Immobilienwirtschaft 6/2018 - page 59

59
0
6.2018
weil Probleme erst spät erkannt werden.
Im besten Fall wird das 3D-Modell des
Gebäudes mit nicht-geometrischenDaten
wie Kosten, Terminen und technischen
Informationen verknüpft, die heute meist
verstreut bei den vielen am Bau Beteilig
ten vorliegen. Dadurch, dass BIM über
den Bauprozess hinaus auf die gesamte
Lebenszeit des Gebäudes ausgedehnt
wird, kann man schon in der Planungs-
phase aber auch den Energieverbrauch
optimieren.
Hier kommt die Kunst der Datenana-
lyse zum Einsatz oder setzt Big Data an:
Die großenDatenmengenwerden anhand
eines Such-Algorithmus auf Zusammen-
hänge überprüft. Dazu notwendig ist eine
Kombination mehrerer Disziplinen, von
klassischer Informatik über Data Science
bis hin zu künstlicher Intelligenz.
Richard Ranftl von der KPMG hat mit
demSegment „Retail-Immobilien“ ein
„Big Data“ ist in aller Munde. In der Immobilienbranche sehen Marktforscher in
dieser Technologie noch einen Nischenmarkt. Zwar sind in der Tat jede Menge Daten
verfügbar, doch wird daraus auch ein Mehr an Informationen gezogen?
Reports gibt es in der Regel nicht.“ Und
überraschend große Datenmengen wür-
den auch nicht zusammenkommen.
Kernfrage sei außerdem, wie die Da-
ten richtig genutzt und wie daraus Smart
Data – also intelligente und aussagekräfti-
ge Informationen – gefiltert werden kön-
nen. Denn nur wahllos sammeln führt
zu keinem Erfolg. „Die große Gefahr bei
Big Data ist, dass Daten unreflektiert ins
Unternehmen fließen. Indem ich alle nur
möglichen Daten in das Unternehmen
pumpe, besteht das Risiko, mich in die-
sen Daten zu verlieren“, so Richard Ranftl.
„Ich brauche ein klares Verständnis dafür,
dass Daten nicht per se ein Benefit sind,
sondern nur, wenn ein passender Use Case
zugrunde liegt. Big Data ist immer eine
Folge von Fragestellungen, die ich beant-
wortet haben will, und nicht umgekehrt.
Ansonsten ziehe ich keinen monetären
Vorteil aus BigData. Das Konzept ist wich-
tig, nicht die Technik alleine.“
BIM wird auf die
gesamte Lebenszeit des
Gebäudes ausgedehnt.
So wird schon in der Pla-
nungsphase der Energie-
verbrauch optimiert
Ein gutes Beispiel für die zunehmende
Digitalisierung und damit wachsende Da-
tenberge sehen beide Experten im Buil-
ding Information Modeling (BIM), also
der Optimierung von Gebäudetechnolo-
gie. Das Herz von BIM ist ein virtuelles
Modell mit allenDaten rund umPlanung,
Bau sowie Betrieb und Instandhaltung –
der immerhin längsten Phase im Lebens-
zyklus eines Gebäudes. Dieser digitale
Zwilling soll helfen, die Prozesse besser
aufeinander abzustimmen. Denn oftmals
muss für viel Geld nachgebessert werden,
Sprachaufzeichnungen. Velocity zu guter
Letzt bezeichnet die Geschwindigkeit, mit
der Daten – am besten in Echtzeit – ge-
neriert, ausgewertet und weiterverarbeitet
werden können. Zu den ursprünglichen
drei Vs kamen im Laufe der Zeit weitere
Eigenschaften wie etwa Veracity (Richtig-
keit der Daten), Validity (Aussagekraft),
Visibility (Sichtbarkeit) oder Value (unter-
nehmerischer Mehrwert) hinzu, die sich
gegenseitig beeinflussen bzw. bedingen.
Damit soll Big Data genauere Pro-
gnosen, mehr Markttransparenz, dank
schnellerer und komplexerer Analysen
auch schnellere Entscheidungen und ei-
nen verbessertenKundenservice erlauben.
Aus Sicht von Experten steckt BigData
in der Immobilienbranche aber noch in
den Kinderschuhen. Für Dr. Eva Luig,
Stellvertretende Vorsitzende des ZIA-
Ausschusses Recht, ist Big Data einThema
– wenn auch nur in dem Sinne, dass die
Unternehmen der Immobilienwirtschaft
noch nicht dafür gerüstet sind oder dem
Thema kritischgegenüberstehen.DerZen-
trale Immobilien Ausschuss e.V. gehört zu
den bedeutendsten Interessenverbänden
der Branche und ist die Stimme für rund
37.000 Unternehmen. „Man kann in der
Immobilienbranche statt von Big Data
eher von Small Data sprechen. Zwar gibt
es – je nach Branchenzweig – große Da-
tenmengen, diese sind aber in der Regel
noch nicht vernetzt oder strukturiert.“
Auch nach Meinung von Richard
Ranftl, Manager Consulting bei der
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaft, ist „Small Data“ der passendere
Begriff. „Berichte werden meist auf Basis
von Datenanalysen – Stichpunkt Business
Intelligence – aus ERP-Datenbanken in
Excel aufbereitet und als PDF verarbei-
tet“, weiß er aus seiner Projekterfahrung.
„Um beispielsweise Monatswerte zu ver-
gleichen, werden im schlimmsten Fall die
PDF als Ausdrucke zum Abgleich neben-
einandergelegt. Wirklich aussagekräftige
»
Smart Data braucht eine
Kombination mehrerer
Disziplinen, von klassi-
scher Informatik über
Data Science bis hin zu
künstlicher Intelligenz.
1...,49,50,51,52,53,54,55,56,57,58 60,61,62,63,64,65,66,67,68,69,...76
Powered by FlippingBook