ihrer Plattform durch ein Mitglieder-
Modell gewährleisten. Provisionen und
Anzeigen gibt es nicht. In sechs Monaten
haben über 120 Testanbieter ihre Daten
hinterlegt – manche mit eher knappen
Informationen, andere differenziert in-
klusive Hinweisen zum Testmanual. Für
Arbeitspsychologen ist das Fehlen dieser
Daten ein KO-Kriterium, für manch an-
deren Nutzer mit präzisen Fragen an die
Personalauswahl kann das Manual weni-
ger relevant sein. „Das Wichtigste ist es,
den Anwendermarkt zu schulen“, betont
Frotscher, die zu Eignungstests über 100
Workshops veranstaltet hat.
Gamification im Persönlichkeitstest
Das Tool „Reflector Big Five Personality“
der PI Company in Düsseldorf bezieht
sich, wie schon der Name sagt, auf das
Big-Five-Modell, das die Hauptdimen-
sionen Stabilität, Extrovertiertheit,
Offenheit, Umgänglichkeit und Gewis-
senhaftigkeit herausschält. Wird diese
wissenschaftliche Basis gut umgesetzt,
erzeugt das ein zustimmendes Nicken
der Eignungsdiagnostiker. PI verkauft
sowohl die Lizenzen als auch Berater
unterstützung.
Das Big-Five-Modell ist ebenfalls die
Basis von Stepstones Good & Co, einer
Psychometrie-App, mit der das Matching
von Jobprofilen aus Stellenanzeigen mit
der Persönlichkeit des Nutzers perfekti-
oniert werden soll. Sehr verspielt kommt
der Selbsttest mit farbenfrohen Stereo-
typen daher. Der Fürsprecher erinnert in
weißem Ornat an den Papst, der Erfinder
hat wohl nicht ganz zufällig eine Frisur
wie Einstein. Unternehmen können ihre
Teams davon überzeugen, den Test zu ma-
chen, um auf dem Arbeitsmarkt den pas-
senden Kollegen zu finden. Diese extreme
Variante von Hans sucht Hänschen wird
Betriebsräte beschäftigen – auch wenn
die Datensammlung auf freiwilliger Basis
geschieht. Und Datenschützer goutieren
die Zugänglichkeit der Daten wohl eher
nicht. Auf seiner Plattform persoblogger.
de hat Stefan Scheller das Tool getestet
und sieht durchaus Diskussionsbedarf.
HR-Blogger Scheller warnt davor, dass
die Show die Oberhand gewinnt bei dem
Versuch, die ideale Personalentschei-
dung zu treffen. Das betrifft Sprachana-
lyse-Tools und Gesichtserkennung, die er
für fragwürdig hält, auch wenn die Vi-
deobewerbung ihren Siegeszug fortsetzt.
Ebenso hinterfragt er den Einsatz von
Intelligenztests. „Der Rückschluss von
Intelligenz auf Leistung ist nicht bewie-
sen“, meint Scheller. „Ein intelligenter
Mitarbeiter kann auch klug genug sein,
Arbeit zu vermeiden.“
Langfristig denken
Profile International beschreibt für den
Test „Profile XT“ die Skalen Verhaltens-
merkmale, Berufsinteressen, Denkmus-
ter. Neben Sprach- und Ländergruppen
werden zur Normierung Geschlecht und
Alter angegeben. Die Berater integrieren
Workshops zur Einführung und kontinu-
ierlichen Kunden-Support.
Dieses langfristige Denken ist bei der
Wahl eines digitalen Tools durchaus an-
gebracht. Statt das trendigste neue In-
strument zu nutzen, gilt es, langfristig zu
beurteilen, was der Einsatz bringen soll
– eine Evaluation bringt Klarheit, ob die
Anbieterversprechen gehalten wurden.
RUTH LEMMER
ist freie Wirtschaftsjourna-
listin in Duisburg.
„Wir mussten bisher auf unserer Ver-
gleichsplattform keinen Anbieter ableh-
nen. Der Markt reguliert sich selbst.“
Jennifer Julie Frotscher, Geschäftsführerin Peats