Immobilienwirtschaft 4/2018 - page 15

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4.2018
Kommunen müssen beim digitalen
Wandel das Steuer übernehmen
W
ie lassen sich offene Datenplattformen für bessere Planungsprozesse einsetzen?
Auf welche Weise können smarte Klimaquartiere und -regionen eine schad-
stoffarme, sichere und günstige Energieversorgung gewährleisten? Welche Mög-
lichkeiten bieten digitale Anwendungen für die Verkehrssteuerung und eine bessere
ländliche Mobilität? Dies sind nur einige der vielfältigen Handlungsfelder rund um die
Digitalisierung. Damit müssen sich Verwaltungen und Kommunalpolitik, Stadtwerke,
Verkehrsbetriebe und Wohnungswirtschaft kompetent auseinandersetzen, wollen sie
ihre Städte, Gemeinden und Regionen in eine nachhaltige Zukunft führen. Doch oft sind
die Städte und Gemeinden nicht die Gestalter des digitalen Wandels. Vielmehr treiben
ihn Industrie und Forschung imeigenenwirtschaftlichen oder technologischen Interesse
voran. Gleichzeitig stehen bei der Digitalisierung häufig Einzellösungen für spezifische
Teilbereiche im Vordergrund. Möchte man die Digitalisierung in den Dienst der Men-
schen stellen, ist es notwendig, alle relevanten Handlungsfelder integriert anzugehen.
CHANCEN NUTZEN
Der Wandel von analog zu digital ist Chance und Herausforderung
zugleich. Die Liste der Vorteile ist lang: Car-Sharing, E-Ticketing oder das automatisier-
te Fahren bieten zum Beispiel neue Möglichkeiten für besseren Personenverkehr und
Logistik. Die Energiewende kann auf intelligente Netze und Speicher zurückgreifen,
Telemedizin hilft bei der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum. Ein Klick auf dem
eigenen Rechner ersetzt dasWarten in öffentlichenÄmtern, und vieleMenschenwerden
zukünftig vermehrt von zu Hause aus arbeiten können. Über den Onlinehandel können
wir uns auch in entlegene Regionen alles liefern lassen, was wir brauchen.
RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN BERÜCKSICHTIGEN
Doch gerade der Onlinehandel ver-
deutlicht auch die Herausforderungen der Digitalisierung. Zum einen droht ein Rück-
gang des stationären Handels und ein Ausbluten der Zentren. Zum anderen überlasten
die Paketlieferungen die Straßen in den Städten. Auch in anderen Bereichen gilt es
Probleme zu bedenken. Helfen Sharing-Angebote wie Uber bei der Lösung städtischer
Verkehrsprobleme oder führen sie dazu, dass weniger Menschen den öffentlichen Nah-
verkehr nutzen? Wie lassen sich Big-Data-Anwendungen mit dem Datenschutz in Ein-
klang bringen?Wemnutzen offene Datenplattformen: lokalen und regionalenGeschäfts-
modellen oder den globalen Playern? Ebenso wichtig sind die Fragen nach der „digitalen
Ausgrenzung“ einkommensschwächerer, bildungsferner und älterer Menschen.
Mit diesen komplexen Aspekten der Digitalisierung müssen sich gerade die kom-
munalen Akteure kompetent befassen. Dazumüssen sie ihre strategischen Ziele bestim-
men und ihre Methoden, Kompetenzen und Strukturen entsprechend ausrichten. Ganz
entscheidend ist dabei der Auf- und Ausbau von Fachwissen, damit sie Unternehmen
wie Siemens, Cisco oder IBM auf Augenhöhe begegnen können. Um die kommunalen
Akteure bei der digitalen Transformation zu unterstützen, hat der Deutsche Verband
Ende 2017 mit den kommunalen und kommunalwirtschaftlichen Spitzenverbänden die
Kooperation „Digitale Städte und Regionen“ ins Leben gerufen. Neben demAusbau von
Netzwerken setzt diese sich für einen Wissens- und Erfahrungsaustausch ein und regt
dazu ein spezielles Förderprogramm des Bundes an. Dies greift die Empfehlungen der
„DialogplattformSmart Cities“ auf, die das Bundesbauministeriumeingerichtet hat, und
findet sich auch in der aktuellen Koalitionsvereinbarung wieder.
Der Auf- und Ausbau von Fachwissen bei
kommunalen Akteuren ist entscheidend, so
Werner Spec.
Herausforderung
Der
digitale Wandel muss vor
allem in den Städten,
Gemeinden und Regionen
zum Nutzen der Menschen
vorangetrieben werden.
Dazu bräuchte es auf kom-
munaler Ebene ausreichend
Digitalkompetenz.
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Werner Spec, Ludwigsburger OB und Sprecher der Verbändekooperation „Digitale Städte und Regionen“
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