PERSONALquarterly 3/2018 - page 53

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03/18 PERSONALquarterly
DR. ADRIAN CHADI
Juniorprofessur für Personalökonomik und Personalwirtschaft
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
Universität Konstanz
muss man reflektieren und einkalkulieren“, meint Juniorpro-
fessor Chadi. Schon 2012 beschäftigte er sich in einem Vor-
trag auf der Tagung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)
in Berlin mit den Unschärfen der SOEP-Ergebnisse. Antworten
zur Lebenszufriedenheit etwa würden auch davon beeinflusst,
wie viel Vergnügen der Befragte während des Interviews ha-
be. Ein einsamer Mensch etwa nenne durchaus höhere Wer-
te, wenn er die Gesellschaft des Interviewers genieße. Auch
heute noch pflegt Chadi seine Skepsis: „Es gibt systematische
Verzerrungen.“ Dennoch sieht er Themen, bei denen man mit
den jährlich wiederholten Befragungen von Menschen in über
12.000 Privathaushalten gut arbeiten kann, zum Beispiel, um
die Ergebnisse in Feldexperimenten zu überprüfen. „Mich in-
teressieren Daten von echten Menschen“, sagt er und schafft
Laborsituationen in seinem studentischen Umfeld, bei denen
„man alles unter Kontrolle hat“.
Ein ganz aktuelles Thema ist die Frage, wie sich die Nutzung
des Privathandys auf die Produktivität am Arbeitsplatz aus-
wirkt: Die Smartphone-Manie, nach der Durchschnittsnutzer
alle 18 Minuten ihr Handy aktivieren, konnte Hochschullehrer
Chadi in den Vorlesungen schon an der Uni Trier beobachten,
wo „einige Studierende dem Smartphone mehr Aufmerksam-
keit schenkten als den Dozenten“. Für die Erforschung der
Produktivität ging der Forscher experimentell vor: Über 100
Studierende, die in Deutschland eine repräsentative Telefon-
befragung zum Arbeitsrecht in der Europäischen Union durch-
führten, wurden in zwei Gruppen eingeteilt. In einem Büro
stand ein Smartphone-Verbotsschild, in dem anderen nicht.
Das Ergebnis: Die Wissenschaftler maßen die Arbeitsleistung
an der Anzahl der Anrufversuche – und da lagen die Studie-
renden mit dem Verbotsschild vorn. In einem zweiten Schritt
wurde in einem Büro die Erklärung ergänzt, das Verbotsschild
sei kein Misstrauenssignal, in dem anderen Büro gab es die-
se Klarstellung nicht. Im Arbeitsergebnis gab es keinen Un-
terschied. In einer Befragung gaben die Telefonisten an, sie
hätten das Handyverbot ohnehin nicht als Misstrauensbeweis
verstanden und gingen selbst davon aus, dass ihre privaten
Geräte von der Arbeit ablenken könnten. Möglicherweise ist
die Furcht von Arbeitgebern, private Handynutzung am Ar-
beitsplatz zu unterbinden, also unbegründet.
Auswirkung von Erkrankungen der Mitarbeiter untersuchen
Solche Experimente in privatwirtschaftlichen Unternehmen
durchzuführen, das fände der Forscher extrem spannend. Aber
nur wenige Firmen öffnen sich bisher der experimentellen
Wissenschaft. Gerade begleitet Adrian Chadi als Co-Autor erst-
mals mit Forschern aus Texas ein Feldexperiment zu einem
betrieblichen Impfprogramm. Die Fragestellung: Was hat das
Unternehmen von seinem Engagement? Fehlen die Mitarbeiter
zur Hochsaison der Erkrankungen am Winterende seltener
oder sind sie produktiver, wenn sie am Arbeitsplatz sind? Mit
diesem Projekt startet der Wissenschaftler in ein neues For-
schungsgebiet. Künftig möchte er sich verstärkt die Rolle der
Gesundheit von Beschäftigten anschauen und fragen, welche
Auswirkungen Erkrankungen aus betrieblicher sowie indivi-
dueller Sicht haben können. Eines seiner beiden Seminare in
den Wintersemestern greift die Aspekte Gesundheit und Ar-
beitszufriedenheit auf, sodass er sehr gut Lehre und Forschung
verknüpfen kann. „Man wird durch Studierende inspiriert“,
so der Dozent für das Fach Wirtschaftspädagogik. Andere
Schwerpunkte werden Teamarbeit und Methodik sein. Sein
besonderes Anliegen ist es, den Studierenden nahezubringen,
was Wissenschaft kann und was sie nicht kann. „Wir wissen
es nicht“, sagt Chadi. „Dieser Satz kann eine sehr wichtige
Einsicht sein.“ Den Unterschied zwischen Kausalität und Kor-
relation zu erkennen, eine andere.
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