 
          PERSONALquarterly  03/18
        
        
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            STATE OF THE ART
          
        
        
          _UNTERNEHMENSFÜHRUNG
        
        
          nisationalen Ambidextrie und eine grundsätzliche, wenn auch
        
        
          nicht exakt quantifizierbare Vorteilhaftigkeit des kombinierten
        
        
          Ansatzes angenommen werden.
        
        
          
            Personale Ebene: Ambidextre Führung
          
        
        
          Neben der organisatorisch-strukturellen Ebene ist auch die
        
        
          individuelle Ebene relevant für die Umsetzung von Ambidex-
        
        
          trie: „ambidextrous organizations need ambidextrous senior
        
        
          teams and managers“ (O'Reilly/Tushman, 2004, S. 81). Dies
        
        
          wird insbesondere dann bedeutsam, wenn explorative und ex-
        
        
          ploitative Aktivitäten im Unternehmen nicht organisatorisch
        
        
          getrennt werden (strukturelle Ambidextrie) sondern vielmehr
        
        
          den Mitarbeitern die Aufgabe zukommt, beide Handlungs
        
        
          dimensionen zu vollziehen (kontextuale Ambidextrie).
        
        
          Untersuchungen über das konkrete individuelle Mitarbei-
        
        
          ter- und Führungskräfteverhalten liegen bislang leider nur
        
        
          vereinzelt oder qualitativ vor (z.B. Bonesso et al., 2014). Unter-
        
        
          sucht wird bislang häufiger der Zusammenhang zwischen Füh-
        
        
          rungsstilen und Innovationsverhalten im Allgemeinen bzw.
        
        
          Ambidextrie im Speziellen. Während einerseits die Bedeutung
        
        
          des Führungsverhaltens für die Umsetzung von Ambidextrie
        
        
          unmittelbar evident erscheint, sind die Befunde bezüglich der
        
        
          Vorteilhaftigkeit etablierter Führungsstile nicht eindeutig.
        
        
          Während z.B. ein transaktionaler Führungsstil Exploitation
        
        
          fördert, ist der Nachweis der Vorteilhaftigkeit transformatio-
        
        
          naler Führung für Innovationsverhalten noch nicht umfang-
        
        
          reich gelungen. Justin Jansen und Kollegen (2009) zeigen in
        
        
          einer quantitativen Fallstudie einen positiven Zusammenhang
        
        
          zwischen transformationaler Führung und Exploration, aber
        
        
          keinen Zusammenhang zur Exploitation, während transakti-
        
        
          onale Führung negativ mit Exploration und positiv mit Ex-
        
        
          ploitation verbunden ist. Demgegenüber können Tobias Keller
        
        
          und Jürgen Weibler (2014) keinen Zusammenhang zwischen
        
        
          transformationaler Führung und Exploration nachweisen. Auf
        
        
          Einzelbefunden aufbauend untersucht die Metaanalyse von
        
        
          Kathrin Rosing und Kollegen (2011) den Zusammenhang zwi-
        
        
          schen transformationaler Führung und Innovationsverhalten
        
        
          der Unternehmen. Sie finden zunächst einen moderaten posi-
        
        
          tiven Zusammenhang (Korrelation r = 0,29 auf Basis von 5.113
        
        
          Fällen (n) in 31 Einzeluntersuchungen (k)), wobei allerdings
        
        
          die Spanne in den Einzelstudien sehr groß ist (-0,31 bis +0,81).
        
        
          Die Autoren schließen daraus, dass die in der Forschung etab-
        
        
          lierten Führungsstile innovatives Verhalten nur unzureichend
        
        
          abbilden können und schlagen als Alternative das Konzept der
        
        
          ambidextren Führung vor. Diese besteht aus drei Elementen:
        
        
          1) öffnendem („opening“) Führungsverhalten zur Förderung
        
        
          von Exploration, 2) schließendem Führungsverhalten zur
        
        
          Förderung der Exploitation sowie 3) der Fähigkeit, zwischen
        
        
          beiden Verhaltensmodi zu wechseln. Abbildung 2 liefert eine
        
        
          Übersicht über typisch öffnende und schließende Verhaltens-
        
        
          weisen, wobei sich eine inhaltliche Nähe ohne vollständige
        
        
          Übereinstimmung zwischen öffnendem und transformati-
        
        
          onalem sowie zwischen schließendem und transaktionalem
        
        
          Führungsstil zeigt. Die umfassende empirische Validierung
        
        
          dieser Konzeption jenseits von Einzelstudien (Zacher et al.,
        
        
          2016) steht allerdings noch aus.
        
        
          
            Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen
          
        
        
          3
        
        
          Organisationale Ambidextrie hat einen positiven, aber
        
        
          schwachen Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Als All-
        
        
          heilmittel für die Zukunftsfähigkeit von Organisationen in
        
        
          einer unsicheren Umwelt kann sie nicht dienen.
        
        
          3
        
        
          Der kombinierte Ansatz zur maximalen Verfolgung von
        
        
          Exploitation und Exploration ist dem balancierten Ansatz
        
        
          überlegen.
        
        
          3
        
        
          Auf der individuellen Ebene ist der transformationale Füh-
        
        
          rungsstil tendenziell innovationsfördernd. Allerdings sind
        
        
          die in der Forschung etablierten Führungsstile unzurei-
        
        
          chend zur Identifizierung ambidextrer Führung.
        
        
          
            Abb. 2:
          
        
        
          
            Öffnendes und schließendes Führungs
          
        
        
          
            verhalten
          
        
        
          Öffnendes Führungsverhalten
        
        
          Schließendes Führungsverhalten
        
        
          zur Übernahme von Risiken
        
        
          motivieren
        
        
          Zielerreichung kontrollieren
        
        
          Räume für eigenständiges Denken
        
        
          und Handeln schaffen
        
        
          Routinen einführen
        
        
          unterschiedliche Wege der Aufga-
        
        
          benerledigung erlauben
        
        
          Fehler sanktionieren
        
        
          Lernen aus Fehlern fördern
        
        
          Korrekturen bei Zielverfehlungen
        
        
          umsetzen
        
        
          Quelle: Auswahl auf Basis von Rosing et al.,2011, S. 967