Immobilienwirtschaft 6/2018 - page 49

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6.2018
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FALL:
Ein Eigentümer betreibt in seiner Teileigentumseinheit eine Gaststätte. In der
Teilungserklärung ist eine Nutzung als Laden vorgesehen. Seit 2014 erstreckt sich der
Betrieb auch auf eine mit einem Zelt umgrenzte Außenterrasse, die auf städtischem
Grund liegt und etwa 50 Plätze aufweist. In einer Eigentümerversammlung im Jahr 2015
wurde der Beschluss gefasst, auf Unterlassung der Nutzung als Gaststätte zu klagen. Die
Klage war erfolgreich.
ENTSCHEIDUNG:
Eine Nutzung als Gaststätte ist laut Teilungserklärung unzulässig. Der
Unterlassungsanspruch war auch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der
Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin
bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde
sein Recht nicht mehr geltend machen. Die Erweiterung des Gastronomiebetriebes in
den Außenbereich hinein führt aufgrund der Anzahl von rund 50 Sitzplätzen und dem
damit verbundenen Lärm zu einer im Vergleich zu der bis dahin erfolgten Nutzung
erhöhten Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer und damit zum Entstehen eines
diesbezüglichen Unterlassungsanspruchs. Der Vertrauenstatbestand kann nicht durch
bloßen Zeitablauf geschaffen werden.
FAZIT:
Über welchen Zeitraummuss die zweckbestimmungswidrige Nutzung anhalten?
Das hängt von denMaßgaben des konkreten Einzelfalls ab. Der Sachverhalt wäre anders
zu beurteilen gewesen, hätte der Restaurant-Besitzer den Außenbetrieb der Gaststätte
unterlassen. Jetzt hatte aber das so genannte Zeitmoment erneut zu laufen begonnen.
UNTERLASSUNGSANSPRÜCHE
Keine Verwirkung bei bloßer
Untätigkeit
Wird durch eine Störung des Eigen­
tums ein neuer Unterlassungs­
anspruch ausgelöst, ist für den Beginn
der für die Annahme einer Verwirkung
erforderlichen Zeitspanne in der Regel
auf den Zeitpunkt der Anspruchsent­
stehung abzustellen. Eine Verwirkung
eines Rechts kommt nur in Betracht,
wenn sich der Verpflichtete aufgrund
eines Verhaltens des Berechtigten
darauf einrichten durfte und einge­
richtet hat, dass das Recht nicht mehr
geltend gemacht wird.
BGH, Urteil v. 15.12.2017, V ZR 275/16
SELBSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN
Vorbefassung der Gemein-
schaft nicht erforderlich
Die Durchführung eines gegen die
übrigen Eigentümer gerichteten
selbständigen Beweisverfahrens über
Mängel am Gemeinschaftseigentum
setzt nicht voraus, dass der antragstel­
lende Eigentümer sich zuvor um eine
Beschlussfassung der Eigentümerver­
sammlung über die Einholung eines
Sachverständigengutachtens zu den
behaupteten Mängeln bemüht hat.
Für die Durchführung eines selbststän­
digen Beweisverfahrens ist lediglich
ein rechtliches Interesse daran erfor­
derlich, dass die Ursache eines Sach­
mangels bzw. der Aufwand für dessen
Beseitigung festgestellt wird.
BGH, Beschluss v. 14.03.2018, V ZB 131/17
LEITUNGSWASSERVERSICHERUNG
Übertragung der Selbstbetei-
ligung auf einen Eigentümer
Die Beschlusskompetenz einer
Gemeinschaft zur Übertragung der
Kosten der Selbstbeteiligung einer Ge­
bäudeversicherung auf einen Eigentü­
mer für einen Leitungswasserschaden
im Bereich seines Sondereigentums
folgt aus § 16 Abs. 3 WEG. Der Be­
schluss, die Selbstbeteiligungskosten
auf den Eigentümer zu überantwor­
ten, in dessen Sondereigentum ein
Leitungswasserschaden aufgetreten
ist, widerspricht aber ordnungsge­
mäßer Verwaltung, wenn die Haftung
verschuldensunabhängig bei jeglicher
Verursachung des Schadens im Bereich
des Sondereigentums eingreift.
AG Lemgo, Urteil v. 13.11.2017, 16 C 17/17
KEINE BESCHRÄNKUNG
Trampolin im „Ziergarten“
ist erlaubt
Nach der Teilungserklärung ist eine
Nutzung nur als Ziergarten gestattet.
Die Nutzung der Gartenfläche durch
das zeitweilige Aufstellen des Tram­
polins steht den Bestimmungen der
Teilungserklärung nicht entgegen. Das
Gericht konnte den Begriff des „Zier­
gartens“ nicht dahingehend auslegen,
dass damit eine Beschränkung auf das
Anpflanzen optisch erbaulicher Pflan­
zen verbunden ist und dass Kinder
in dem Garten nicht spielen dürfen.
Dürfen Kinder in diesem Bereich spie­
len, so kann grundsätzlich auch ein
Spielgerät aufgestellt werden.
AGMünchen,Urteilv.08.11.2017,485C12677/17WEG
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