PERSONALquarterly 4/2018 - page 52

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ESSENTIALS
_REZENSIONEN
PERSONALquarterly 04/18
I
n der Praxis dürften Zweifel, ob Gewerkschaften oder
Betriebsräte die Arbeitsleistung der Mitarbeiter positiv
beeinflussen, weit verbreitet sein. Auch in der Forschung
ist die Befundlage nicht eindeutig. Basierend auf den Er-
kenntnissen früherer Forschung ging das Autorenteam um
Alexander Newman davon aus, dass die Antwort zum einen
davon abhängt, ob das Verhältnis zwischen Gewerkschaft
und Management kooperativ ist, was das Vertrauen in das
Management seitens der Mitarbeiter stärken sollte; zum an-
deren von der Fähigkeit der Gewerkschaft, sich effektiv für
die Bedürfnisse der Mitarbeiter einzusetzen, was die wahr-
genommene Arbeitsplatzsicherheit erhöhen sollte. Sozusagen
als Gegenleistung sollte Vertrauen in das Management und
wahrgenommene Arbeitsplatzsicherheit wiederumMitarbeiter
motivieren, eine höhere Arbeitsleistung zu erbringen. New-
man und Kollegen testeten ihre Theorie auf Basis einer Stich-
probe von 17 privatwirtschaftlichen chinesischen Firmen, in
denen insg. 303 Mitarbeiter und Vorgesetzte befragt wurden,
und fanden ihre Hypothesen bestätigt. Da die Befragungen zur
Messung der Prädiktoren (u. a. Gewerkschaft-Management-
Verhältnis), der Mediatoren (u. a. Arbeitsplatzsicherheit), und
des Outcomes (Arbeitsleistung) zu drei unterschiedlichen Zeit-
punkten stattfanden, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass
es sich um kausale Effekte handeln könnte. Zudem konnte mit
diesem Modell ein Drittel der Variation in der von den Vorge-
setzten eingeschätzten Arbeitsleistung erklärt werden, was für
die praktische Bedeutsamkeit von Arbeitsplatzsicherheit und
Vertrauen in das Management, aber auch der Qualität des Ge-
werkschaft-Management-Verhältnisses und der Fähigkeit von
Gewerkschaften, sich effektiv für die Bedürfnisse der Mitarbei-
ter einzusetzen, spricht. Die Befunde sind auf den deutschen
Kontext übertragbar, wenn man von Betriebsgewerkschaften
auf Arbeitnehmervertretungen im Allgemeinen abstrahiert;
allerdings ist es hierzulande das (Personal-)Management, das
einen großen Anreiz hat, ein kooperatives Verhältnis zu Ar-
beitnehmervertretungen zu pflegen, wohingegen in China die
Initiative eher von den Betriebsgewerkschaften ausgeht.
Besprochen von
Benjamin P. Krebs
, Lehrstuhl International
Business, Universität Paderborn
Mit vereinten Kräften
Alexander Newman
(Deakin University),
Brian Cooper
(Monash University),
Peter Holland
(Swinburne University of
Technology),
Qing Miao
(Zhejiang University),
Julian Teicher
(Central Queensland University): How do industrial relations
climate and union instrumentality enhance employee perfor-
mance? The mediating effects of perceived job security and
trust. Human Resource Management, 2018, 1-10.
F
ür viele Mitarbeiter ist es normal, ständig mit Kollegen
oder Kunden über E-Mail und andere Messaging-Sys-
teme verbunden zu sein. Schätzungen nach wurden
alleine im Jahr 2015 über 112 Billionen Arbeitsmails
verschickt. Unterbrechungen durch eintreffende Nachrich-
ten sind daher fester Bestandteil des Arbeitsalltags für viele
Mitarbeiter. Im gängigen Diskurs werden entsprechende Un-
terbrechungen mit Stress gleichgesetzt. Schnell ist von einer
E-Mail-Flut die Rede. Sonnentag und Kollegen widmeten sich
der Frage, ob sich Unterbrechungen durch eintreffende elek­
tronische Nachrichten tatsächlich zwangsläufig negativ auf die
Stimmung von Mitarbeitern auswirken. Konkret entwickelten
sie zwei Erklärungsansätze. Zum einen nahmen sie an, dass
Unterbrechungen Zeitdruck auslösen und dieser wiederum auf
die Stimmung drückt. Zum anderen gingen sie davon aus, dass
Unterbrechungen auch zu positiver Stimmung führen können,
wenn Mitarbeiter auf diese reagieren und dadurch das Gefühl
haben, dass sie ihre Arbeitsaufgaben erfüllen. Die Autoren
führten eine Tagebuchstudie mit 174 Mitarbeitern durch. Über
eine Arbeitswoche hinweg berichteten die Teilnehmer täglich,
inwiefern sie durch E-Mails und andere elektronische Nach-
richten unterbrochen wurden und wie ihre Stimmung am Ende
des Arbeitstags war. Die Ergebnisse unterstützen die Annah-
men der Autoren: Unterbrechungen stehen sowohl mit nega-
tiver als auch mit positiver Stimmung in Verbindung.
Für die organisationale Praxis lässt sich resümieren, dass
elektronische Nachrichten aus modernen Jobs nicht mehr weg-
zudenken sind. Die damit einhergehenden Unterbrechungen
im Arbeitsprozess führen schnell zu Zeitdruck, was schlech-
te Stimmung zur Folge hat. In diesem Sinne sind Unterbre-
chungen nach wie vor als Stressor einzuordnen. Gleichzeitig
können sie zur wahrgenommenen Aufgabenerfüllung beitra-
gen. Entscheidend ist, dass Mitarbeiter auf die eintreffenden
Nachrichten reagieren (können). Ein bewusster Umgang mit
eintreffenden Nachrichten und ein klares Priorisieren von Auf-
gaben kann helfen, einen individuellen Weg zu finden. Nach
dem Motto: schnell reagieren, dann, wenn es angemessen ist.
Besprochen von
Dr. Annika L. Meinecke
, Lehrstuhl für Arbeits-,
Organisations- und Sozialpsychologie, Universität Hamburg
Ständige Erreichbarkeit,
ständige Unterbrechungen
S. Sonnentag
(Universität Mannheim),
L. Reinecke
(Univer-
sität Mainz),
J. Mata
(Universität Mannheim),
P. Vorderer
(Universität Mannheim): Feeling interrupted – being respon-
sive: How online messages relate to affect at work. Journal of
Organizational Behavior, 2018, Vol. 39, pp. 369-383.
1...,42,43,44,45,46,47,48,49,50,51 53,54,55,56,57,58,59,60
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