PERSONALquarterly 4/2018 - page 57

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04/18 PERSONALquarterly
PROF. DR. FRERICH FRERICHS
Fachgebiet Altern und Arbeit
Fakultät I, Gerontologie
Universität Vechta
Als Forscher hat der Hochschullehrer zu den unterschied-
lichsten Aspekten des Alterns veröffentlicht. Da geht es um
alternsgerechte Laufbahnen in der Pflege, um die Leistungs-
potenziale Älterer im Betrieb, um altersgerechte Personal-
entwicklung, um Kompetenzmanagement in kleinen und
mittelständischen Unternehmen. So untersuchte Frerich Fre-
richs gemeinsam mit PERSONALquarterly-Herausgeberin und
Arbeitspsychologieprofessorin Simone Kauffeld in einem drei-
jährigen Projekt die Kompetenzentwicklung in Betrieben. Sein
Teilprojekt eruierte, wie Ältere ihr Wissen und Können an die
nächste Generation weitergeben – zum Beispiel auf Baustellen
und in Kfz-Werkstätten. Denn Auszubildende lernen am Ar-
beitsplatz, also während der Arbeit, und weniger in Seminaren.
Für Personalentwickler kommt es also darauf an, diese struktu-
rell gewachsene Lernform zu systematisieren und erfolgreich
einzusetzen.
Immer wieder ist die Weiterbildung Älterer eine wissen-
schaftliche Aufgabenstellung seiner Forschungsarbeiten mit
Kollegen anderer Disziplinen. Aktuell beschäftigt sich Frerichs
mit der Frage, wie ältere Arbeitnehmer in die Digitalisierung
einbezogen werden. Bleiben zumBeispiel Ältere der alten Tech-
nik verhaftet oder werden sie für die neuen Arbeitsweisen
qualifiziert? Und wie muss man Lernprozesse gestalten, damit
Ältere Spaß an der Digitalisierung gewinnen? „Diese Fragen
sind nicht neu“, sagt der Arbeits- und Altersforscher. „Aber
sie sind auch noch nicht gelöst.“ Frerich Frerichs legt eine
klare Haltung zugrunde, die sich in Einzelprojekten bei ihm
und internationalen arbeitspsychologischen Kollegen schon
mehrfach bestätigt hat: „Die Defizithypothese für ältere Ar-
beitnehmer ist keine zwangsläufige, vielmehr entscheiden die
Rahmenbedingungen über die Lernfähigkeit und das Lerner-
gebnis.“
Beschäftigungsfähigkeit Älterer im Betrieb verlängern
Das Know-how erfahrener Beschäftigter zu nutzen, ohne sie
vom Fortschritt digitaler Techniken abzuschneiden, setzt die
Zuversicht voraus, dass Menschen mit Routine auch Neues
gut einsortieren können. Deshalb beschäftigt sich der enga-
gierte Forscher mit unterschiedlichen Aspekten von Erwerbs-
biografien auf dem Weg zur Rente, mit der Flexibilisierung
des Übergangs in den Ruhestand und mit nachberuflichen
Tätigkeiten. Ob in der Pflege oder im Handwerk, innovative
Personalkonzepte können über Fachlaufbahnen oder Arbeits-
platzzuschnitte die Beschäftigungsfähigkeit Älterer in den Be-
trieben deutlich verlängern.
Aber seine Forschung setzt weitaus früher im Berufsleben
an, denn Altern ist in der Lebensphasenforschung nur ein
Schwerpunkt. Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege gehört
ebenso dazu wie das lebenslange Lernen, das frühzeitig geübt
und gefördert sein will. Frerichs, der universitäre Forschung
praxisnah gestalten will, unterstützt regelmäßig Lösungsvor-
schläge, die über einzelne Betriebe hinaus für den deutschen
Arbeitsmarkt umsetzbar und die Gesellschaft wichtig sind: So
sollten seiner Ansicht nach die bisherigen Beschäftigungs-
pakte fortgeführt und ältere Arbeitslose dadurch schneller
wieder in die Erwerbsarbeit integriert werden. Programme
wie „WeGeBau“ zur Weiterbildung Geringqualifizierter und
Älterer ab 45 Jahren sollten betriebsnah umgesetzt werden.
Und das Gesundheitsmanagement in Unternehmen müsste in
der Gesellschaft einen breiteren Raum einnehmen und eine
höhere Akzeptanz erhalten. Der Soziologe und Psychologe
kann nicht anders: Er sieht Wirtschaft und Gesellschaft eng
ineinander verwoben. So entstand ein weiteres Thema, das ihn
als Forscher ebenfalls interessiert, beinahe automatisch: die
Entlohnung Älterer. „Das“, so der Arbeits- und Altersforscher,
„darf man nicht nur den Ökonomen überlassen.“
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