Immobilienwirtschaft 6/2019 - page 16

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POLITIK, WIRTSCHAFT & PERSONAL
I
INSTITUT FÜR CORPORATE GOVERNANCE ICG BEIM ZIA
D
as Institut für Corporate Governance
in der deutschen Immobilienwirt-
schaft hatte eingeladen zum Thema
„Wie können Immobilienwirtschaft und
Politik besser zusammenarbeiten?“, und
viele kamen. Die Sorge im Publikum war
groß: Wenn bestimmte Dinge nicht gelöst
werden, weil sich Behörden von Bund,
Ländern und Kommunen widersprechen,
bildet dies den Nährboden für populis-
tische Parteien. Patentlösungen gab es
nicht, aber einige interessante Ergebnisse.
Inkompetente Immobilienwirtschaft?
Der Branchenreport der Grundstücks-
und Wohnungswirtschaft von destatis
bescheinigt der Immobilienwirtschaft
bei der Stärken-/Schwächen-Analyse ein
geringes Qualifikationsniveau bis hin zur
Inkompetenz.
Schlechte Ingenieursausbildung wird
hingenommen
Oft heißt es von Unter-
nehmen, die Ingenieursausbildung sei
schlecht. Es wurden Versuche seitens des
Bundesbauministeriums unternommen,
mit der Wissenschaftsministerkonferenz
darüber ins Gespräch zu kommen. Doch
die Wissenschaftsminister sind allein da-
ran interessiert, dass die Hörsäle voll wer-
den. Was Ingenieure am Ende können, ist
ihnen ziemlich egal. Adler: „Das ist ein
föderales Problem, für das ich keine Lö-
sung habe.“
Populismus 1: Lösungen sind oft Schein-
lösungen
Bestimmte Probleme werden
oft hochgekocht von den Medien. Die
Parteien bieten aber immer wieder nur
Scheinlösungen an. Obwohl im Einzel-
nen noch umstritten, wird doch immer
klarer, dass die Mietpreisbremse nicht
zu sinkenden Mieten für arme Mieter
führt. Es wird die Illusion erweckt, dass
jeder aufgrund der Mietpreisbremse eine
Chance hätte, in Berlin-Mitte an eine tolle
Wohnung zu kommen. Das ist unredlich.
ist nicht nötig. Han Joosten wurde nicht
müde zu betonen, dass es dort ein großes
Vertrauen zwischen Markt und Politik
gebe. „Wenn ich als Investor oder Bauträ-
ger zu einemProjekt eine Frage habe, habe
ich in 24 Stunden einen Termin beimBau-
amt. In Frankfurt dauert das drei Monate.“
30 Prozent der Bauvorschriften sind zu
kappen. Es wurden Konvents eingerich-
tet, auf denen bestimmte Gruppen – auch
Kommunalvertreter – diskutieren, welche
Vorschriften man streichen könne.
Gunther Adler dazu lakonisch: „Im
Jahr 2016 waren Herr Josten und ich auf
einem Podium. Dort hat er unter ande-
rem von der Bereinigung von Gesetzen
gesprochen und davon, dass eine Bauge-
nehmigung als erteilt gelten sollte, wenn
derjenige, der einen Bau beantragt, nicht
innerhalb von zwölf Wochen Nachricht
von der Genehmigungsbehörde erhalten
hat. Meine Mitarbeiter versicherten mir
jedoch, dieses Projekt sei verschoben wor-
den bis zum Jahr 2020/2021.“
Baukindergeld erfüllt seinen Zweck
Dass das Baukindergeld ein Impuls sein
soll zur Schaffung neuen Wohnraums,
war nie versprochen worden. Ziel war
vielmehr, dass wir mehr Investitionen in
Populismus 2: Der Mietendeckel
Disku-
tiert wird in Berlin der so genannte Mie-
tendeckel. Es wird der Eindruck erweckt,
man könne mit diesem Instrument sehr
kurzfristig der Preisspirale auf dem Miet-
wohnungsmarkt entgegenwirken. Diese
Annahme beruht auf der Meinung, mit
dem Übergang des sozialen Wohnungs-
baus auf die Länder 2007 könnte auch das
Mietrecht übergegangen sein. Dies ist eine
absoluteMindermeinung. Eine Politik, die
auf einer solchenMindermeinung beruht,
ist verantwortungslos.
Die Niederlande als großes Vorbild?
In den Niederlanden wird keine Grund
erwerbsteuer gezahlt, eine höhere Eigen-
kapitalquote beim Erwerb von Eigentum
Immobilienwirtschaft und
Politik: Viele Baustellen
DIE DISKUTANTEN V.L.:
Prof. Dr. Winfried Schwatlo
FRICS, Vorstand der ICG
Michael Nagel,
Vorsitzender
der Geschäftsführung der LBBW
Immobilien-Gruppe
Han Joosten,
Leiter Markt-
forschung, BPD Immobilienentwicklung
Gunther Adler,
ehem. Staatsse-
kretär im Bundesbauministerium
Wolfgang Kubicki,
Vizepräsident
des Deutschen Bundestages
Thomas Zinnöcker,
Vorstands-
vorsitzender des ICG
ICG-LOUNGE
Wolfgang Kubicki (Bild rechts)
erzählte eine eindrückliche Schote:
Wie der Bezirk nicht bauen durfte,
weil dem Bund die Kompetenz
dazu fehlte, Kompensations-
Toilettenhäuschen auf dem
Bezirksgrundstück zu finanzieren.
Die Lösung dieses föderalistischen
Lehrstücks gelang durch direkte
Intervention des Redners beim
Bundesrechnungshof.
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