Immobilienwirtschaft 4/2018 - page 49

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tern, die damit entweder eigene Mitar-
beiter losschicken oder den Kunden das
Messen selbst überlassen.
Die Potenziale dieser Lösung sind
enorm, werden jedoch absolut nicht ge-
nutzt. Statt monatlich und damit zeitnaher
und genauer abzurechnen, erfolgen die
Abrechnungen trotz der App nach wie vor
jährlich. Schoser hat den Eindruck, dass
sich in der Immobilienbranche noch zu
wenige trauen, den Weg hin zu digitalen
Prozessen zu gehen, da es sich zunächst
um Neuland handelt und dies Aufwand
bedeutet.
ANLAGEWERT VOR NEBENKOSTEN
Thomas
Huber, Global Head Energy Services and
Projects bei Siemens, sieht das etwas dif-
ferenzierter. „Im Corporate-Real-Estate-
Bereich interessiert man sich schon für
Nebenkosten und deren Minimierung,
im Bereich Commercial Real Estate eher
nicht. Institutionelle Anleger sehen eher
den Anlagewert, nicht die Nebenkosten“,
so der Manager. Bei einer Eigennutzung
liege der Fokus stärker auf Kostenoptimie-
rung, Komfort und Nutzerzufriedenheit.
In diesem Bereich sei man durchaus an
Lösungen interessiert, mittels Energie-
management Kosten zu senken und den
Komfort zu erhöhen (siehe auch Kasten
„Smartes für Energieautarke“).
„Durch das Monitoring von Leuchten
und Lichtsteuerungen werden Energie-
und Kosteneinsparungen transparent ab-
gebildet. Das wiederum ermöglicht einen
sicheren Nachweis der Gebäudeeffizienz,
um etwa eine Gebäudezertifizierung zu
erlangen“, sieht Herwig Burtscher, Se-
nior Director für Turnkey Services vom
österreichischen Beleuchtungs- und Ser-
vicespezialisten Zumtobel Group Services
(ZGS), einenweiteren praktischenVorteil.
Nach Schosers Einschätzung hat die
digitalisierte Ableserei noch eine ganz
praktische, weil kostensparende Be-
deutung: Die Zahl der Reklamationen
ist deutlich zurückgegangen. Und die
verschlangen bisher einen Großteil der
Kundenbetreuerzeiten bei den Energie-
versorgern (siehe auch Beitrag „Weniger
Stornos“ auf nächster Seite).
BENCHMARKING DURCH WISSEN
Wie die
Zukunft aussehen könnte, zeigt ein Feld-
versuch von Netze BWund den Stadtwer-
ken Karlsruhe (SWKN). In Rheinstetten
will man sowohl mit Strom- als auch Gas-
daten zeigen, was durch digitalisierte Ab-
rechnung in Sachen Energiemanagement
möglich ist und wie sich Messdaten aus
unterschiedlichen Sparten und IT-Syste-
men zusammen verarbeiten lassen.
An zehn ausgewählten Anschlüssen
wurden elektronische Basiszähler ange-
bracht undmit SmartMeter Gateways ver-
bunden. DieMessdatenwerden übersicht-
lich aufbereitet und sind, da cloudbasiert,
über ein Internetportal zugänglich. Zu-
sätzlich haben die Stadtwerke Karlsruhe
elektronische Gaszähler installiert und
diese ebenfalls an die Gateways angebun-
den. Seit dem17. Januar 2018 wird nun ge-
messen und bewertet. Christian Günther,
Projektleiter bei den Stadtwerken Karls-
ruhe, sieht in dieser funktionierenden
Mehrspartigkeit eine zentrale Vorausset-
zung für die Entwicklung neuer Dienstlei-
stungen in der „smarten“ Zählerwelt.
SUMMARY
»
Der Smart Meter Rollout
wird im Strombereich das Ablesen, Bewerten und Abrechnen der Verbräuche erleichtern.
»
Auch für
die Bereiche Wärme und Wasser
gibt es bereits digitale Lösungen.
»
Vorreiter sind dabei
die Energie- und Finanzwirtschaft sowie Messdienst­
leister und kleine Start-ups, die revolutionäre Technologien nutzen.
»
Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
hinkt jedoch noch deutlich
hinterher.
»
Sie könnte aber dennoch einen
Nutzen aus dieser Entwicklung ziehen
.
»
Nur mittels intelligentem
Energiemanagement ist bei
diesem Wohngebäude eine
vollkommene Energieautar-
kie erreicht worden.
Der Smart Meter Rollout wird nur
Stromverbräuche digitalisieren.
Doch auch Lösungen für Wärme-
mengen sind schon heute machbar.
„Wir wissen wenig über
Immobilien. So können
wir kein Benchmarking
schaffen.“
Thomas Huber,
Global Head Energy
Services and Projects bei Siemens
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