Immobilienwirtschaft 4/2019 - page 53

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4.2019
Wohnungseigentumsrecht
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den geplanten zweiten Balkonen vielmehr
um Luxusmaßnahmen.
ENTSCHEIDUNG:
Das Amtsgericht hatte die
Klage abgewiesen. Die Berufung ist, so das
Landgericht, nicht begründet. Denn es
handele sich bei dem Beschluss sehr wohl
um eine Modernisierungsmaßnahme.
Laut BGH genüge es, dass die Maßnahme
aus der Sicht eines verständigen Eigentü-
mers eine sinnvolle Neuerung darstelle,
die geeignet sei, den Gebrauchswert des
Eigentums nachhaltig zu erhöhen. Es ent-
spreche ständiger Rechtsprechung, dass
durch den Einbau eines bisher nicht vor-
handenen Balkons die Wohnverhältnisse
verbessert werden würden. Die Kosten in
Höhe von insgesamt 66.000 Euro stünden
FAKTEN:
An der Hauseingangsseite ei-
ner Mehrhausanlage verfügen die Woh-
nungen mit Ausnahme der beiden Par-
terrewohnungen nach Osten hin über
einen kleinen Balkon. Bei den Fenstern
auf der Westseite handelt es sich um so
genannte „französische Balkone“ (boden-
tiefe Fensterelemente). Die umliegenden
Gebäude verfügen über Vorstellbalkone.
Die Eigentümer beschließenmehrheitlich,
eine Firma mit der Erstellung von acht
Vorstellbalkonen auf der Rückseite der
Liegenschaft zu beauftragen. Gegen diesen
Beschluss geht ein Wohnungseigentümer
vor. Er meint, es handele sich bei der Er-
richtung der Vorstellbalkone um bauliche
Veränderungen und nicht um Moderni-
sierungsmaßnahmen. Es handele sich bei
Urteil des Monats:
Errichtung von Balkon und Zweitbalkon: Modernisierung?
Die Errichtung eines Balkons und Zweitbalkons kann eine Modernisierungsmaßnahme sein.
Ob eine Luxussanierung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, hier wird sie verneint.
LG Frankfurt am Main, Urteil v. 12.11.2018, 2-09 S 34/18
FAKTEN:
Die Gemeinschaft K geht gegenWohnungseigentümer B aus einemEinzelwirt-
schaftsplan vor. B verteidigt sich damit, das Sondereigentum nicht nutzen zu können.
Ohne Erfolg! B sei von seiner auf § 16 Abs. 2 WEG beruhenden „Beitragspflicht“ nicht
deshalb befreit, weil er die drei ihm gehörenden Eigentumsrechte im Wirtschaftsjahr
2016 nicht habe nutzen können. Das Risiko der Benutzbarkeit oder Vermietbarkeit
seiner Wohnung habe jeder Eigentümer selbst zu tragen.
FAZIT:
Ein Wohnungseigentümer muss auch dann Hausgeld zahlen, wenn er sein Ei-
gentum nicht gebrauchen kann. Die Lastentragungspflicht des einzelnen Eigentümers
besteht grundsätzlich unabhängig von der Benutzung oder Nichtbenutzung seines Son-
dereigentums. Gegen den Anspruch auf Hausgeld kann nicht geltend gemacht werden,
dass der entsprechende Beschluss angefochten wurde oder anfechtbar bzw. nicht ord-
nungsmäßig sei. Einwendungen eines Eigentümers gegen das formelle Zustandekom-
men und den sachlichen Inhalt des zugrunde liegenden Beschlusses sind grundsätzlich
unerheblich.
„MINDERUNGSRECHT“?
Hausgeld, wenn Sondereigen-
tum nicht nutzbar ist?
Ein Eigentümer kann nicht einwenden,
kein Hausgeld zu schulden, weil er das
ihm gehörende Sondereigentum nicht
nutzen kann. Ihm steht wegen der
Unbenutzbarkeit der Wohnung kein
„Minderungsrecht“ zu. Das Risiko der
Benutzbarkeit oder Vermietbarkeit
des Sondereigentums hat allein der
Eigentümer zu tragen.
LG Berlin, Urteil v. 15.06.2018, 55 S 81/17 WEG
nicht außer Verhältnis zu dem erhöhten
Wohnwert. Zudem werde durch den An-
bau der Balkone auch die Eigenart der
Eigentumsanlage nicht verändert.
FAZIT:
Dass der Anbau eines Balkons eine
Maßnahme der Modernisierung nach §
22 Abs. 1 WEG sein kann, dürfte unstrei-
tig sein. Man kann aber fragen, ob der
Anbau eines Balkons die „Eigenart“ der
Eigentumsanlage verändert. Der Anbau
eines Balkons kann eine „Luxusmoderni-
sierung“ sein. Verfügt eine etwa 80 Qua-
dratmeter großeWohnung bereits über ei-
nenNordbalkon, der Platz bietet für einen
Tisch mit vier Sitzgelegenheiten, liegt der
Verdacht einer „Luxusmodernisierung“
nahe (LGBerlin v. 25.9.2015, 65 S 193/15).
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
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