Immobilienwirtschaft 6/2018 - page 63

63
0
6.2018
Der Kohleausstieg hat Konsequenzen für Immobilien unterschiedlicher Nutzung: Der aktuelle
ordnungsrechtliche Rahmen passt hinsichtlich Rechtssicherheit, Planbarkeit und Bestands-
schutz nicht mehr zur Marktwirklichkeit. Er bedarf der Überprüfung und Neujustierung.
tor der Fernwärme (Pef) wesentlich –
zum anderen kann es sein, dass dann die
Fernwärme die Anforderungen einer Er-
satzmaßnahme im Sinne des EEWärmeG
nicht mehr erfüllt. Potenziell betroffen
sind somit sämtliche Bauvorhaben fern-
wärmeversorgter Gebäude im Anwen-
dungsbereich von EnEV und EEWärmeG.
Ersatzwärmeversor-
gung führt zu signifikant
höheren Kosten
Bereits im vergangenen Jahr 2017 er-
folgte im Betrieb des Blocks 5 auch ohne
temporäre Stilllegung dieWärmeauskopp-
lung unregelmäßig. In der Folge musste
die Ersatzwärmeversorgung der SWH im
letzten Jahr 188 Mal hoch- und herunter-
gefahren werden. Diese Betriebsführung
führt zu signifikant höheren Kosten. Zu-
gleich verschieben sich der Pef und der
Anteil der inKWK erzeugtenWärmemen-
ge zum Nachteil der Kunden der SWH.
(Siehe oben „Belieferung Fernwär-
»
Gebäudequalität bei Planung, Neubau
und Sanierung. Die SWH verfügen zwar
über zwei erdgasbasierte Heizwerke – so-
mit ohne KWK –, die für eine Not- oder
Reserveerzeugung für den Fall vorgehal-
ten werden, dass es im Kraftwerk Stau-
dinger zu Störungen kommt oder Block 5
planmäßig in Revision geht. Doch diese
sind ausdrücklich nicht für den Dauer-
betrieb konzipiert, sondern bestenfalls
für Stunden oder Tage. Weiterhin sind
die SWH verpflichtet, die von Uniper er-
zeugte Wärme abzunehmen – ein Recht
auf Belieferung besteht hingegen nicht.
Und im Unterschied zu einer Havarie im
Block 5 vom Mai 2014 handelt es sich bei
der jetzigen geplanten Abschaltung nicht
um eine Notsituation, sondern um eine
einseitige, kalkulierte Unternehmensent-
scheidung vonUniper zu Lasten der SWH.
Selbst wenn die SWH auch in der
neuen Situation die Wärmeversorgung
mit ihren Not- und Reserveeinrich-
tungen erneut erfolgreich aufrechterhält,
bleibt die Aussage der offiziellen Uniper-
Pressemitteilung unzutreffend. Zumeinen
verschlechtert sich der Primärenergiefak-
terfragen ist. Seit Jahrzehnten beziehen
etwa die StadtwerkeHanauGmbH (SWH)
die Abwärme aus der Kohleverstromung
von E.ON/Uniper. Sie verteilen diese als
Fernwärme in ihrem Versorgungsge-
biet. Derzeit besteht ein Liefervertrag bis
2024. Somit verlassen sich nicht nur die
Stadtwerke, sondern auch Bauherren, Be-
standshalter und Fernwärmekunden auf
eine gesicherte ganzjährigeWärmeversor-
gung aus dem Großkraftwerk.
Von der Stilllegungsabsicht hat selbst
die Geschäftsführung der SWH als
größter Abnehmer von Wärme aus dem
Kraftwerk nur durch die oben erwähnte
offizielle Pressemitteilung erfahren. Deren
Inhalt, unter namentlicher Berufung auf
den Vorstand, ist nicht nur fragwürdig,
sondern unzutreffend. Wörtlich heißt es
dort: „Die Fernwärmeversorgung ist von
der Anzeige nicht betroffen und während
der Stillstandmonate sichergestellt.“ Die-
se bemerkenswerte Fehlleistung in Sachen
Unternehmenskommunikation verkennt
die Sachzusammenhänge und Wechsel-
wirkungen zwischen Wärmeauskopplung
und Anforderungen an die energetische
BELIEFERUNG FERNWÄRME
Lag im Jahr 2016 die Eigenerzeugung der SWH noch
bei 16 Prozent des Gesamtfernwärmebedarfs, wurde
dieser Anteil bereits in 2017 mit etwa 30,5 Prozent
nahezu verdoppelt.
2016
2017
Stadtwerke Hanau (SWH)
Kraftwerk Staudinger
Leitwarte eines Heizwerkes
der Stadtwerke Hanau
(SWH). Diese verfügen für
Notfälle über zwei erdgas-
basierte Heizwerke.
1...,53,54,55,56,57,58,59,60,61,62 64,65,66,67,68,69,70,71,72,73,...76
Powered by FlippingBook