Immobilienwirtschaft 5/2018 - page 52

52
TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
zusammengestellt, die sich mit möglichen praxisnahen Anwen-
dungen beschäftigt. „Vor allem konzentrieren wir uns dabei auf
Verfahren sowie Prozesse beim Planen, Bauen und Betreiben.
Wir wollenmöglichst zeitnah zu praxisbezogenenAnwendungen
kommen“, so Vorstandsmitglied Steffen Szeidl.
„Wo BIM, wie bei uns, praktiziert wird, ist der Schritt zu
Blockchain nicht weit“, so Jan-OliverMeding, Geschäftsführender
Gesellschafter, Hamburger ArchitekturbüroMPPMeding Plan +
Projekt GmbH, Hamburg. „Wir sehen für die Zukunft drei große
Potenziale: 1.) Automatisch aktualisierte Leistungsverzeichnisse,
die die Erfüllung des Vertragssolls transparent machen 2.) Ver-
knüpfung mit einer wachsenden Zahl an Projektparteien wie Be-
hörden, Banken oder Versicherungen 3.) Direkte Liquidationen
per Kryptowährung – exakt ausgerichtet am Projektfortschritt.“
Herr Kemmann, Sie sind vor
einem halben Jahr bei der LEG
eingestiegen, warum?
Weil ich
gerade in der Wohnungswirtschaft
ein riesiges Innovationspotenzial
sehe, das in den nächsten Jahren
gehoben werden kann. Die Block-
chain ist hier ein wichtiges Ele-
ment. Zustände, Vereinbarungen
und Prozesse in der analogen Welt
bekommen sozusagen einen digi-
talen Zwilling zugeordnet. Die LEG
sieht sich als Innovationsvorreiter,
das ist sehr spannend.
Wir haben das Thema digitaler
Zwilling auch bei Building
Information Modeling BIM.
Diese Technologie hat jedoch
in Deutschland den Markt noch
längst nicht durchdrungen. Wa-
rum soll das bei der Blockchain
anders sein?
Weil die Blockchain
Unternehmen und Kunden in
der Immobilienwirtschaft einen
konkreten Nutzen bringen wird.
Sie wirkt wie ein Turbo für Ge-
schäftsprozesse. Nehmen Sie etwa
das Vermietungsgeschäft. Mit der
Blockchain wird es für Mietinte-
ressenten wesentlich leichter, eine
Wohnung zu finden, die genau zu
ihren Ansprüchen passt …
Können Sie ein paar Beispiele
geben?
Generell besteht die
Power der Blockchain darin, dass
sie langwierige Prozesse einspart
und so Zeit schafft für andere
Aufgaben. Beispiele dafür gibt es
viele: So werden durch die Block-
chain etwa Vertragsprüfungen
hochautomatisiert und dadurch
blitzschnell. Die Durchlaufzeit beim
Mietvertrag bis zur beidseitigen
Unterzeichnung kann heute schon
länger als eine Woche dauern.
In einem Pilotprojekt führen wir
bei der LEG gerade den digitalen
Mietvertrag ein. Wir konnten die
Laufzeit auf zwei Tage verkürzen.
Wenn wir das Ganze später durch
die Blockchain ersetzen, reden wir
noch über zwei Minuten! Bei Woh-
nungsübergaben sind Übergabe-
protokolle auf Knopfdruck möglich.
Und Schadensmeldungen werden
direkt vom Gerät gemeldet.
Wo wäre mehr Transparenz in
der Wohnungswirtschaft wich-
tig?
Etwa bei der Betriebskosten-
abrechnung. Viele Mieter würden
sicher gern einmal unterjährig se-
hen wollen, wo sich ihr Mietkonto-
stand befindet. Mit der Blockchain
ist so ein Abruf der Betriebskosten
per Knopfdruck möglich. Wenn
Stromzähler, Heizungszähler, Was-
serzähler etc. über das „Internet
der Dinge“ verbunden sind und
dies alles vernetzt ist, lässt sich
der Mietkontostand mithilfe der
Blockchain problemlos in Echtzeit
abbilden und übermitteln.
Das alles steht ja noch nicht
unmittelbar vor der Tür. Wie
bereiten Sie sich vor?
Wir haben
beispielsweise gerade das Pilot-
projekt „Global Connect“ gestartet,
das automatisch Heizungsausfälle
erkennt und mögliche Defekte
meldet, noch bevor die Mieter
überhaupt merken, dass ihnen kalt
wird. Die Blockchain, die alle Ge-
räte und Marktteilnehmer vernetzt,
könnte im nächsten Schritt den
gesamten Prozess noch schneller
machen und zudem alle Schritte
eindeutig dokumentieren.
Warum haben Sie die Block-
chain noch nicht eingerichtet,
wenn doch so vieles dafür
spricht?
Weil wir dafür erst die
Vernetzung vieler Dinge mit dem
Internet brauchen. Erst die gibt
den Blockchain-Technologien den
nötigen Treibstoff für viele sinn-
volle Anwendungen. Es wird hier
in den nächsten Jahren mit einem
massiven Durchbruch gerechnet.
Das wird viele tradierte Ge-
schäftsmodelle durcheinander-
wirbeln.
Darauf stellen wir uns
schon heute ein. Bei unserer Leer-
wohnungssanierung etwa arbeiten
unsere Mitarbeiter bereits heute
elektronisch. Mit dem Programm
Doozer können sie nötige Sanie-
rungsarbeiten auf ihrem Tablet
Wohnungswirtschaft: Den Kundenservice auf ein neues Level heben
INTERVIEW
MIT HARALD KEMMANN
Harald Kemmann leitet seit
2017 den Bereich Innovations-
management bei der LEG in
Düsseldorf. Zuvor arbeitete der
studierte Diplom-Ingenieur in
Führungspositionen unterschied-
licher Branchen, zuletzt als
Leiter Innovationsmanagement
bei der RWE Effizienz und als
Teamleiter Insights & Ideation
bei der innogy Innovation.
Blockchain: Über das, was
es schon gibt, und das, was
kommen wird, ein Gespräch
mit LEG-Innovationsmanager
Harald Kemmann.
„Wir sehen die Block-
chain als Chance,
in Zukunft schneller
zu werden und den
Mietern noch mehr
Nähe zu bieten.“
1...,42,43,44,45,46,47,48,49,50,51 53,54,55,56,57,58,59,60,61,62,...76
Powered by FlippingBook