Immobilienwirtschaft 5/2018 - page 44

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht & Co.
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
sentlichen demVermieter Recht. Setzt der
Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Ge-
brauch der Mietsache fort, so verlängert
sich das Mietverhältnis auf unbestimmte
Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei ih-
ren entgegenstehenden Willen innerhalb
von zwei Wochen dem anderen Teil er-
klärt (§ 545 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Wi-
derspruchserklärung kann bereits mit der
Kündigung erklärt werden. Die Erklärung
muss eindeutig sein. Die Entscheidung, ob
eine außerordentliche Kündigung des Ver-
mieters bereits die Erklärung beinhaltet,
die Fortsetzung des Vertrags abzulehnen,
hängt von den Umständen des Einzelfalls
ab. Maßgebend sind das Gewicht der Kün-
digungsgründe und die Bedeutung, die
FAKTEN:
Zwischen den Parteien bestand
ein befristeterMietvertrag über Büro- und
Lagerräume, die vomMieter zum Betrieb
eines Getränkehandels genutzt wurden.
Der Vermieter kündigte später fristlos.
Das Kündigungsschreiben enthielt fol-
genden Satz: „Sie sollten uns die Räume in
vertraglichemZustand bis zum30.01.2013
herausgeben!“ Der Mieter räumte zu-
nächst nicht, erklärte aber seinerseits die
Kündigung. In der Folgezeit standen die
Räume ca. 21 Monate leer. Der Vermie-
ter nimmt den Mieter auf Zahlung einer
Nutzungsentschädigung bzw. eines Kün-
digungsfolgeschadens in Anspruch. Das
Berufungsgericht wies die Klage ab. Der
BGH hob das Urteil auf und gab im We-
Urteil des Monats:
Kündigungsfolgeschaden – Stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses
Eine die stillschweigende Verlängerung eines Mietverhältnisses nach Ablauf der Mietzeit hindernde Widerspruchs-
erklärung, die Fortsetzung des Vertrags abzulehnen, kann schon vor Beendigung des Mietverhältnisses und damit
jedenfalls auch mit der Kündigung erklärt werden. In einem Räumungsverlangen kann eine solche konkludente
Widerspruchserklärung liegen.
BGH, Urteil v. 24.01.2018, XII ZR 120/16
FAKTEN:
Der Mieter bezog vom Jobcenter Leistungen für Kosten der Unterkunft und
Heizung nach dem SGB II. Er hatte beantragt, dass diese Leistungen unmittelbar an den
Vermieter zu zahlen sind. Das bisherige Mietverhältnis endete. Gleichwohl zahlte das
Jobcenter die Miete an den Vermieter. Es verlangte das Geld von ihm zurück. War die
Zahlung der Miete als „Leistung“ des Jobcenters oder als „Leistung“ des Mieters anzuse-
hen? Als Leistung des Mieters gilt die Zahlung, wenn der Mieter das Jobcenter anweist,
die Miete unmittelbar an den Vermieter zu zahlen. Ausnahme: Zahlt das Jobcenter zu
einem Zeitpunkt, zu dem der Mieter die Zahlungsanweisung bereits widerrufen hat,
steht dem Jobcenter ein Bereicherungsanspruch zu. Das war hier der Fall.
FAZIT:
Die dargestellte Rechtslage ist insbesondere dann von praktischer Bedeutung,
wenn demVermieter eigene Ansprüche gegen denMieter – z. B. auf Schadensersatz we-
gen Beschädigung der Mietsache – zustehen. Steht der Bereicherungsanspruch nämlich
dem Jobcenter zu, kann der Vermieter seine Ansprüche nicht aufrechnen.
MIETZAHLUNG DURCH JOBCENTER
Was gilt bei rechtsgrundloser
Überweisung?
Hat das Jobcenter das dem Mieter
zustehende Arbeitslosengeld II verse-
hentlich auch noch nach der Beendi-
gung des Mietverhältnisses im Wege
der Direktzahlung an den bisherigen
Vermieter gezahlt, kann es von die-
sem unmittelbar die Herausgabe der
Zuvielzahlung verlangen.
BGH, Urteil v. 31.01.2018, VIII ZR 39/17
der Vermieter ihnen nach dem Inhalt der
Erklärung beigemessen hat. Für den Ent-
scheidungsfall führt der BGHaus, dass das
oben imWortlaut wiedergegebene Schrei-
ben eine Räumungsaufforderung enthalte.
FAZIT:
Dem Vermieter obliegt die Scha-
densminderungspflicht. Hier standen die
Räume fast 21 Monate leer. Deshalb stellt
sich die Frage, welche Bemühungen der
Vermieter zur Weitervermietung unter-
nommen hat. Die Darlegungs- und Be-
weislast für einen Verstoß des Vermieters
gegen seine Schadensminderungspflicht
trägt der Mieter. Vorliegend war dieser
Punkt noch nicht geklärt. Deshalb hat
der BGHdas Verfahren an das Berufungs­
gericht zurückverwiesen.
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