Immobilienwirtschaft 2/2018 - page 59

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2.2018
Was ist das heißeste aktuelle neue Ge­
schäftsmodell?
Dr. Westphal:
Das ist immer eine Indi-
vidualbetrachtung. Für einen Verwalter
kann es sehr spannend sein, sich mit dem
Thema Künstliche Intelligenz zu beschäf-
tigen, um eine genauere Kenntnis zu ha-
ben über seine Verträge. Für die großen
Bestandshalter ist es viel spannender, die
Gebäude zu digitalisieren, etwa um War-
tungs- und Instandhaltungsprozesse zu
optimieren.
Gerritsen:
Big Data, Künstliche Intelli-
genz, das findet alles statt – auch im Im-
mobilienbereich. Wenn die deutschen Im-
mobilienunternhmen das nicht machen,
dann kommt GAFA – Google, Apple,
Facebook, Amazon.
Schulmann
: Die Wettbewerber der deut-
schen Wohnungswirtschaft sind doch
nicht GAFA – die lachen darüber. Die
Wettbewerber sind neue Geschäftskon-
zepte als kompletter Gegensatz zu einem
kommunalen Wohnungsunternehmen.
Das sind die Blackstones, die großen ka-
pitalgetriebenen Aktiengesellschaften.
Diese kaufen auch innerhalb kurzer Zeit
im großen Stil Bestände auf und bewirt-
schaften diese dann anders als es ein tra-
ditionelles Wohnungsunternehmen heut-
zutage tut.
mer der ERP-Hersteller der Portalwächter.
Wenn jetzt Crem jemand eine neue App
vorstellt und Sie lehnen sie ab. Was pas-
siert dann mit der App?
Dr. Westphal:
Dann lassen die sich von
Yardi integrieren oder von Ihnen....
Schulmann:
Aber es wird keiner Ihrer
Kunden so eine Lösung einsetzen, wenn
diese nicht bei Ihnen integriert ist.
Dr. Westphal:
Das PropTech muss ja in
erster Linie nicht uns überzeugen, son-
dern den potenziellen Kunden. Bei uns
klingelt jeden Tag zwei Mal das Telefon,
weil wieder ein PropTech mit einer tollen
Idee mit uns zusammenarbeiten möchte.
Denn wir haben etwas, was viele Prop-
Techs nicht haben: Kunden. Wir sagen
den PropTechs immer: Überzeugt doch
bitte selber Kundenmit eurer zusätzlichen
Wertschöpfung.Wenn diese dann ein Pro-
jekt starten und Geld sowieManpower in-
vestieren, ist das der Punkt, an dem wir
gerne in die Zusammenarbeit einsteigen.
nehmens-DNA und gilt gleichermaßen
für alle Unternehmen der Nemetschek
Group. Insofern schauen wir uns diese
Unternehmen regelmäßig an und prüfen
die Zusammenarbeit.Wir finden es klasse,
wenn esMenschen gibt, die tolle Ideen ha-
ben, wie die Branche besser arbeiten kann
und diese auch umsetzen. Überlegen Sie
einmal: Wenn etwa die Immobilienbewer-
tung über eine App zu 99 Prozent genau
ist, warum sollte man dann noch teure
Gutachten schreiben lassen.
Haben Sie keine Angst, disruptiert zu
werden?
Dr. Westphal:
Warum sollte die Disrupti-
on ausgerechnet umdie Immobilienbran-
che einen großen Bogenmachen?Mir fällt
kein einziger Grund ein. Insofern sind wir
natürlich auf der Hut, auch wenn es uns
schwer fällt, die Ansätze der heutigen
PropTechs, die in erster Linie ergänzend
zu dem klassischen ERP-System zu sehen
sind, als echte Gefahr anzusehen. Das
bedeutet aber nicht, dass irgendwann ein
bis dato unbekanntes Unternehmen aus
demGebüsch gesprungen kommt und uns
disruptiert. Viel besser gefällt mir aber der
Gedanke, dass wir uns selber disruptieren,
also an der radikalen Änderung unseres
Geschäftsmodells selbst aktivmitarbeiten.
Bildet eigentlich ein ERP-System nur
etwas ab, was außen existiert?
Schulmann:
Die ERP-Systeme – und
da schließe ich uns auch mit ein – sind
nicht die Nukleusse der Innovation. Jedes
ERP-System ist ein System, was letztlich
die Wirbelsäule eines Wohnungsunter-
nehmens ausmacht. Dort liegt einfach
unser Hauptgeschäftsfeld. Wir werden
nicht dafür bezahlt, bestimmte Apps zu
bauen, sondern dafür, eine GuV, eine Bi-
lanz, und die Rechnungseingangsprozesse
darzustellen – all diese Alltagsdinge. Da-
für zahlt ein Wohnungsunternehmen an
einen ERP-Hersteller.
Also keine Revolutionen, nirgends?
Schulmann:
Jetzt kommt das große Aber.
Wenn neue Dinge dazukommen, ist im-
«
Moderation: Jörg Seifert, Freiburg
immobilien „Top Thema“
Die Teilnehmer des Real Estate Talks in
vertiefenden Einzelinterviews.
EXTRA:
VIDEO
„Immer mehr Jobs
werden durch Maschinen
erledigt werden. Unser
Job als ERP-Hersteller ist
es, diese Prozessautoma-
tisierung anzubieten.“
Richard Gerritsen,
Yardi Systems GmbH
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