Immobilienwirtschaft 5/2018 - page 40

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Rechtsanwältin Constanze Becker
Fachanwältin für Miet- und Wohnungs-
eigentumsrecht, München
Maklerrecht
Verlauf. Die Maklerin stellte dem Bruder
eine Maklerprovision in Rechnung und
erwirkte gegen diesen ein rechtskräftig ge-
wordenes Urteil. Da der Käufer und Bru-
der des Beklagten vermögenslos war und
denKaufpreis nicht zahlen konnte, trat der
Verkäufer vom Kaufvertrag zurück. Der
Vertrag wurde rückabgewickelt. Sodann
stellte die Maklerin dem ursprünglichen
Kaufinteressenten die Provision in Rech-
nung. Weder der Bruder noch der ur-
sprüngliche Kaufinteressent zahlten die
Rechnung, weshalb die Maklerin Klage
einreichte.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Das Gericht
gab der Maklerin Recht. Der Kaufinte-
ressent schuldet gem. § 652 Abs. 1 BGB
die Zahlung der Maklerprovision. Es ist
unerheblich, dass nicht der ursprüngliche
Interessent, sondern dessen Bruder das
Objekt kaufte.
Nach § 652 Absatz 1 BGB steht einem
Makler ein Vergütungsanspruch nur zu,
wenn der beabsichtigte Vertrag tatsächlich
zustande kommt. Führt die Tätigkeit des
Maklers zumAbschluss eines Vertrags mit
anderem Inhalt, entsteht kein Anspruch
auf Maklerlohn. Nach der Rechtspre-
chung des BGH kommt eine Ausnahme
von diesem Grundsatz in Betracht, wenn
der Maklerkunde mit dem tatsächlich
abgeschlossenen Vertrag wirtschaftlich
denselben Erfolg erzielt. Beim Erwerb
des nachgewiesenen Objekts durch einen
SACHVERHALT:
Die klagende Maklerin
wurde von einem Kaufinteressenten mit
der Suche nach einer Immobilie beauf-
tragt. Die Maklerin wies dem Kunden ein
Wohn- und Gewerbeobjekt nach. Zudem
unterzeichneten die Parteien eine Nach-
weisbestätigung, nach der der Kunde sich
zur Zahlung einer Maklerprovision für
den Fall des Erwerbs oder der Anmietung
des Objekts „durch uns oder durch einmit
uns verbundenes Haus“ verpflichtet.
Nicht der beklagte Kunde, sondern dessen
Bruder gab einAngebot zumKauf des Ob-
jektes ab und erwarb dieses im weiteren
Dritten kann die wirtschaftliche Identität
der Verträge bejaht werden, sofern zwi-
schen demMaklerkunden und dem Drit-
ten eine besonders enge persönliche oder
besonders ausgeprägte wirtschaftliche
Beziehung besteht.
Maßgeblich für die Bejahung eines Provi-
sionsanspruchs ist, dass der Maklerkunde
imHinblick auf seine Beziehungen zu dem
Erwerber gegen Treu undGlauben versto-
ßen würde, wenn er sich darauf beriefe,
der ursprünglich von ihm erstrebte Ver-
trag sei nicht mit ihm, sondern mit einem
Dritten abgeschlossen worden.
Im hier vorliegenden Fall wurde durch
das enge Verwandtschaftsverhältnis da-
von ausgegangen, dass eine besonders
enge persönliche Verbundenheit besteht.
Die Zahlungsverweigerung des Kauf
interessenten verstößt hier gegen Treu und
Glauben. Der Beklagte wurde zur Zahlung
der Provision verurteilt.
PRAXISHINWEIS:
Entscheidend ist, dass
eine enge persönliche oder wirtschaft-
liche Verbindung des Maklerkunden mit
dem Dritten besteht. Die Entscheidung
ist richtig. Diese begründet sich aus der
herrschenden Rechtsprechung. Aus Sicht
des Maklerkunden tritt der gewünschte
wirtschaftliche Erfolg ein, auch wenn er
selbst das Objekt nicht erwirbt. Gegebe-
nenfalls muss er sich wegen der Provision
intern mit dem Käufer auseinandersetzen
und hier Vereinbarungen schließen.
«
Maklerprovision bei Dritterwerb (zum Beispiel durch den Bruder)?
1. Wird ein Objekt durch einen Dritten und nicht durch den Maklerkunden erworben, kann die wirtschaftliche Identität der
Verträge bejaht werden, sofern es zwischen beiden besonders enge persönliche oder wirtschaftliche Beziehungen gibt.
2. Maßgeblich für die Bejahung eines Provisionsanspruchs ist, dass der Maklerkunde im Hinblick auf seine Beziehungen
zum Erwerber gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn er sich darauf beriefe, der ursprünglich von ihm
erstrebte Vertrag sei nicht mit ihm, sondern mit einem Dritten abgeschlossen worden.
3. Bei einem Verwandtschaftsverhältnis (hier: der Bruder des Maklerkunden) ist grundsätzlich von der besonders engen
persönlichen Beziehung von Maklerkunden und „Drittem“ auszugehen.
BGH, Beschluss vom 14.09.2017 - I ZR 261/16
Provision, obwohl nicht der Kunde
kauft? Ausnahmsweise ja.
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