PERSONALquarterly 3/2018 - page 51

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was die Wirtschaft schon jetzt und wahrscheinlich erst recht
in der Zukunft brauche. Die Arbeitsmarkteffekte der Digitali-
sierung sind das Thema des wissenschaftlichen Mitarbeiters
im Forschungsbereich „Prognosen und gesamtwirtschaftliche
Analysen“ am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
der Bundesagentur für Arbeit (IAB). Zika hat gerade mit
einem Autorenteam regionalspezifische Modellrechnungen
bis 2035 durchgeführt. Die Szenarioanalyse, die für 2035 von
einer komplett digitalisierten Arbeitswelt ausgeht und diese
vergleicht mit einem technischen Fortschritt auf bisherigen
Entwicklungspfaden, sieht kaum Auswirkungen auf das Ge-
samtniveau der Beschäftigung. Gleichzeitig prognostiziert
die Studie eine Verschiebung von Arbeitsplätzen zwischen
Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus. Je nach Bran-
che und Berufsstruktur können die Verschiebungen in ein-
zelnen Regionen unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Den
Modellrechnungen zufolge wird es in Nordrhein-Westfalen
mit über einer halben Million Arbeitsplätzen den absoluten
Zahlen nach die meisten Auf- und Abwärtsbewegungen geben,
relativ gesehen aber liegt Baden-Württemberg in der Verände-
rungsquote vorn. Am Ende wird, so die Szenarioanalyse, der
Dienstleistungssektor in der Wirtschaft 4.0 gegenüber dem
produzierenden Gewerbe gestärkt dastehen. Auch Information
und Kommunikation, Erziehung und Unterricht werden pro-
fitieren. Gerade die Weiterbildung erlangt dabei eine zentrale
Rolle. „Natürlich wird es in diesem Prozess auch Verlierer
geben“, betont der Wissenschaftler Zika. „Aber genau dort
sollen und können Institutionen Hilfe leisten.“ Man könne
Beschäftigte rechtzeitig schulen, damit sie nicht arbeitslos
werden. „So zeigt man den möglichen 4.0-Verlierern eine Per-
spektive auf.“
Und tatsächlich tut sich schon etwas in Sachen Weiterbil-
dung. Denn Geringqualifizierte, die früher meistens außen vor
waren, nutzen Weiterbildungsangebote jetzt häufiger. Das In-
stitut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) wertete Daten
seit 1979 aus. In den vergangenen fast 40 Jahren hat sich die
Zahl der Arbeitnehmer, die anWeiterbildungsmaßnahmen teil-
nehmen und keinen Berufsabschluss haben, verdreifacht und
liegt nun bei rund 40 Prozent. Zwar bilden sich Erwerbstätige
mit Abschluss zu 56 Prozent weiter und Akademiker gar zu
75 Prozent, dennoch bleibt zu konstatieren: Auch die Gering-
qualifizierten, die einfache Arbeiten ausführen, machen bei
Qualifizierungen mit.
Arbeitsorganisation hat sich verändert
Studienautor Michael Zibrowius sieht eine Ursache in der
Veränderung der Arbeitsplatzinhalte für An- und Ungelernte.
Im Job müssen sie oft mehrere Dinge gleichzeitig im Auge
behalten, Verfahren verbessern und Neues ausprobieren. Und
sowohl der Termin- als auch der Leistungsdruck sind gestie-
gen. „Die Arbeitsorganisation hat sich verändert“, fasst der
promovierte Volkswirt, zuständig für Aus- und Weiterbildung
am IW, die Ergebnisse zusammen. „Das parallele Bedienen
von mehreren Maschinen kann zwar als Routine wahrge-
nommen werden, effektiv sind die Arbeiter aber stärker in
vor- und nachgelagerte Prozesse eingebunden.“ Damit steige
der Lernbedarf. Einen geringeren Einfluss auf die Weiterbil-
dungsentscheidung habe die individuelle Perspektive: „Sich
durch Weiterbildung für einen Arbeitsplatz zu qualifizieren,
der körperlich weniger anstrengend ist, scheint kein Anreiz
zu sein“, so Zibrowius.
Insgesamt sank der Anteil der Geringqualifizierten an den
Erwerbstätigen von 31,2 Prozent (1979) auf 7,5 Prozent (2012).
Doch um diese Gruppe für den technischen Fortschritt fit
zu machen, sollten Fortbildungen neu oder weiter gefördert
werden: durch Bildungsgutscheine, Teilqualifikationen und
auch durch die Förderung der Grundqualifikationen Rechnen,
Schreiben und Lesen.
V. l. n. r.: Prof. Dr. Jens Südekum (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), Dr. Gerd Zika (IAB),
Dr. Michael Zibrowius (IW Köln)
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