Immobilienwirtschaft 4/2018 - page 45

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4.2018
FAKTEN:
In dem Mietvertrag über eine Wohnung ist geregelt, dass der Mietzins durch
den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Verbraucherpreisindex für Deutschland
bestimmt wird. Der BGH hatte zu entscheiden, ob die nachfolgend wiedergegebene
Erhöhungserklärung den gesetzlichen Anforderungen entspricht: „Der maßgebliche
Verbraucherpreisindex ist seit August 2006 von 94,2 Punkten auf 106,1 Punkte (Stand
September 2013) gestiegen. Dies nehmenwir zumAnlass, die bisherigeMiete von 690,00
Euro um(abgerundet) 85,00 Euro auf 775,00 Euro zu erhöhen.“ Eine solche Erklärung ist,
so die Richter des BGH, ausreichend. Die Angabe der prozentualen Indexveränderung
werde – anders, als die Mieterseite es meint – nicht gefordert. Sie sei zum Verständnis
der Mieterhöhung auch nicht notwendig.
FAZIT:
In der Literatur wird allerdings die Ansicht vertreten, aus der Erhöhungserklärung
müsse sich weiter ergeben, um welchen Prozentsatz sich der Index erhöht hat. Diese
Ansicht beruht auf der Erwägung, dass der Erhöhungsbetrag der prozentualen Index-
veränderung entsprechen muss. Der BGH teilt diese Ansicht nicht.
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
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INDEXMIETE
Anforderungen an die
Erhöhungserklärung
Eine Mietänderungserklärung bei der
Indexmiete erfordert gemäß § 557b
Abs. 3 Satz 1,2 BGB nicht die Angabe
der prozentualen Veränderung der
Indexdaten.
BGH, Urteil vom 22.11.2017 – VIII ZR 291/16
FAKTEN:
Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag über eine in Berlin gelegene
Wohnung. Die Vermieterin hat das Mietverhältnis gekündigt. Sie halte sich regelmäßig
mehrfach im Jahr aus beruflichen Gründen für längere oder kürzere Zeiten in Berlin
auf. Während dieser Zeiten wolle sie die Räume alsWohnung für sich nutzen. Das Beru-
fungsgericht gab der Räumungsklage statt. Hiergegen hat der Mieter Revision eingelegt.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt ein Kündi-
gungsgrund unter anderemdann vor, wenn der Vermieter „die Räume alsWohnung für
sich ... benötigt.“ Die Behandlung von Eigenbedarf an einer Zweitwohnung ist tatsäch-
lich höchstrichterlich ungeklärt. „Benötigen“ heißt, so der BGH, dass damit ernsthafte,
vernünftige und nachvollziehbare Gründe des Vermieters vorausgesetzt werden, die
Wohnung künftig selbst oder durch nahe Angehörige zu nutzen. Dies gilt auch, wenn
der Vermieter die Räume nur als Zweitwohnung nutzen will.
FAZIT:
Allgemeinverbindliche Aussagen – etwa über eine konkreteMindestnutzungsdau-
er der Zweitwohnung – sind, so der BGH, nicht möglich. Es kommt auf den Einzelfall an.
KÜNDIGUNG
Eigenbedarf für Zweitwohnung
Der Vermieter kann ein Wohnraum­
mietverhältnis kündigen, wenn er
die Räume aus vernünftigen und
nachvollziehbaren Gründen als Zweit­
wohnung nutzen will. Hinsichtlich
des Erlangungsinteresses kommt es
maßgeblich auf die Würdigung der
Umstände des Einzelfalls an.
BGH, Beschluss vom 22.08.2017 – VIII ZR 19/17
FAKTEN:
Die ehemalige Mieterin ist auf Grund eines rechtskräftigen Titels verpflichtet,
ihre in Berlin gelegene Wohnung zu räumen. Der Eigentümer betreibt die Zwangs-
räumung. Nach einem Gutachten ist die ehemalige Mieterin infolge einer psychischen
Krankheit im Falle des Wohnungsverlustes suizidgefährdet. Deshalb hat das Vollstre-
ckungsgericht die Räumung zunächst eingestellt. Die Beschwerde des Eigentümers hatte
Erfolg: Zwar mag eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik gegen den Willen der
Patientin nicht möglich sein, weil eine vorsorgliche Unterbringung im Berliner Gesetz
über Hilfen … bei psychischen Krankheiten nicht vorgesehen sei. Das Vollstreckungs-
gericht müsse, so der BGH, aber auch die Möglichkeit einer Unterbringung nach dem
Betreuungsrecht prüfen. Diese setze keine akute Gefahr für den Betreuten voraus.
FAZIT:
Notwendig ist in diesem Zusammenhang eine konkrete Gefahr für Leib und
Leben, wobei die Anforderungen an die Voraussehbarkeit einer Selbsttötung oder einer
erheblichen Eigenschädigung nicht überspannt werden dürfen.
VOLLSTRECKUNGSSCHUTZ
Suizidgefahr für den
Räumungsschuldner
Besteht für den Schuldner bei einer
Zwangsräumung die ernsthafte Gefahr
eines Suizids, muss das Vollstreckungs­
gericht prüfen, ob die Gefahr durch
Unterbringung in einer psychiatrischen
Klinik beseitigt werden kann. Eine
solche Unterbringung setzt keine akute
Gefahr für den Betreuten voraus.
BGH, Beschluss vom 21.09.2017 – I ZB 125/16
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