Immobilienwirtschaft 3/2018 - page 22

ren.“ Doch bislang seien die wenigstenHypothekenbanken in der
Lage, die Technologie zu nutzen, sagt Steffen Sebastian, Professor
für Immobilienfinanzierung am IREBS Institut der Universität
Regensburg. „Bei den meisten Immobilienfinanzierern müssen
Projektentwickler und Investoren bis heute ihre Kreditanträge in
Papierform einreichen.“ Der Einstieg der Institute in die Digita-
lisierung bestehe „bislang nur darin, dass sie diese Papieranträge
inzwischen einscannen“. Für diese Einschätzung spricht, dass ei-
nige Hypothekenbanken sich auf Anfrage der „Immobilienwirt-
schaft“ nicht zumaktuellen Stand ihres Digitalisierungsprozesses
äußern wollten.
Hingegen hat die Aareal Bank bereits 2015 engagiert auf die
Digitalisierung von Daten gesetzt. So will der imMDax gelistete
Immobilienfinanzierer inmitten der gegenwärtigen Phase nied-
riger Zinsen und KreditmargenMehrwert durch Zusatzprodukte
generieren. Bei der Digitalisierung gehe es „nicht nur um einen
rein technischen Fortschritt“, sagt Vorstandschef Hermann J.
Merkens. „Sie ermöglicht es uns auch, unsere Kunden mit smar-
ten Lösungen noch besser zu unterstützen.“
Zunächst wurden Bank- und IT-Leistungen aus dem eigenen
Portfolio als Lösungssysteme für einzelne Kundengruppen zu-
sammengestellt. Ein Beispiel dafür ist ein Kontoführungssystem
zumManagement der Mietzahlungen. Damit können Bestands-
halter und Verwalter den eingehenden Zahlungsverkehr – Mie-
ten, Haus- und Wohngelder – einschließlich aller Folgeprozesse
komplett automatisiert ablaufen lassen. Das Verfahren ist funktio-
nal integriert in die führenden ERP-Systeme derWohnungs- und
Immobilienwirtschaft, vonHaufe wowinex bis hin zu SAPRE/FX.
Inzwischen haben dieWiesbadener als Pilotprojekt eine digi-
tale Plattform für das Management vonWohnungsunternehmen
geschaffen. Sie solle als „Blaupause für die Übertragung in an-
grenzende Ökosysteme wie die Energiewirtschaft“ dienen, sagt
Merkens. Dies ergebe in doppelter Hinsicht Sinn: „Zum einen
besteht eine enge Schnittstelle zwischen der Immobilien- und
der Energiewirtschaft“, sagt Merkens. „Zum anderen haben die
Kunden ähnliche Anforderungen im Hinblick auf Vertragsver-
waltung und Zahlungsverkehr.“
KOOPERATIONEN MIT START-UPS
Auch für Deutsche-Hypo-
Vorstand Barthauer geht es um mehr als nur die elektronische
Datenerfassung. „Digitalisierung ist kein reines IT-Thema, son-
dern betrifftalle Fachbereiche.“ Die Tochtergesellschaft der Nord-
deutschen Landesbank analysiere deshalb, „welche Erwartungen
Kunden an ihren Finanzierungspartner haben und mit welchen
digitalen Lösungen wir diesen gerecht werden können“. Deshalb
habe die Bank ein Team mit Vertretern verschiedener Fachbe-
reiche zusammengestellt, um einen digitalen Strategieplan zu
erarbeiten. „Darin enthalten sind sowohl digitale Lösungen, die
Prozesse bei uns imHause beschleunigenwerden“, sagt Barthauer.
Ebenso gehe es darum, „die Kommunikation und den Austausch
von Dokumenten mit Kunden zu vereinfachen“. Um die Ziele zu
erreichen, werde „bei Neueinstellungen verstärkt darauf geachtet,
Mitarbeiter mit Fachkenntnissen in der Digitalisierung zu ge-
winnen“, sagt Barthauer. „Gleichzeitig denken wir darüber nach,
Kooperationen mit Start-ups einzugehen, um gemeinsam viel-
versprechende Ideen, die einenMehrwert bringen, umzusetzen.“
Die Berlin Hyp hat diesen Schritt bereits vergangenen Herbst
getan. Der Gewerbeimmobilienfinanzierer aus der Bundeshaupt-
stadt beteiligte sich im Oktober mit einem kleinen Millionen
betrag an der sieben Millionen Pfund schweren Finanzierungs-
runde der in London ansässigen Crowdinvesting-Plattform
Brickvest. Durch die strategische Partnerschaft erhalte die
Pfandbriefbank Zugang zu einer schlüsselfertigen Technologie
mit hohemWachstumspotenzial, sagt Berlin-Hyp-Vorstandschef
Sascha Klaus. „Damit erweitern wir unsereWertschöpfungskette
und können unsere Erträge weiter diversifizieren.“
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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
TITELTHEMA
Experten-
Stimmen
„Gleichzeitig denken wir
darüber nach, Koope-
rationen mit Start-ups
einzugehen, um gemein-
sam vielversprechende
Ideen, die einen Mehrwert
bringen, umzusetzen.“
Sabine Barthauer,
Deutsche-Hypo-Vorstand
„Bislang sprechen die
vielen Systeme in der
Branche nicht dieselbe
Sprache.“
Dr. Thomas Beyerle,
gif-Vorstand
„Bei den meisten Immo-
bilienfinanzierern müssen
Projektentwickler und
Investoren bis heute ihre
Kreditanträge in Papier-
form einreichen.“
Steffen Sebastian,
Professor für
Immobilienfinanzierung, IREBS
Institut, Universität Regensburg
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