personalmagazin 2/2018 - page 34

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MANAGEMENT
_NACHQUALIFIZIERUNG
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personalmagazin 02/18
Laut PWO-Ausbildungsleiter Schind-
ler sind die Leistungen der Projektteil-
nehmer durchweg gut – in der Theorie
wie in der Praxis. Auch die Noten nach
den ersten Modulprüfungen lägen oft im
Einser-Bereich. „Fast alle Teilnehmer am
Programm arbeiten schon fünf Jahre und
länger imUnternehmen“, sagt Schindler.
„Die Mitarbeiter haben also einen Bezug
zum Betrieb und ihrem Tätigkeitsum-
feld. Das macht es wesentlich einfacher,
die Potenziale zu erkennen – ihre Stär-
ken, aber auch ihre Schwächen“, glaubt
Schindler. „Zuweilen haben die Mitar-
beiter mit Migrationshintergrund bei-
spielsweise Probleme mit der deutschen
Sprache, besonders mit den Fachbegrif-
fen. Hier unterstützen wir mit Nachhilfe­
unterricht.“
Mitarbeiter motivieren, informieren
und dadurch profitieren
Trotz des heutigen Erfolgs habe es auch
einige Einstiegshürden gegeben, die die
PWO-Personaler überwinden mussten,
berichtet Klose. „Wenn ein langjähriger
Mitarbeiter zum Beispiel schon oft das
Feedback bekommen hat, dass er doch
einen guten Job macht, dann ist es für
ihn ein schwieriger Gedanke, noch ein-
mal die Schulbank zu drücken.“ Auch
das Alter spiele dabei eine Rolle, denn
viele Projektteilnehmer seien 30 oder
35, sagt Klose. „Manche Mitarbeiter
befürchten auch, dass sie mit den Lern-
inhalten nicht zurechtkommen und das
Programm einfach nicht schaffen.“
Wegen solcher Bedenken hat die Ar-
beitsagentur Offenburg gemeinsam mit
Südwestmetall einen speziellen Aufbau
für das Programm entwickelt: „Wir zer-
legen die Ausbildungszeit in inhaltliche
Module“, erklärt Sahrbacher. „Nach je-
dem Modul gibt es eine Prüfung, für die
der Teilnehmer ein Zertifikat bekommt.
Nach der Summe aller Module wird er zur
Abschlussprüfung zugelassen.“ Die kon-
tinuierlichen Zwischenerfolge, die damit
möglich sind, würden die Teilnehmer
über die Module hinweg motivieren, sagt
Sahrbacher. „Andererseits erreichen wir
aber auch, dass die Mitarbeiter, die nicht
alle Module bestehen, trotzdem etwas in
der Hand haben. Wenn beispielsweise
klar ist, dass bei Modul vier Feierabend
ist, hat der Mitarbeiter zumindest eine
bestätigte Teilqualifikation, die ihn im
Betrieb voranbringt – das ist auch im
Ernstfall noch eine gute Perspektive.“
Ohnehin haben die PWO-Personaler
und ihre Partner offenbar viel Über-
zeugungs- und Aufklärungsarbeit für
ihre Projekt geleistet. So hätten zu Be-
ginn noch einige Mitarbeiter befürchtet,
dass sie während der Teilqualifizierung
nur ein Lehrlingsgehalt bekommen,
sagt Klose. Dabei verdienen die Mitar-
beiter, die sich im PWO-Projekt weiter-
qualifizieren, dasselbe wie zuvor. „Die
Arbeitsagentur bezahlt die eine Hälfte,
der Arbeitgeber die andere“, erläutert
Sahrbacher. „Zusätzlich übernimmt die
Agentur noch die Sozialversicherungs-
beiträge. Mit dieser Lastenverteilung
kostet die Nachqualifizierung den Ar-
beitgeber ungefähr dasselbe, was er
für einen Auszubildenden aufbringen
müsste.“
Dieses wichtige Detail zu den Gehäl-
tern und alle weiteren Einzelheiten zum
Projekt mussten jedoch erst einmal in
der Belegschaft bekannt gemacht wer-
den. Dazu haben Projektleiterin Spraul
und ihr Team Informationsveranstaltun-
gen organisiert, Mitarbeiter persönlich
angeschrieben und Gespräche mit Füh-
rungskräften und Mitarbeitern geführt.
„Auch die Unterstützung des Vorstands
hat sehr geholfen“, sagt Klose. „Die Vor-
standsmitglieder haben klargemacht,
dass ihnen das Projekt wichtig ist.“
Weiterbildung als Zukunftschance für
Arbeitnehmer und Unternehmen
Auch Sebastian Rudolph von Südwest-
metall findet das Projekt wichtig. Denn
es helfe dabei, die Mitarbeiter auf die
digitalisierten Prozesse der Industrie
4.0 einzustellen. „Wenn sich ungelernte
Mitarbeiter weiterqualifizieren, einen
Berufsabschluss erwerben und so auf
dem neuesten Stand bleiben, kann das
Unternehmen bislang ungenutzte Po-
tenziale heben. Das ist gut für Arbeitge-
ber und Arbeitnehmer“, sagt er.
Eine echte Chance sei die Teil- und
Nachqualifizierung allerdings nicht
nur für große Unternehmen mit eigener
Ausbildungswerkstatt, ergänzt Sahrba-
cher. Gerade auch mittlere, kleine und
Kleinstbetriebe könnten sich damit für
die Zukunft aufstellen. „Wir können das
Modell auch auf Firmen übertragen, die
allein keine Projektgruppe mit 15 oder
mehr Teilnehmern stemmen können.
Wir bilden dann einen Unternehmens-
verbund oder ein Konsortium, in dem
solche Programme möglich werden.“
Hier scheinen die Betriebe derzeit aller-
dings noch recht zurückhaltend zu sein.
„Ich würde mir wünschen, dass sich das
ändert“, sagt Klose. „Wenn wir den Ar-
beitsmarkt als Ganzes sehen – und das
sollten wir – profitieren am Ende alle
davon, wenn wir bei der Nachqualifizie-
rung auf ein höheres Niveau kommen.“
Umso wichtiger sei es, dass Unterneh-
men, Arbeitsagenturen und Verbände
produktiv zusammenarbeiten, meint
Sahrbacher. Die Qualifizierungsinitiati-
ve bei PWO zeige, wie das funktionie-
ren kann. „Trotzdem ist es so, dass die
Agenturen aktuell mehr Geld für solche
Projekte zur Verfügung haben, als Nach-
frage bei den Arbeitgebern besteht.“
„Wenn Mitarbeiter einen
Bezug zum Betrieb und
ihrer Tätigkeit haben,
ist es wesentlich einfa-
cher, die Potenziale zu
erkennen – die Stärken
und die Schwächen.“
Ulrich Schindler, Ausbildungsleiter im
gewerblich-technischen Bereich bei der
Progress Werk Oberkirch AG
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