Immobilienwirtschaft 4/2018 - page 35

35
0
4.2018
»
Ein Problem, das nur schwer
in den Griff zu kriegen ist, ent-
steht, wenn der Auftraggeber
des Maklers zwar ordnungsge-
mäß über das Widerrufsrecht
belehrt wurde, das Objekt aber
nicht selbst erwirbt, sondern
ein Freund oder Partner den
Kaufvertrag abschließt. Der
Käufer selbst schuldet keine
Provision, da mit ihm kein
Maklervertrag besteht. Der
Auftraggeber kann provisi-
onspflichtig sein, wenn er den
Kaufvertrag zwar nicht selbst
abschließt, im Ergebnis aber
so steht, als ob er selbst den
Kaufvertrag abgeschlossen
hätte. Die Rechtsprechung be-
jaht dies etwa beimKauf durch
Ehe- oder Lebenspartner.
Allerdings sind diese Kon-
stellationen für den Makler
äußerst riskant. Es sollte des-
halb zum frühestmöglichen
Zeitpunkt geklärt werden, ob
der Auftraggeber selbst kaufen
will. Fallsmehrere Personen als
Käufer in Betracht kommen,
sollten mit sämtlichen poten-
ziellen Erwerbern Maklerver-
träge abgeschlossen werden,
um den Provisionsanspruch
abzusichern.
Auftraggeber wird nicht Käufer
7
Der gleiche Gedanke greift,
wenn sich die Frage stellt, ob
der Auftraggeber noch Ver-
braucher oder schon Unter-
nehmer ist und ihm deshalb
kein Widerrufsrecht zusteht.
Auch hier ist Vorsicht gebo-
ten: Es ist nicht entscheidend,
was der Auftraggeber beruf-
lich macht. Entscheidend ist
allein, ob der Auftraggeber
im Hinblick auf das in Aus-
sicht genommene Geschäft
als Unternehmer oder als
Verbraucher handelt. Kauft
der Fabrikant für seinen pri-
vaten Wohnbedarf eine Villa,
handelt er als Verbraucher.
Selbst wenn ein Auftraggeber
bereits über einen umfang-
reichen Immobilienbesitz
verfügen sollte, macht ihn
dies nicht automatisch zum
Unternehmer.
Dies wird er erst dann, wenn
der Immobilienbesitz objektiv
eine gewerbliche Verwaltung
erfordert. Da es hierfür keine
festen Grenzen gibt, sollte im
Zweifel von der Verbraucher­
eigenschaft ausgegangen und
belehrt werden.
Verbrauchereigenschaft
5
Sofern keine ordnungsgemäße
Widerrufsbelehrung erteilt
worden sein sollte, stellt sich
die Frage, ob und gegebenen-
falls in welcher Form der Pro-
visionsanspruch durch Ge-
staltungen des Kaufvertrages
gerettet werden kann.
Klar ist, dass eine einfache Ver-
mittlungsbestätigung, in wel-
cher die Parteien die Kausali-
tät der Maklerleistungen aner-
kennen und die (vermeintlich)
vereinbarte Provisionspflicht
bestätigen, einen Widerruf
des Maklervertrages nicht
ausschließt. Diese Vermitt-
lungsbestätigung begründet
keine eigenständige Zahlungs-
pflicht. Ist der Maklervertrag
mit einem Widerrufsrecht be-
lastet, kann der Auftraggeber
trotz dieser Klausel wirksam
widerrufen.
Anders ist dies beim so ge-
nannten echten Vertrag zu
Gunsten Dritter. Dieser bein-
haltet ein selbstständiges Zah-
lungsversprechen zu Gunsten
des Maklers. Der Makler er-
wirbt aus der Kaufvertrags-
urkunde einen eigenen,
selbstständig durchsetzbaren
Zahlungsanspruch. Diese
Vorgehensweise hat allerdings
zwei Schönheitsfehler: Zum
einen verweigern immer mehr
Notare die Beurkundung
einer solchen Klausel; zum
anderen sollte vorsorglich in
der Notarurkunde dargestellt
werden, dass ein solches Zah-
lungsversprechen nicht wider-
ruflich ist.
Rettung durch Notarklausel?
6
Wenn alle Stricke reißen, gilt
es, kühlen Kopf zu bewahren.
Selbst wenn nämlich eine Wi-
derrufsbelehrung nicht oder
nicht ordnungsgemäß erfolgt
sein sollte, erlischt das Wi-
derrufsrecht des Verbrauchers
nach Ablauf von zwölf Mona-
ten und zwei Wochen. Wenn
also Zweifel an der Wirksam-
keit der Widerrufsbelehrung
bestehen, ist es klug, den Pro-
visionsanspruch zunächst ein-
mal nicht geltend zu machen,
jedenfalls nicht streitig zu ver-
folgen. Der Verbraucher selbst
kommt häufig gar nicht auf
die Idee, einen Maklervertrag
vorsorglich zu widerrufen. Be-
drängt man den Verbraucher
allerdings mit Zahlungserin-
nerungen, Mahnungen oder
gar Zahlungsklagen, wird er
sich im Regelfall rechtlich
beraten lassen und dann mit
einiger Wahrscheinlichkeit
noch rechtzeitig einen Wider-
ruf erklären und damit ein – im
Übrigen berechtigtes – Provisi-
onsverlangen zu Fall bringen.
Da der Provisionsanspruch
erst mit Ablauf des dritten Jah-
res, das auf die Maklerleistung
folgt, verjährt, ist es in zweifel-
haften Fällen sinnvoll, mit der
Geltendmachung des Provisi-
onsanspruches vorsorglich die
gesetzliche Widerrufsfrist von
zwölf Monaten und zwei Wo-
chen abzuwarten.
Geduld ist eine Tugend
8
1...,25,26,27,28,29,30,31,32,33,34 36,37,38,39,40,41,42,43,44,45,...76
Powered by FlippingBook