Immobilienwirtschaft 3/2018 - page 12

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MARKT & POLITIK
I
BAU- UND WOHNUNGSPOLITIK
THÜRINGEN
– WENIG BAU-ANREIZE, HOHE
NEBENKOSTEN
Wie im Land Berlin regiert
in Thüringen ein rot-rot-grünes Bündnis.
Um Bauen und Wohnen kümmert sich
Infrastrukturministerin Birgit Keller (Lin-
ke). Während sie wiederholt auf Hand-
lungsbedarf im sozialen Wohnungsbau
hingewiesen hat, sieht dieWohnungswirt-
schaft vor allem in den hohen Bauneben-
kosten Herausforderungen – die Grund-
erwerbssteuer liegt bei 6,5 Prozent – und
im Umgang mit Abwanderung aus und
Alterung in den ländlichen Gegenden.
Der Direktor des Verbands der Woh-
nungswirtschaft Thüringen, Frank Em-
rich, bewertet das Verhältnis zur Landes-
regierung als prinzipiell stabil. „Wir wün-
schen uns jedoch, dass unsere Expertise
noch stärker in die politische Meinungs-
bildung einfließt“, erklärt er. Wünschens-
wert wäre es auch, den Fokus zu weiten
und „Wohnen für breite Schichten der
Bevölkerung“ abzusichern – also Neubau
zu erleichtern, Flächen bereitzustellen und
die Bauvorschriften abzumildern.
Die Landesregierung hat sich zu-
nächst der sozialen Wohnraumförderung
verschrieben; 50 Millionen Euro will sie
2018 dafür ausgeben, 52 Millionen Euro
im Jahr darauf.
Darüber hinaus spielen Abriss und
Umbau abseits der Städte Erfurt, Jena
und Weimar nach wie vor eine Rolle.
Ergänzend zum Programm Stadtumbau
fördert das Land Maßnahmen mit einem
Sanierungsbonus zugeschnitten auf junge
Familien auf dem Land, einem Revitali-
sierungsprogramm imRahmen der Dorf­
erneuerung und dem Landesprogramm
„Anpassung an den demographischen
Wandel“. Grundsätzlich sei die Woh-
nungsbauförderung als revolvierender
Fonds angelegt, sodass von Tilgungen
und Zinsen bis voraussichtlich nach 2030
Darlehen für Sanierung und Modernisie-
rung bereitgestellt werden können, so ein
Ministeriumssprecher.
BAYERN
– WOHNUNGSBAU IM FOKUS
In Ba-
yern sind Bauen und Wohnen in einem
gemeinsamen Ministerium mit Innerem
und Verkehr angesiedelt. Basis der Woh-
nungspolitik bildet ein im Herbst 2015
beschlossener „Wohnungspakt Bayern“,
in dem sich Staat, Gemeinden, Kirchen
und die Wohnungswirtschaft zum Bau
von bis zu 28.000 neuen staatlich finan-
zierten oder geförderten Mietwohnungen
verpflichten. 2,6 Milliarden Euro will der
Freistaat dafür ausgeben, aufgeteilt in ein
staatliches Sofortprogramm, ein kommu-
nales Förderprogrammund einen Ausbau
der staatlichen Wohnraumförderung.
Explizit erwähnt wird die Rolle der
privaten Wohnungswirtschaft, für die die
Landesregierung auf Bundesebene Er-
leichterungen erwirken will. Bislang wur-
den nach Ministeriumsangaben 11.600
Studentenwohnungen und 2.700 Eigen-
tumswohnungen imZuge desWohnungs-
pakts bewilligt, dazu kommen 287 Woh-
nungen für Flüchtlinge undMenschenmit
niedrigem Einkommen.
Bei der Landtagswahl 2018 dürften
Bauen und Wohnen eine zentrale Rolle
spielen; in einem Zehn-Punkte-Plan er-
wähnt CSU-Spitzenkandidat Markus Sö-
der die Gründung einer neuen staatlichen
Wohnungsbaugesellschaft mit dem Ziel,
bis 2020 zusätzlich 4.000 Wohnungen zu
errichten. Mit einer Eigenheimzulage will
Söder das Bauen von Ein- und Zweifami-
lienhäusern fördern, mit einem Baukin-
dergeld in Höhe von 1.200 Euro pro Jahr
und Kind zusätzlich zum Erwerb von Ei-
gentum animieren. Ob dies zusätzlich zu
den auf Bundesebene beschlossenenMaß-
nahmen gelten soll, war nicht zu erfahren.
Dass das Thema grundsätzlich an
zentraler Stelle im Wahlkampfprogramm
Platz findet, goutiert die Wohnungswirt-
schaft. Aktuell bestehe bei allen wichtigen
Punkten Einigkeit, erklärt der Verbands-
chef der bayerischenWohnungsunterneh-
men, Hans Maier.
NORDRHEIN-WESTFALEN
– BAUFÖRDERUNG
AUF ALLEN EBENEN
In NRW obliegen die
Themen Bauen und Wohnen Ministerin
Ina Scharrenbach (CDU), die einMiniste-
rium für Heimat, Kommunales, Bau und
Gleichstellung führt. Nach der Landtags-
wahl imvergangenen Jahr sind nun einzel-
ne Referate – wie das altersgerechte Woh-
nen – im Bauministerium angesiedelt.
Die neue Landesregierung will vier
Milliarden Euro über die Legislaturpe-
riode in den geförderten Wohnungsbau
stecken, je 800 Millionen Euro jährlich.
Dabei sollen die Mittel für die Eigentums-
förderung schrittweise auf 120 Millionen
Euro gesteigert werden. Zugleich hat die
Regierung jüngst angekündigt, die finan-
zielle Unterstützung von Familien zu er-
höhen, die ins Eigenheim ziehen wollen.
Der Bonus je Kind erhöht sich um 5.000
auf 15.000 Euro.
Mit Blick auf den ländlichen Raum
sollen die Hürden für Energiestandards
gesenkt werden, wenn Familien Förde-
rung für den Erwerb leerstehender Häuser
auf dem Land beantragen.
Umneues Bauland zu erschließen, hat
NRW eine Entwicklungsgesellschaft ge-
gründet. Die NRW.URBAN Kommunale
Entwicklungsgesellschaft mbH soll Ge-
meinden unterstützen, Flächen zu aktivie-
ren undmit kooperativen Baulandmodel-
len für bezahlbarenWohnraumzu sorgen.
Mit dem „Flächenpool NRW“ wiederum
fördert das Land Kooperationen zwischen
Städten, Eigentümern und Projektent-
wicklern, umunter anderemBrachflächen
zu Bauland zu wandeln. Sie kehrt sich
damit von der Null-Flächenverbrauch-
Politik der Vorgängerregierung ab.
Bei der Wohnungswirtschaft finden
die Ansatzpunkte Anklang. „Der Auftakt
war außerordentlich positiv“, sagt VdW-
Direktor Alexander Rychter und verweist
darüber hinaus auf die angekündigte An-
gleichung der Landesbauordnung an die
Musterbauordnung.
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