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04/18 PERSONALquarterly
Während der gesamten Projektlaufzeit werden Professorin
Uta Wilkens, Projektleiterin des Teilprojekts Evaluation und
Monitoring, und Ruth Orenstrat ihre Evaluationsergebnisse
im Rahmen von Feedback-Workshops und Zwischenberichten
an die Projektpartner rückkoppeln. Bis jetzt haben die Wissen-
schaftlerinnen schon Messinstrumente entwickelt – etwa für
die Analyse der individuellen Employability. „Entscheidend
wird es sein, wie bereitwillig die Teilnehmer Fragen beant-
worten“, sagt Orenstrat. Um dies zu erleichtern, werden die
aus geschlossenen Fragen mit vorgegebenen Antwortmöglich-
keiten und Freitextfeldern zusammengestellten Fragebögen
für die Geflüchteten in acht Muttersprachen übersetzt – da-
runter Farsi und Urdu. Doch nicht nur die Sprache bleibt bei
der Evaluation wichtig, auch die explizite Berücksichtigung
von Kontrollgruppen. „Nur durch den Vergleich der projekt-
beteiligten Geflüchteten mit anderen Geflüchteten derselben
Kommune ist es möglich, Integrationserfolge auf die projekt-
spezifischen Maßnahmen zurückzuführen“, betont Orenstrat,
„und damit zu validen Forschungsergebnissen zu gelangen.“
Zum Erfolg gehört für Professorin Swetlana Franken, die an
der Fachhochschule Bielefeld im Fachbereich Wirtschaft und
Gesundheit die Schwerpunkte Schlüsselqualifikationen des
Managements und Personalmanagement lehrt, eine positive
Einstellung gegenüber Zuwanderern. „Wir nutzen das Poten-
zial, das wir im Lande haben, auch deshalb zu wenig“, meint
sie, „weil das Bild des Zuwanderers nicht positiv belegt ist.“
Da spielt nach ihrer Ansicht die Ursache der Zuwanderung
noch gar keine Rolle. Arbeitskräfte etwa, die in den 60er-Jah-
ren kamen, wurden Gastarbeiter genannt, ein Begriff, der das
Provisorium schon beinhalte. Auch Zuwanderer aus Russland
und südosteuropäischen Staaten spürten Berührungsängste.
Jetzt kommen Geflüchtete in diese Gemengelage. Ob ohne Aus-
bildung oder mit akademischem Abschluss, „die Menschen
kommen nicht, weil es ihnen in der Heimat gut geht“.
Franken, die über akademische Migrantinnen in Führungs-
positionen, als Unternehmerinnen und Gründerinnen forschte,
entdeckt als Gemeinsamkeit, wie kompliziert es für die Frauen
ist, auf Akzeptanz zu stoßen. Ihr Fazit: „Personalmanager müs-
sen die Stereotype bekämpfen, mit denen Migranten belegt
werden.“ 15 Prozent haben oder machen in Deutschland ei-
nen akademischen Abschluss, da sei es nicht nur wegen des
Fachkräftemangels elementar, „nach Talenten zu suchen, statt
auf Hindernisse zu starren“. Engagement und Leistungswille
müssten entscheiden. Die viel beschworenen Sprachbarrieren
seien gerade während des Studiums leicht abbaubar. Ihre Er-
fahrungen mit Studierenden an der Hochschule, aber auch ihre
Studien über Erfolgsfaktoren auf dem Weg an die Spitze und
die Karriereorientierung von Akademikerinnen mit Migrati-
onshintergrund hat Swetlana Franken in ihrer aktuellen For-
schung zur Digitalisierung darauf gebracht, Workshops nicht
mehr extra für Migrantinnen zu deklarieren. Zum Schnup-
pertag Industrie 4.0 konnte jeder kommen. Dennoch waren
es – wie häufig bei außerplanmäßigen Aktionen – vor allem
Frauen, die sich zum Workshop anmeldeten, unter ihnen eini-
ge Migrantinnen. Die Hochschullehrerin hat ihr Anliegen, die
Integration hoch qualifizierter Akademikerinnen zu fördern,
keinesfalls aufgegeben, sie gibt lediglich zu bedenken, dass
Heterogenität ein prinzipiell positiver Schritt ist. Die Denk-
fabrik Digitalisierte Arbeitswelt an der FH Bielefeld erforscht
Genderaspekte, will die Gestaltung der digitalen Welt nicht
den Männern überlassen und schafft mit ihren Absolventinnen
Role Models.
Letzteres kann auf jeder Qualifikationsstufe funktionieren.
Erfolgreiche Praktikanten, Auszubildende, Abiturientinnen
und Akademiker vorzustellen, das sind in den Medien men-
schelnd-positive Geschichten. Konstruktiver Journalismus
wird er heute genannt, Journalismus, der nicht nur auf negati-
ve Nachrichten und Skandale schaut.
V. l. n. r.: Prof. Dr. Matthias Lücke (IfW Kiel), Dr. Ruth Orenstrat (Ruhr-Universität Bochum),
Prof. Dr. Swetlana Franken (FH Bielefeld)
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