Immobilienwirtschaft 2/2018 - page 55

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2.2018
Das schafft man mit dem Passivhaus-
standard. Häuser, die so gebaut wurden,
dürfen nur noch 15 kWh/m² und Jahr
an Wärmeenergie verbrauchen. Dieser
Restwärmebedarf wird meist gedeckt
mittels Spitzenlastkessel, Solarthermie
oder Wärmepumpe, die wiederum von
einer eigenen PV-Anlage unterstützt
wird. Die Investitionskosten für diesen
Standard liegen nur bei maximal zehn
Prozent gegenüber dem derzeit geläu-
figen KfW-55-Standard, der im Neubau
ohnehin verlangt wird. Eminent wichtig
für Passivhäuser ist eine Lüftungsanlage
mit Abwärmerückgewinnung.
Vorteile:
geringer Brennstoffbedarf,
Kosten für Zukunft gut prognostizier-
bar, bauliche Mehrkosten überschaubar,
durch geringen Technikeinsatz wenig
Wartung
Nachteil:
Bewohner müssen Verhalten
im Passivhaus lernen, im Bestand nur
aufwendig umzusetzen
5. FLÄCHENHEIZUNG
Flächenheizungen
tragen wegen ihrer Effizienz ebenfalls
dazu bei, die künftigen Wärmekosten in
den Griff zu bekommen. Im Neubau ist
ihre Installation kein Problem. Es gibt aber
auch Lösungen für den Bestand: Zum ei-
nen klassische Fußbodenheizungen. Hier-
zu gibt es zwei Technologien. Entweder
werden in den Boden Schlangen eingefräst
und in diese die Leitungen verlegt oder
aber es werden klassische Heizschlangen
mittels flachen Aufbauplatten von maxi-
mal drei Zentimetern verlegt. Ähnliche
Systeme gibt es auch für die Wand.
Zum anderen wäre da noch die elek-
trische Flächenheizung. Ihre Vorteile
spielt sie in gut gedämmten Häusern aus.
Ab Standard KfW 70 und besser schnei-
det sie auch in der Vollkostenbetrachtung
besser ab als die EnEV-Referenztechnik
Gas-Brennwert. Dieses System wird etwa
von der Adler Real Estate AG bei der ener­
getischen Sanierung eines ihrer Hochhäu-
ser in Berlin-Spandau eingesetzt. Zum
Einsatz kommen hier Flächenheizungen
von Aelectra. Das 1973 errichtete und
96 Wohneinheiten umfassende Gebäude
wird derzeit mit Nachtstromspeicheröfen
beheizt, im kommenden Jahr jedoch mit
der neuenHeizungstechnologie ausgestat-
tet. Die hocheffiziente, mit Niedrigspan-
nung betriebene Heizmembran senkt al-
lein direkt denHeizstromverbrauch um40
Prozent. Ähnliches gilt für die Heizkosten
pro Quadratmeter.
Darüber hinaus werden die Mieter
deutlichen Komfortgewinn erzielen, da
keine sperrigen Nachtstromspeicheröfen
mehr benötigt werden und so gut wie kei-
ne Wartung nötig ist. Die Flächenheizung
wird an der Decke angebracht und ist nach
der Installation unsichtbar. Schließlich
wird die Technologie mit smarter Steue-
rungstechnik gekoppelt, die einen zusätz-
lichen Effizienzgewinn ermöglicht und
dank Nutzung von Ökostrom ein zu 100
Prozent CO
2
-freies Heizen gewährleistet.
Vorteile:
effizient, behaglichesWohnge-
fühl, mehr nutzbarer Raum
Nachteil:
imBestand aufwendige Instal-
lierung
6. RÜCKGEWINNUNG VON ABWÄRME
Die
Nutzung von Abwärme kann auch unab-
hängig vom Passivhausstandard erfolgen.
Das setzt sich bei Wohnimmobilien im-
mer stärker durch. Technischer Standard
ist dabei die Nutzung der Abwärme in der
Wohnungsluft mittels Wärmepumpe und
Kreuzstromwärmetauscher. Diese Kom-
bination wird sowohl zentral als auch de-
zentral eingesetzt.
Zudem kann da, wo in der Nachbar-
schaft industrielle Abwärme anfällt, diese
für Immobilien genutzt werden. So ver-
sorgt Deutschlands zweitgrößte Raffine-
rie, die Mineraloelraffinerie Oberrhein
(MiRO), in Karlsruhe seit 2010 rund
33.000 Wohnungen sowie Unternehmen
mit der Abwärme, die ins dortige Fern-
wärmenetz eingespeist wird.
Vorteile:
gute Förderung, sehr effizient,
hohes Einsparpotenzial
Nachteile:
höhere Investition, größerer
Planungsaufwand, imNeubau einfacher
zu installieren
7. BIOMASSE
Ein Umstellen eines Heiz-
systems auf Biomasse hat einen großen
Vorteil: relativ günstige und weitgehend
stabile Preise für Holz, das als Brennstoff
infrage kommt. Und da Biomasse pri-
märenergetisch top bewertet wird, lassen
sich damit alle gesetzlichen Bedingungen
spielend erfüllen. Dennoch ist die Inves­
tition in eine solche Heizung, entweder
Pellets oder Hackschnitzel, sehr hoch
und liegt beim bis zu Dreifachen gegen-
über der Referenztechnik Gas-Brennwert.
Auch die Nachhaltigkeit des Brennstoffs
ist nicht in jedemFall gewährleistet. Denn
inDeutschland gibt es einen großenGrau-
markt für Importe, insbesondere aus Ost-
europa. Und: Die bereits erwähnten Ver-
brennungsverbote und Anschlusszwänge,
die der Fernwärme das Leben erleichtern,
machen es Biomasseheizungen schwer, da
diese in so gut wie allen Fällen mit betrof-
fen sind.
Vorteile:
guter Primärenergiefaktor, ge-
ringe und stabile Brennstoffkosten
Nachteile:
Hohe Investitionen, eben-
falls von Verbrennungsverboten betrof-
fen, teils hoher Wartungsaufwand
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Frank Urbansky, Leipzig
Umrüstung eines Wohngebäudes in
ein Passivhaus in Gießen.
Fotos: Urbansky; Vattenfall
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