Immobilienwirtschaft 6/2019 - page 28

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FINANZIERUNG, INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
CROWDINVESTING-PLATTFORMEN
Auf Partnersuche in der digitalen Arena
C
rowdinvesting-Plattformen wie Berg-
fürst, Exporo oder Zinsland waren
vor fünf Jahren noch weitgehend un-
bekannt. Diese Zeiten sind längst passé.
Denn Offerten des Trios stoßen inzwi-
schen nicht nur in der digitalen Commu-
nity auf stark steigendes Interesse. „Es ist
unglaublich, mit welcher Dynamik digi-
tale Plattformen expandieren“, zeigt sich
Florian Stadlbauer, Head of Digitalization
der Commerz Real, beeindruckt. Er kann
sich gut vorstellen, dass diese – wie bei an-
deren Finanzprodukten – zu einem immer
wichtigerenVertriebsweg zur Vermittlung
von Investments werden.
Bis Ende 2018 steckten Investoren
über die drei Plattformen insgesamt gut
700 Millionen Euro in Immobilien. Das
klingt viel. Allerdings sammelte der Of-
fene Immobilienfonds hausinvest, den
die Commerz Real (Fondsvermögen: 14,1
Milliarden Euro) privaten Anlegern offe-
riert, allein im vergangenen Jahr gut 900
Millionen Euro an frischem Kapital ein.
Investoren steckten in
die Plattformen Exporo,
Bergfürst und Zinsland
700 Millionen Euro
Trotzdem gab die Commerzbank-
Tochter kürzlich bekannt, dass sie sich
mit 24,9 Prozent an Bergfürst, der – be-
zogen auf das akquirierte Investoren­
kapital – kleinsten der drei Plattformen,
beteiligt hat. Laut Stadlbauer hat man mit
dem strategischen Investment vor allem
drei Ziele imVisier: den Zugang zu neuen
Anlegergruppen, die Zusammenarbeit bei
der Konzeption von Geschäftsmodellen
und die Kooperation auf dem weiten Feld
der digitalen Technologie.
Immobilieninvestmenthäuser und
digitale Akteure suchen verstärkt den
Schulterschluss. „Davon profitieren bei-
Chief Information Officer Germany and
Northern Europe beimImmobiliendienst-
leister JLL. Digitale Plattformen sorgten
für mehr Transparenz in der Geld- und
Kapitalanlage. Insofern verwundert es
nicht, dass die Partnerschaft von Com-
merz Real und Bergfürst kein Einzelfall
in der Branche ist.
Bereits im September 2018 hatten die
zur Corestate Capital Group gehörende
Hannover Leasing und Exporo ihre Ko-
operation bekannt gegeben. Ein gutes
halbes Jahr später begeben beide gemein-
sam eine Immobilienanleihe für Privat
anleger – Volumen: 5,25 Millionen Euro,
Laufzeit: zehn Jahre, anvisierte Gesamt-
rendite: 5,7 Prozent. Beim Objekt handelt
es sich um ein Bürogebäude in der Nähe
von München.
Neue Produkte auf der Plattform von
Bergfürst aufzusetzen, kann sich Stadlbau-
er gut vorstellen: „Dieses Thema werden
wir mittelfristig ebenfalls angehen.“ Was
das Kennenlernen der Bedürfnisse der
Anleger, die auf der Plattform von Berg-
fürst agieren, betreffe, befinde man sich
aktuell in der Lernphase. Auch die unter-
schiedlichen gesetzlichen Regeln für das
Crowdinvesting in Immobilien und den
Erwerb von Anteilen an Immobilienfonds
machen deutlich, dass es sich noch um
zwei völlig verschiedene Welten handelt.
Im Gegensatz zu Hannover Leasing
und Exporo werden Commerz Real und
Bergfürst keine gemeinsamen Invest-
mentprodukte auflegen. „Da gibt es eine
klare Rollenverteilung. Wir sind und
bleiben eine reine Vertriebsplattform“,
betont Guido Sandler, Vorstand von
Bergfürst. Dadurch lasse sich eine recht
schlanke, effiziente Organisationsstruk-
tur realisieren. Von der Beteiligung der
Commerz Real erhofft er sich vor allem
einen Know-how-Zuwachs für die weitere
internationale Expansion von Bergfürst.
Charakteristisch für die meisten digitalen
Immobilien
investment-Plattformen ist,
de Seiten“, ist auch Herwig Teufelsdorfer,
COO von 21st Real Estate, überzeugt. Das
Berliner PropTech hat eine digitale Platt-
form konzipiert, über die Immobilien-
transaktionen zukünftig komplett digital
abgewickelt werden können.
„Der Transaktionsprozess erfordert in
derRegeleinenhohenRechercheaufwand“,
so Teufelsdorfer. 21st Real Estate verfügt
diesbezüglich über eine mit Künstlicher
Intelligenz (KI) gestützte Datenbank für
Wohn-, Büro- und Einzelhandelsimmobi-
lien. Sie ermöglicht es Investoren, sich per
Knopfdruck anhand vonVergleichszahlen
zur Lage und zu Objekten sowie zur Be-
völkerungs- undMietpreisentwicklung zu
informieren. „Es ist allerhöchste Zeit für
die Fondshäuser, sich fit für das digitale
Zeitalter zu machen“, sagt Kai Zimprich,
„Immobilien
investment­
häuser und digitale
Akteure suchen verstärkt
den Schulterschluss.
Davon profitieren beide
Seiten.“
Herwig Teufelsdorfer,
COO des Berli-
ner PropTechs 21st Real Estate
Foto: www.photo-simonis.com
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