Immobilienwirtschaft 5/2018 - page 28

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
KOLUMNE
eine städtische Entwicklungsgesellschaft sind für die Qualität der
15 Rekonstruktionen und 20 Neualtbauten verantwortlich. Auf
der U-Bahnstation und der Tiefgarage sind schöne, irrationale
Räume entstanden. Die Bebauung orientiert sich amhistorischen
Stadtgrundriss mit seinen engen Gassen und Plätzen und den
auf kleinen Parzellen stehenden Altstadthäusern. Schön, wie die
Häuschen an den Dom heranrücken. Und plötzlich wirkt das
Dömchenmit seinemMiniturmnicht mehr zu klein. Auch wenn
eine Pergola nervt, entstanden dabei um die Schirn enge, urbane
Zwischenräume. Diese Kleinstteiligkeit führt zu großer formaler
Vielfalt und abwechslungsreichen Räumen. Kaum ein Projekt
hat in Frankfurt so viel Begeisterung und Zuneigung innerhalb
der Bevölkerung entfacht wie diese Miniaturmischung aus 6.000
Quadratmeter Gewerbe, 12.000 Quadratmeter Wohnen und
3.000 Quadratmeter Kultur.
Die 80 Wohnungen, um die es geht, wurden für 5.000 bis
7.000 Euro pro Quadratmeter an ein breites Bewerberfeld ver-
lost. Leider überzeugen mich gerade die neuen Entwürfe nicht.
Ein paar Regenfallrohre auf der Fassade ersetzen noch keine
anspruchsvolle, zeitgenössische Architektur. Kaum sind die
Fassaden ausgerüstet, soll das Vorhaben erweitert und Vorbild
für andere Projekte werden. Wer einmal von dem süßen Brei
gekostet hat …
Aber warum? Es geht in vielen Diskussionen um die Mitte
der Bürgergesellschaft, den Gral der Demokraten, es geht umdie
U
mmich tost der Jubel der begeistertenGäste imSchützenzelt
auf dem Oktoberfest. Mein Blick schweift von der Galerie
über die nahezu komplett in zünftige Trachten gekleidete
Partygemeinde. Es sind Tausende allein in diesem Zelt. Auch
mein bayrischer Gastgeber wundert sich über so viel globale
Hingabe an die krachledernen Traditionen der Region und klärt
mich auf: Also, in den 70ern, in unserer Jugend, sind wir hier
noch alle in Jeans unterwegs gewesen. Heute empfindet er diese
Trachtenshow als Maskerade.
Ist es einfach eine Art Karneval und die Freude daran, in
eine andere Identität zu schlüpfen? Heute fesches Madl, morgen
dicke Deern? Aber auf der Wiesn sind alle in ähnlichen Trachten
unterwegs, möglichst traditionell. Hier geht es darum, Teil einer
Gemeinschaft zu sein, es geht um durch Traditionen gestärkten
Zusammenhalt und Gruppenzugehörigkeit. Ich komme da emo-
tional nicht mit. Die jubelnden Massen in ihren traditionellen
Uniformen gehen mir durch den Kopf, während ich die neue
Altstadt in Frankfurt besichtige.
Sieben Jahre ist es her, dass das brutalistische neue Rathaus
in Frankfurt abgerissen worden ist. Keiner vermisst es. In die
Planung und den Bau der neuenAltstadt ist genauso viel Hingabe
und kontroverse Diskussion geflossen wie in den Wiederaufbau
des Berliner Schlosses. Mittlerweile sind in Frankfurt zwischen
Dom und Römer 35 blitzblanke Giebelhäuschen mit Schindel-
dach entstanden. Ein Gestaltungsbeirat mit eigener Satzung und
Reenactment
Foto: Dirk Weiß
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