Immobilienwirtschaft 2/2018 - page 58

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
REAL ESTATE TALK
Stück Funktionalität, das die Prozesse ein
bisschen optimiert. Das ist gut. Doch das
bisschen Verbesserung führt oft zu vie-
len Schnittstellen. Das wird schnell sehr
komplex. Deshalb ist unsere Philosophie
auf Projekt- wie auf Portfolioebene: Alles
muss auf die Yardi-Plattform. Aber natür-
lich suchen wir uns auch Partner, wenn es
um kluge Technologie geht.
Haben Sie in der letzten Zeit Unterneh­
men aufgekauft?
Gerritsen:
Ja, denn in Amerika liegt ein
starker Fokus auf Energy Management.
Dabei ist auch hier noch viel zu tun.
Gerritsen:
Stimmt. In Amerika ist das
normal, dass jeden Monat direkt ver-
brauchsabhängig bezahlt wird. Das ist sehr
zu begrüßen.Wenn ich zu viel verbrauche,
dann kann ich sofort etwas tun und nicht
erst 18 Monate später. Mit einem bisschen
Technologie kannman sehr viel erreichen.
Herr Schulmann, mit welchen Start-ups
arbeiten Sie zusammen? Oder sehen Sie
sich selber noch als Start-up?
Schulmann:
In der Wohnungswirtschaft
ist die Zeit, in der man noch Start-up ge-
nannt wird, leider länger als in anderen
Branchen. Insofern sindwir in der Tat eine
Mischung von beidem. Aber wir machen
auch beides. Ich pflichte Herrn Gerritsen
bei: Die beste Schnittstelle ist gar keine
Schnittstelle. Das ist aber leider nicht die
Realität eines ERP-Herstellers. Als wir 20
Mitarbeiter waren, dachten wir, wenn wir
mal 100 Leute sind, dann haben wir ge-
nügend Leute für alles. Heute glaube ich,
dass mit den Kapazitäten auch die Anfor-
derungen wachsen.
Warum?
Schulmann:
Weil halt einfach auch die
Aufgaben mit dem Personal wachsen. Es
wird immer wieder kleine Schnellboote
geben in Richtung process excellence, die
sich nun mal leichter bewegen als ein Rie-
senschiff, das mit Anforderungskatalogen
befrachtet ist. In einer Hybridstrategie ent-
wickeln wir somit die Kernbereiche selber
nur ganz wenige, die noch so arbeiten.
Dr. Westphal:
Das ist nicht nur Excel.
Eine Studie von vor einigen Jahren ergab,
dass 33 Prozent der Property Manager in
Deutschland noch nicht mit professio­
nellen Systemen arbeiten. Das ist mal
Excel, mal sind es eigene Lösungen, etwa
auf Basis vonMicrosoft Access. Und diese
Lösungen funktionieren gut – bis heute.
Jetzt müssen die Unternehmen auf einmal
anders arbeiten, Prozesse umdenken, neu
gestalten – und da kommt das Problem:
Häufig sind die Leute, die die Anwendung
vor vielen Jahren erstellt haben, nicht
mehr verfügbar, Änderungen an der Soft-
ware: unmöglich. Das ist ein Problem für
die Unternehmen, gleichzeitig ein schönes
Potenzial für die ERP-Hersteller.
Yardi ist auf einer Plattform tätig: Ist
das Thema Start-ups trotzdem wichtig?
Gerritsen:
Es ist ein Thema. Denn viele
PropTechs haben eine kluge App oder ein
In Kooperation mit
„ERP-Systeme sind
vielleicht langweilig,
aber Pflicht. Die Prop-
Techs sind spannend,
jedoch bloß Kür.“
Nicolas Schulmann,
FIO SYSTEMS AG
„Man muss den Digita-
lisierungsweg so weit
gehen, wie es erforder-
lich ist. Aber man muss
nicht jeden Hype sofort
mitmachen.“
Dr.-Ing. Christian Westphal,
Crem Solutions GmbH & Co. KG
weiter, sind aber auch offen für Partnerlö-
sungen, gerade in diesem relativ schnell
wuchernden Bereich der PropTechs.
Wie zufrieden sind Sie mit ihnen?
Schulmann:
Von ihnen sind nur 10 Pro-
zent High Potentials, das stimmt. Viele
laufen nur zwei Jahre mit Geld aus dem
angelsächsischen Raum und verschwin-
den schnell wieder vom Markt. Da sind
wir im ERP-Bereich noch stabile Eichen
des Systems. Wenn wir keine Fehler in der
Geschäftsstrategie machen, wird es unser
Geschäft noch lange geben. ERP-Systeme
sind vielleicht langweilig, aber sie sind
die Pflicht. PropTechs sind spannend, am
Ende jedoch meist nur die Kür der Pro-
zesse.
Dr. Westphal, wie sieht Ihre Konzernhal­
tung dazu aus?
Dr. Westphal:
Wir sind grundsätzlich
open. Offenheit ist Teil unserer Unter-
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