PERSONALquarterly 3/2018 - page 46

PERSONALquarterly 03/18
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STATE OF THE ART
_UNTERNEHMENSFÜHRUNG
nisationalen Ambidextrie und eine grundsätzliche, wenn auch
nicht exakt quantifizierbare Vorteilhaftigkeit des kombinierten
Ansatzes angenommen werden.
Personale Ebene: Ambidextre Führung
Neben der organisatorisch-strukturellen Ebene ist auch die
individuelle Ebene relevant für die Umsetzung von Ambidex-
trie: „ambidextrous organizations need ambidextrous senior
teams and managers“ (O'Reilly/Tushman, 2004, S. 81). Dies
wird insbesondere dann bedeutsam, wenn explorative und ex-
ploitative Aktivitäten im Unternehmen nicht organisatorisch
getrennt werden (strukturelle Ambidextrie) sondern vielmehr
den Mitarbeitern die Aufgabe zukommt, beide Handlungs­
dimensionen zu vollziehen (kontextuale Ambidextrie).
Untersuchungen über das konkrete individuelle Mitarbei-
ter- und Führungskräfteverhalten liegen bislang leider nur
vereinzelt oder qualitativ vor (z.B. Bonesso et al., 2014). Unter-
sucht wird bislang häufiger der Zusammenhang zwischen Füh-
rungsstilen und Innovationsverhalten im Allgemeinen bzw.
Ambidextrie im Speziellen. Während einerseits die Bedeutung
des Führungsverhaltens für die Umsetzung von Ambidextrie
unmittelbar evident erscheint, sind die Befunde bezüglich der
Vorteilhaftigkeit etablierter Führungsstile nicht eindeutig.
Während z.B. ein transaktionaler Führungsstil Exploitation
fördert, ist der Nachweis der Vorteilhaftigkeit transformatio-
naler Führung für Innovationsverhalten noch nicht umfang-
reich gelungen. Justin Jansen und Kollegen (2009) zeigen in
einer quantitativen Fallstudie einen positiven Zusammenhang
zwischen transformationaler Führung und Exploration, aber
keinen Zusammenhang zur Exploitation, während transakti-
onale Führung negativ mit Exploration und positiv mit Ex-
ploitation verbunden ist. Demgegenüber können Tobias Keller
und Jürgen Weibler (2014) keinen Zusammenhang zwischen
transformationaler Führung und Exploration nachweisen. Auf
Einzelbefunden aufbauend untersucht die Metaanalyse von
Kathrin Rosing und Kollegen (2011) den Zusammenhang zwi-
schen transformationaler Führung und Innovationsverhalten
der Unternehmen. Sie finden zunächst einen moderaten posi-
tiven Zusammenhang (Korrelation r = 0,29 auf Basis von 5.113
Fällen (n) in 31 Einzeluntersuchungen (k)), wobei allerdings
die Spanne in den Einzelstudien sehr groß ist (-0,31 bis +0,81).
Die Autoren schließen daraus, dass die in der Forschung etab-
lierten Führungsstile innovatives Verhalten nur unzureichend
abbilden können und schlagen als Alternative das Konzept der
ambidextren Führung vor. Diese besteht aus drei Elementen:
1) öffnendem („opening“) Führungsverhalten zur Förderung
von Exploration, 2) schließendem Führungsverhalten zur
Förderung der Exploitation sowie 3) der Fähigkeit, zwischen
beiden Verhaltensmodi zu wechseln. Abbildung 2 liefert eine
Übersicht über typisch öffnende und schließende Verhaltens-
weisen, wobei sich eine inhaltliche Nähe ohne vollständige
Übereinstimmung zwischen öffnendem und transformati-
onalem sowie zwischen schließendem und transaktionalem
Führungsstil zeigt. Die umfassende empirische Validierung
dieser Konzeption jenseits von Einzelstudien (Zacher et al.,
2016) steht allerdings noch aus.
Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen
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Organisationale Ambidextrie hat einen positiven, aber
schwachen Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Als All-
heilmittel für die Zukunftsfähigkeit von Organisationen in
einer unsicheren Umwelt kann sie nicht dienen.
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Der kombinierte Ansatz zur maximalen Verfolgung von
Exploitation und Exploration ist dem balancierten Ansatz
überlegen.
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Auf der individuellen Ebene ist der transformationale Füh-
rungsstil tendenziell innovationsfördernd. Allerdings sind
die in der Forschung etablierten Führungsstile unzurei-
chend zur Identifizierung ambidextrer Führung.
Abb. 2:
Öffnendes und schließendes Führungs­
verhalten
Öffnendes Führungsverhalten
Schließendes Führungsverhalten
zur Übernahme von Risiken
motivieren
Zielerreichung kontrollieren
Räume für eigenständiges Denken
und Handeln schaffen
Routinen einführen
unterschiedliche Wege der Aufga-
benerledigung erlauben
Fehler sanktionieren
Lernen aus Fehlern fördern
Korrekturen bei Zielverfehlungen
umsetzen
Quelle: Auswahl auf Basis von Rosing et al.,2011, S. 967
1...,36,37,38,39,40,41,42,43,44,45 47,48,49,50,51,52,53,54,55,...56
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