Immobilienwirtschaft 2/2018 - page 65

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haben, denn sonst könnten sie entweder
als schüchtern oder als passiv verstanden
werden. Das sollten keine Fragen sein,
die auf der Homepage oder im Gespräch
bereits beantwortet wurden, sondern wei-
terführende Fragen, wie zumBeispiel:Wie
läuft bei Ihnen die Einarbeitung ab? Wel-
che Projekte stehen in nächster Zeit an?
RUHIG BLEIBEN, SOUVERÄN ANTWORTEN
Es gibt außerdem noch eine Reihe soge-
nannter Stressfragen, mit denen Immo-
bilienfirmen Bewerber aus der Reserve
locken wollen. Wer in seinem Lebenslauf
Lücken oder Unregelmäßigkeiten hat,
sollte diese vermeintlichen Schwachstellen
zuvor selbst identifizieren und gut begrün-
den können:
Warum wurden Sie nach Ihrer Berufs-
ausbildung nicht übernommen?
Warum haben Sie länger studiert als die
Regelstudienzeit es vorsieht?
Wie kommt es, dass zwischen Ihren letz-
ten Beschäftigungen ein Jahr Pause liegt?
Warum haben Sie innerhalb der letzten
zwei Jahre drei Mal den Arbeitgeber ge-
wechselt? Wie können wir sicher sein,
dass Sie uns nicht auch nach sechs Mo-
naten schon verlassen wollen?
Was war Ihr größter Misserfolg bei Ihrer
letzten Position?
Warum haben Sie nach der Elternzeit
noch so eine lange Pause gemacht?
Hier gilt es, ruhig zu bleibenundmöglichst
plausibel und souverän zu antworten. Die
Körpersprache verrät sonst schnell Unsi-
cherheiten oder Lügen.
Auch sogenannte Fangfragen können
im Vorstellungsgespräch zu Verunsiche-
rung der Bewerber führen. Mit einer
möglichst diplomatischen Antwort setzt
man sich jedoch nicht ins Fettnäpfchen.
„Was mögen Sie an Vorgesetzten und an
Kollegen überhaupt nicht?“ Hier gilt es,
nicht gleich über den letzten herrischen
Chef oder die schlampige Kollegin her-
zuziehen, sondern zu betonen, dass man
bisher immer in der Zusammenarbeit mit
Vorgesetzten und Kollegen eine sinnvolle
Lösung gefunden und hervorragende Er-
gebnisse erzielt hat.
„Ist Ihnen Ihr Beruf wichtiger oder
Ihre Familie?“ Gerade Berufsanfänger
können andeuten, dass die Familienpla-
nung für sie zwar noch etwas Zeit hat, aber
man habe sich ja bewusst bei einer Im-
mobilienfirma beworben, die seinen Mit-
arbeitern eine gute Balance zwischen bei-
dem ermöglicht, indem sie beispielsweise
flexible Arbeitszeiten und Belegplätze in
benachbarten Kitas anbietet. Wer sich zu-
vor gut auf der Homepage des Immobili-
enunternehmens informiert hat, kann hier
mit seinen Rechercheergebnissen glänzen.
„Was würden Sie tun, wenn Sie im
Lotto gewinnen und nicht mehr arbei-
ten müssten?“ Eventuell soziale Projekte
durchführen, Sprachen lernen und inte-
ressante Reisen machen: Sinnvoll ist es,
Dinge zu nennen, die sich mit dem Beruf
gut vereinbaren lassen und diesem nicht
im Weg stehen, besonders wenn die Im-
mobilienfirma international tätig ist und
soziale Projekte unterstützt.
ZUM SCHLUSS: FRAGEN STELLEN
Zum Ab-
schluss des Gesprächs empfiehlt es sich,
die zuvor vorbereiteten Fragen zu stellen
und abzuklären, wie man miteinander
verbleibt. Anschließend bedankt man
sich für das angenehme Gespräch und
verabschiedet sich mit einem festen Hän-
dedruck von den Gesprächspartnern.
Ist man aus der Sichtweite, geht es auch
schon in die Nachbereitung des Gesprächs
– am besten so lange die Eindrücke noch
frisch sind. Folgende Fragen helfen dabei:
War die Vorbereitung ausreichend? Wo
hätte sie besser sein können?
Welche Fragen waren schwierig zu be-
antworten?Wie könnte ich besser auf sie
reagieren?
An welchen Stellen wirkte ich unsicher
oder bin ins Schwitzen gekommen?
War die Selbstpräsentation erfolg-
reich? Wie war die Körpersprache der
Interviewpartner währenddessen?
Gab es genügend Möglichkeiten, per-
sönliche Stärken und die Eignung für
die ausgeschriebene Stelle darzustellen?
Warenmeine Beispiele gut gewählt?Was
hätte ich besser machen können?
Wie wirkte die Atmosphäre während des
Gesprächs?
Wirkten der Arbeitgeber überzeugend
und die Tätigkeiten und Aufgaben in-
teressant?
Kann ich mir vorstellen, in dieser Stelle
die nächsten Jahre zu arbeiten?
Vielleicht stellt sich bei der Analyse des
Gesprächs heraus, dass das Immobilien-
unternehmen oder die ausgeschriebene
Stelle nicht wirklich zur Persönlichkeit des
Bewerbers passen. Wenn die persönlichen
Stärken nicht ausreichend dargestellt wer-
den konnten, obwohl es sich umdie ideale
Position für den Kandidaten handelt, be-
kommt er eventuell eine zweite Chance bei
einemweiterenGespräch oder er versucht
proaktiv, diese Stärken in einem kurzen
persönlichenDankschreiben noch einmal
hervorzuheben. So kann ein engagierter
Bewerber einige Tage nach dem Vorstel-
lungsgespräch sich für das freundliche
Gespräch per E-Mail oder per Brief be-
danken und dabei seine Motivation und
das weitere Interesse an dem Job bekun-
den. Ein kurzes Resümee der wichtigsten
Erkenntnisse aus dem Gespräch und die
Beantwortung der noch offen gebliebenen
Fragen runden die Vorstellung des Bewer-
bers ab. Hierbei kann herausgestellt wer-
den, warum man der ideale Kandidat für
den Job ist und dass man sich auf die bal-
dige Rückmeldung freut. Ab dann heißt
es: Geduld haben und sich beim nächsten
Mal noch besser vorbereiten.
SUMMARY
»
Meist entscheidet sich schon
in den ersten Minuten des Vorstellungsgesprächs,
ob die Chemie stimmt und man ins Team
passt oder nicht.
»
Ein Kandidat, der sich
gründlich vorbereitet
hat, wirkt in der Regel weniger nervös und kann sich besser präsentieren.
»
Nicht mit dem Auswendiglernen von Fakten und den richtigen Antworten können Bewerber im Vorstellungsgespräch punkten, sondern mit
einer
authentischen, passenden und überzeugenden Darstellung.
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Irene Winter, Berlin
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