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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
Alles wird smart, Städte, Autos, Häuser. In vielen Ländern wird
mit der Blockchain bereits experimentiert. Und in vielen Bran-
chen. Ja, es gibt Webseiten, die sich auf das Thema Immobilien-
transaktionen per Kryptowährungen spezialisiert haben (etwa
bitcoin-realestate.com). Und ja, es hat laut Thomas Schroeter be-
reits die eine oder andere Transaktion auf dem ImmoScout-Portal
gegeben, bei der eine Immobilie per Bitcoin gehandelt wurde.
Dass Immobilien mit Euros, Dollars, Butterbroten – und
natürlich auch mit Bitcoin – bezahlt werden können, wenn Ver-
käufer und Käufer einverstanden sind, ist durchaus neu – eine
Revolution ist es jedoch nicht. Die Bemühungen der neuen Bun-
desregierung umden Breitbandkabelausbau sindmöglicherweise
mit ein Grund für den Hype, der um die Blockchain gemacht
wird. Im Koalitionsvertrag kommt dieses Wort allein sieben Mal
vor. Noch vor wenigen Jahren waren die Bemühungen von Ka-
tarina Adam (siehe Interview unten), die Technologie in einem
abgegrenzten Feld zu erproben, im Sande verlaufen.
Doch das scheint sich nun zu ändern: Es ist von einer umfas-
senden Blockchain-Strategie die Rede, die die Große Koalition
entwickelnwill. DasThema ist politisch gewollt. Aber selbst wenn
Frau Prof. Adam, in Schweden
gibt es bereits einen ersten
Probelauf, die Blockchain für
das Katasterwesen zu nutzen.
Wie weit sind wir in Deutsch-
land?
Ich selber begleite ein
Projekt für Deutschland hier, das
ist mit dem Bundesjustizministe-
rium und der Notariatskammer
besprochen worden, kommt aber
nicht recht vom Fleck.
Woran hakt es?
Am Geld. Uns
wird in Deutschland kein Testbe-
reich angeboten, den es braucht,
um erste Erfahrungen zu machen.
Wer bietet ihn uns an? Kasachstan.
Aber ich kämpfe für die Lösung in
Deutschland.
Wann wird die Blockchain denn
Standard?
Schneller, als das
im Moment vielleicht noch alle
denken. Denn es ist nicht mehr
nachzuvollziehen, dass wir bei die-
sen hohen Immobilienwerten we-
nigstens zwei Wochen brauchen,
um eine Auflassungsvormerkung
zu beantragen. In Ballungsgebie-
ten können das auch leicht zwölf
Wochen werden. Auch die Tatsa-
che, dass Prozessbeteiligte keinen
Überblick darüber haben, wo sich
der Prozess gerade befindet, ist
längst nicht mehr zeitgemäß.
Und was, wenn wir in Deutsch-
land weiter so zurückhaltend
mit den neuen Möglichkeiten
der Digitalisierung umgehen?
Dann bekommen wir die Stan-
dards von außen vorgesetzt. Und
zwar von den Googles, Apples und
Facebooks dieser Welt. Wenn es
für dieses wichtige Thema kein
Geld gibt, bedeutet das natürlich
nicht, dass die Technologie hier
nicht eingeführt wird. Die Start-ups
um uns herum arbeiten doch
schon an Lösungen.
Welche Prozesse sind so
relevant, dass sie über eine
Blockchain abgewickelt werden
müssen?
Das müssen Unterneh-
men selbst entscheiden. Unser
Start-up hat zum Beispiel eine App
entwickelt, wo sich Vermieter und
Mieter die Wohnungsübergabe di-
gitalisieren lassen. Der Wohnungs-
grundriss, die Wände, die Türen,
alles wird erfasst und digitalisiert.
Das müsste man nicht unbe-
dingt auf einer Blockchain
haben?
Deshalb ist immer eine
Prozessanalyse wichtig. Bei
bestimmten Teilbereichen macht
es Sinn, die Daten so zu fixieren,
dass sie im Nachhinein nicht mehr
geändert werden können, und das
kann durch eine Blockchain-Lösung
geschehen. Bei vielen Prozessen
reichen die normalen digitalen
Datenbanklösungen aus. Eine sol-
che Lösung ist nur dann sinnvoll,
wenn sie einen Mehrwert für das
Unternehmen generiert.
Was sollte ein Immobilienun-
ternehmen in puncto Digitali-
sierung und Blockchain-Lösung
beachten?
Erster Schritt muss
immer sein zu prüfen, wie weit
die Digitalisierung im Unterneh-
men angekommen ist. Dann muss
analysiert werden, welcher dieser
digitalen Prozesse mit so sensiblen
Daten unterfüttert ist, dass eine
Blockchain-Lösung sinnvoll ist. Die
kostet nämlich noch viel Geld. Es
kann im Übrigen auch ausreichen,
einzelne Zwischenschritte in einem
Parallelbereich laufen zu lassen
und nur das Endresultat auf die
Blockchain zu packen.
Werden sich Berufsbilder durch
die Technologie verändern?
Ja, wenn Prozesse schlanker und
effizienter werden, kann das auch
dazu führen, dass etwa Arbeits-
plätze von Sachbearbeitern in der
bisherigen Form so nicht mehr
nötig sein werden. Das kann auch
Auswirkungen auf die mittlere Ma-
nagementebene haben. Allerdings
sollten sich Beteiligte fragen, wie
sie sich im Bereich der Plattform-
Economy einbringen können. In
bestimmten Bereichen macht es
einfach Sinn, dass etwa der Notar
als Puffer zwischen zwei Parteien
existent ist.
„Immer erst die Prozesse analysieren ...“
INTERVIEW
MIT KATARINA ADAM
Prof. Dr.-Ing. Katarina Adam
unterrichtet seit April 2012 an
der HTW Berlin im Studiengang
Wirtschaftsingenieurwesen u.a.
Anwendungsmöglichkeiten der
Blockchain Technology. Zusätz-
lich ist sie seit Ende Dezember
2016 Co-Founderin des Start-ups
SIMMST, das für die Immobilien-
wirtschaft Blockchain-basierte
Digitalisierungstools anbietet.
Nicht für alles, was digitali-
siert werden kann, wird eine
Blockchain-Lösung benötigt,
meint die Hochschullehrerin
und Unternehmerin Katarina
Adam.