Immobilienwirtschaft 5/2018 - page 36

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
BUILDING INFORMATION MODELING
Obwohl das Bauen im Bestand vom Volumen her in Deutschland deutlich über
dem von Neubauprojekten liegt, steht der Einsatz der BIM-Methodik dabei noch
nicht im Fokus. Zu Unrecht! Denn BIM im Bestand (BiB) hat deutliche Vorteile
für den Bauherren. Deswegen, Bauunternehmer und Planer: Haben Sie das im
Blick! Ausschreibungen mit BIM beim Bauen im Bestand werden zunehmen. Nach
einem Runderlass des Bundesbauministeriums etwa sind Landesbauverwaltungen
verpflichtet, bei Umbau- und Erweiterungsbauten der öffentlichen Hand den
Einsatz von BIM zu prüfen. Das ist auch mehr als nur angemessen! Denn BiB führt
zu höherer Planungsqualität sowie Zeit- und Kosteneinsparungen. Auf Grundlage
eines objektorientierten 3D-Datenmodells des Bestandsgebäudes werden kon-
krete Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen modelliert. Sie werden zudem um
weitere Informationen wie Zeit (4D) und baukostenrelevante Eigenschaften (5D)
angereichert. Visualisierungstools und Kollisionskontrollen können sonst erst auf
der Baustelle erkennbare Fehler vorab identifizieren und belastbare Kosten- und
Zeitprognosen generieren.
Dabei ist das „3D-Aufmaß“ und die Überführung in ein BIM-Bestandsmodell Basis
und größte Herausforderung von BiB zugleich. Klar! Ist doch die manuelle Erstel-
lung des 3D-BIM-Modells aus häufig lückenhaften 2D-Bestandsunterlagen zeit- und
kostenintensiv. Diese Hürden können zu weiten Teilen mit 3D-Laserscan- und
photogrammetrischen Messverfahren überwunden werden. Bei der Erstellung eines
semantischen BIM-3D-Modells etwa aus einer Punktewolke hat die Softwareindustrie
erhebliche Fortschritte gemacht, indem sie automatisch Bauteile erkennt.
Und auch rechtlich ist BiB handhabbar. Doch Bestandsmaßnahmen haben Besonder-
heiten. So müssen etwa die integrative Arbeitsweise und die (prozess-)technischen
Eigenheiten beim Einsatz von BIM vertraglich abgebildet werden. Bei BiB ist zudem
ein verformungsgerechtes Aufmaß für das 3D-Bestandsmodell nicht immer erforder-
lich. Und mehr Aufmerksamkeit als bisher erfordern Fragen wie die Honorierung der
spezifischen Leistungen bei BiB. Hinzu kommen die Klärung von urheberrechtlichen
Fragen, die Zuweisung von Nutzungs- und Datenhoheitsrechten und die vergabe-
rechtskonforme Ausschreibung BIM-basierter Leistungen.
Bestandsmaßnahmen haben Besonderheiten
Tino Beuthan ist Rechtsanwalt
bei der Wirtschaftskanzlei CMS
Deutschland. Er ist spezialisiert auf
die rechtliche Begleitung sämtlicher
Digitalisierungsprozesse in der
Planungs-, Bau- und Immobilien-
branche. Sein besonderer Schwer-
punkt ist Building Information
Modeling (BIM).
„Das BIM-Modell muss
häufig nicht so ein hohes
Level of Detail wie Neu-
planungen aufweisen.
Das minimiert Kosten.“
Bauunternehmer und Planer, aufgepasst! Ausschreibungen
mit BIM beim Bauen im Bestand werden zunehmen.
Building Information Modeling ist auch hier längst nicht
mehr nur Zukunftsmusik.
Kommentar
Tino Beuthan
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