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02/18 personalmagazin
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Fähigkeiten überzeugt sind, scheuen je-
doch solche Stigmatisierungen und wol-
len wegen ihrer Kompetenzen anerkannt
und gefördert werden. Sie möchten es
aus eigener Kraft schaffen und entzie-
hen sich aktiv dem diversitätsbasierten
Auswahlprozess.
In der Folge fällt die Entscheidung im
Diversity Management auf leistungs-
schwächere Kandidatinnen mit erheb-
lichen Folgen für die Arbeitsqualität.
Solche Backlash-Effekte können auch
durch andere Merkmale, wie zum Bei-
spiel Ethnie oder Alter, hervorgerufen
werden. Deshalb steht Diversity Ma-
nagement im Verdacht, bisweilen die
Falschen zu fördern.
Ein Tipp für Personaler, um dem vor-
zubeugen: Bei der diversitätsbezogenen
Besetzung von Teams oder Führungspo-
sitionen ist es sinnvoller, eine Kombi-
nation von Merkmalen heranzuziehen,
denn die positiven Effekte ergeben sich
nicht primär durch das Merkmal Alter,
Bildungsstand, ethnische Zugehörigkeit
oder Geschlecht (sogenannte „Surface-Level-Merkmale“), sondern durch
andere kulturelle Werthaltungen, Erfah-
rungen oder Einstellungen (sogenannte
„Deep-Level-Merkmale“).
Die letztgenannten Variablen strate-
gisch im Diversity Management zu kom-
binieren, ist allerdings aufwendiger, da
sie teilweise schwer zu erfassen sind.
Mit einer Diversity-Orientierung sol-
len Nachteile ausgeglichen werden, die
durch Stereotype, Kategorisierungen
und Schemata entstehen. Vernachlässigt
werden indirekt dabei häufig für die Or-
ganisation wichtige Merkmale wie Leis
tung, Motivation oder Fähigkeiten.
Similarity-Attraction-Paradigma
„Gleich und gleich gesellt sich gern“
ist die zentrale Aussage des Similarity-
Attraction-Paradigmas. Im Kern sagt die
auf Donn Byrne zurückgehende Theo-
rie, dass Menschen sich zu anderen hin-
gezogen fühlen, die ihnen in Aussehen,
Alter, Gewohnheiten, Bildungsabschluss
oder Glaube gleichen. Sie fühlen sich in
sozialen Beziehungen mit ähnlichen
Personen wohler, arbeiten lieber mit
ihnen zusammen, verstehen sie besser
und können ihr Verhalten eher einschät-
zen. Das gibt Sicherheit.
Gruppen, deren Mitglieder unter-
schiedlich sind, brauchen längere Zeit,
um eine Kommunikationsstruktur
auszuhandeln oder eine gemeinsame
Identität zu entwickeln. Die Zusam-
menarbeit zwischen Kollegen mit unter-
schiedlichen Einstellungen, Meinungen
oder Verhaltensweisen birgt ein höheres
Konfliktpotenzial. Je mehr Meinungen
und Einstellungen in der Gruppe aktiv
werden, desto eher wird gestritten und
gekämpft. Das kann ineffizientes Arbei-
ten mit Teamkonflikten und Kommuni-
kationsschwierigkeiten bedingen. Auch
kann die Fluktuation wegen geringer
Kohäsion und niedrigem Commitment
in Arbeitsgruppen steigen.
Für Personaler ist es wichtig zu wis-
sen, dass eher die wahrgenommene
Ähnlichkeit zwischen den Mitarbeitern
diesen Effekt auslöst, nicht die tatsäch-
liche Ähnlichkeit. Diversity-Manager
können sich dies zunutze machen und
Ähnlichkeiten aufzeigen oder betonen.
Das beginnt ganz praktisch bei der Vor-
stellung von neuen Teammitgliedern
und geht bis zu Sensibilitätstrainings
für Führungskräfte. Das Gefühl, sich
ähnlich zu sein, kann erzeugt werden.
Bei neuen Kollegen suchen wir nach
Ähnlichkeiten. Gemeinsame Interessen
lassen sich finden, zum Beispiel eine
Vorliebe für eine Sportart. Glauben die
Teammitglieder, dass sie sich ähnlich
sind, treten Unterschiede in den Hinter-
grund und Sympathie entsteht.
Unterschätzte Widerstandspotenziale
Diversity Management greift in beste-
hende Strukturen, Gruppen und geplan-
te Karriereverläufe ein. Eine diversitäts-
basierte Auswahl von Bewerbern oder
Gruppenzusammensetzungen
kann
erhebliche Widerstände entfachen. Wa-
rum sollte ein Experte mit 30 Jahren
hart erarbeiteter Erfahrung oder eine
Führungskraft, die sich ihre Position
erkämpft hat, ihr Wissen teilen oder
Macht abgeben, nur weil das Personal-
management Vielfalt wünscht und eine
junge Person gleichstellt?
Widerstand ist eine durchaus natürli-
che Reaktion, die sehr heftig ausfallen
kann. Das Zurückhalten von Informatio-
nen ist leicht geschehen, kann aber fatale
Folgen beim Kundentermin haben. Auf-
träge werden nicht erteilt oder Projekte
scheitern. Ein schlecht umgesetztes Di-
versity Management kann Mobbing för-
dern und Machtkämpfe initiieren.
Konflikte aus der Diversität
Große Unterschiede bei Arbeitsweisen,
Gewohnheiten und Erfahrungen können
zu Konflikten in der Zusammenarbeit
führen. Junge Mitarbeiter nutzen bei-
Eine vielfältige Belegschaft ist
kein Garant für einen größeren
Geschäftserfolg.
© ROBERT KNESCHKE / ADOBE STOCK