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02/18 personalmagazin
berücksichtigen – besonders die im Un-
ternehmen.
„Es ist keineswegs so, dass die Fach-
kräfteressourcen nicht da wären“,
glaubt auch PWO-Personalchef Klose.
„Man muss nur die Augen öffnen und
den Blickwinkel etwas verändern. Zwar
ist und bleibt die klassische Ausbildung
unser wichtigstes Standbein, künftig
brauchen wir aber auch Alternativen.
Deshalb sind wir sehr froh, mit unserem
Projekt zur Teil- und Nachqualifizierung
einen zusätzlichen Kanal zu haben.“
Azubis sind in ganz Deutschland
Mangelware
Über solche zusätzlichen Kanäle soll-
ten allerdings nicht nur Unternehmen
nachdenken, die international tätig
sind, ihren Hauptsitz aber – wie PWO
– im ländlichen Raum haben. Denn in
ganz Deutschland gehen bei den aus-
bildenden Betrieben immer weniger
Bewerbungen ein. Das zeigt beispiels-
weise die aktuelle Ausbildungsbefra-
gung des Deutschen Industrie- und
Handelskammertags (DIHK): Über die
Branchen hinweg erhalten demnach
15.500 ausbildende Unternehmen in
Deutschland überhaupt keine Bewer-
bungen mehr – davon sind noch einmal
rund zehn Prozent mehr Betriebe als im
Vorjahr betroffen. Insgesamt stellt der
DIHK fest, dass sich der Anteil der Un-
ternehmen, die ihre Ausbildungsplätze
nicht besetzen können, in den vergan-
genen zehn Jahren auf nunmehr 31 Pro-
zent verdoppelt hat.
Diesen Negativtrend bestätigen auch
andere bundesweite Untersuchungen.
So zeigt etwa der aktuelle Berufsbil-
dungsbericht, den das Bundesministe
rium für Bildung und Forschung (BMBF)
jährlich herausgibt, dass die Nachfrage
nach Ausbildungsstellen gegenüber den
Vorjahren weiter zurückgegangen ist –
bei nahezu konstantem Ausbildungsan-
gebot der Unternehmen.
Mit Blick auf diese Entwicklungen
empfehlen sowohl das BMBF als auch
der DIHK, dass Unternehmen neue An-
sätze ausprobieren und intensiver mit
den Arbeitsagenturen zusammenarbei-
ten sollten.
Fachkräftequalifizierung im eigenen
Unternehmen: Eine Chance für alle?
Bei PWO hat das offenbar gut geklappt.
„Immer wieder gibt es ja Vorwürfe,
dass die Bürokratie vieles verhindert“,
sagt Klose. „Unser Projekt zur Teil- und
Nachqualifizierung zeigt aber, was
möglich ist, wenn alle an einem Strang
ziehen.“ Es würden ohnehin alle Be-
teiligten von der Initiative profitieren,
ist der Personalleiter überzeugt: das
Unternehmen, weil es neue Fachkräfte
gewinnt, die Arbeitsagentur, weil sie
an der Zukunftsfähigkeit der Region
arbeitet und der Verband, weil er so
die Qualifizierungsstrukturen in den
Unternehmen verbessert. Ein Gewinn
sei das Projekt aber vor allem für die
Arbeitnehmer – gerade für Zeitarbeiter,
sagt Projektleiterin Spraul: „Im Oktober
2017 sind 16 Teilnehmer gestartet, von
denen alle – bis auf einen – ehemali-
ge Zeitarbeiter sind, die bei PWO be-
schäftigt waren. Für sie bietet sich die
Chance, übernommen zu werden und
sich gleichzeitig vom Zeitarbeiter zum
Werkzeugmechaniker weiterzuquali-
fizieren.“ Diese Gruppe ist schon die
zweite, die die Teil- und Nachqualifizie-
rung bei PWO durchläuft. Die erste mit
13 Teilnehmern hat Ende 2016 mit dem
Programm begonnen und steht nun
kurz vor der Abschlussprüfung bei der
Industrie- und Handelskammer (IHK).
© PWO AG
„Es ist keineswegs so,
dass die Fachkräfte
ressourcen nicht da
wären. Man muss nur
die Augen öffnen und
den Blickwinkel etwas
verändern.“
Ulrich Klose, Director Human Resources
bei der Progress Werk Oberkirch AG
Die Progress Werk Oberkirch AG (PWO) ist
ein börsennotierter Automobilzulieferer
mit 3.200 Mitarbeitern im In- und Ausland.
Neben dem Stammwerk in Oberkirch (Baden-
Württemberg) unterhält PWO weitere Stand-
orte in Kanada, Tschechien, China und Mexiko.
Das Unternehmen beschäftigt rund 1.500 Mit-
arbeiter in Deutschland und knapp 1.700 an
den übrigen Standorten. Der Jahresumsatz lag
2016 bei 410 Millionen Euro. Das Projekt zur
Teil- und Nachqualifizierung startete PWO im
Oktober 2016 nach einjähriger Vorlaufzeit mit
13 ungelernten Arbeitnehmern. Die zweite
Gruppe mit 16 Teilnehmern begann im Okto-
ber 2017. Das Projekt hat das Unternehmen
in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur
Offenburg, Südwestmetall, dem Bildungsträ-
ger BBQ und der Industrie- und Handelskam-
mer (IHK) realisiert.
(bej)
Daten und Fakten
HINTERGRUND