Immobilienwirtschaft 3/2018 - page 8

8 SZENE
Frank Peter
Unterreiner
„Kollege/Azubi gesucht“ – es gibt kaum einen
Lieferwagen eines Handwerkers, auf dem nicht
dieser Spruch klebt. Handwerksbetriebe haben volle
Auftragsbücher und finden keine Mitarbeiter. Es
braucht oft Wochen, bis ein Handwerker Zeit hat,
stöhnen Immobilieneigentümer. Bauträger sind
schon glücklich, wenn sie auf eine Ausschreibung
mehr als ein Angebot erhalten. Baustellen laufen
aus dem zeitlichen und finanziellen Ruder. Die
Betriebe haben zu viele Aufträge angenommen, bei
der Diskussion um Kosten und Nachträge sitzen
sie am längeren Hebel. Dies führt insbesondere in
Großstädten dazu, dass Stundensätze von 50 Euro
aufwärts die Norm werden – ohne Mehrwertsteuer,
versteht sich. Handwerk hat zweifelsohne wieder
den sprichwörtlichen goldenen Boden.
Ein dünner Boden ist es hingegen für die Immobili-
enbranche. Wo noch Handwerker und Hausmeister
finden? Die alten gehen in den Ruhestand, von
unten kommt (fast) nichts nach. Auch Neugrün-
dungen gibt es kaum, berichten erfahrene Archi-
tekten. Immer weniger junge Meister machen sich
selbstständig, bauen einen eigenen Betrieb auf, sor-
gen für frischen Wind und neue Konkurrenz. Dabei
werden die Anforderungen an die Gebäudetechnik
stetig höher, die Qualifikation der Beschäftigten
müsste also steigen.
Für die Immobilienbranche könnte sich der Hand-
werkermangel zur Achillesferse entwickeln. Wohl
dem, der über gute Kontakte zu Betrieben verfügt.
Vielleicht sollten Wohnungsunternehmen verstärkt
in technischen Berufen ausbilden. Ein Einwande-
rungsgesetz könnte helfen, ebenso die verstärkte
Förderung von jungen Flüchtlingen. Und andere
Arbeitsweisen am Bau. Verständlich, dass es einem
jungen Menschen keinen Spaß bereitet, in eine
frisch betonierte oder gemauerte Wand Schlitze
zu schlagen, so wie seit
hunderten Jahren schon.
KOLUMNE
Handwerk mit
dünnem Boden
MIETPREISBREMSE, MIETSPIEGEL UND MIETERHÖHUNGEN
Die Mietpreisbremse soll bis Ende 2018 evaluiert werden. Vermieter sollen
verpflichtet werden, gegenüber neuen Mietern die Vormiete offenzulegen.
Zudem sollen die Anforderungen an eine Rüge der Miethöhe durch den
Mieter erleichtert werden.
Qualifizierte Mietspiegel sollen gestärkt und deren Bindungszeitraum von
zwei auf drei Jahre verlängert werden. Eine Verlängerung des Betrach-
tungszeitraums von derzeit vier Jahren soll geprüft werden. In kleineren
Städten sollen einfache Mietspiegel stärker zur Anwendung kommen als
bisher.
In Gebieten mit abgesenkter Kappungsgrenze sollen nach Modernisie-
rungsmaßnahmen jährlich nur noch höchstens acht Prozent der Moderni-
sierungskosten (bisher: elf Prozent) auf die Miete umgelegt werden dür-
fen. Die Regelung soll zunächst auf fünf Jahre befristet und dann überprüft
werden. Zudem soll die monatliche Miete innerhalb von sechs Jahren nach
einer Modernisierung nicht mehr als drei Euro pro Quadratmeter steigen
dürfen. Damit sollen Mieter vor so genannten Luxussanierungen geschützt
werden. Das „gezielte Herausmodernisieren“ von Mietern soll künftig eine
Ordnungswidrigkeit darstellen und Schadensersatzansprüche der Mieter
begründen.
Für kleinere Modernisierungen soll ein vereinfachtes Mieterhöhungsver-
fahren eingeführt werden.
REFORM DES WOHNUNGSEIGENTUMSRECHTS
Das Wohnungseigentumsrecht soll reformiert und mit dem Mietrecht
harmonisiert werden. Ziel ist, die Vorbereitung und Durchführung von Be-
schlüssen der Wohnungseigentümer über bauliche Maßnahmen insbeson-
dere in den Bereichen Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Förderung
von Elektromobilität und Einbruchsschutz zu erleichtern.
REFORM DER GRUNDSTEUER
Die Grundsteuer, die aktuell beim Bundesverfassungsgericht auf dem
Prüfstand steht, soll reformiert werden. Um Spekulationen mit unge-
nutztem Bauland einzudämmen und Grundstückseigentümer zum Bauen
zu bewegen, ist die Einführung einer Grundsteuer C vorgesehen, mit der
ungenutztes Bauland stärker besteuert werden soll.
BAUKINDERGELD FÜR EIGENHEIMBAU VON FAMILIEN
Familien mit unteren und mittleren Einkommen sollen einfacher Wohn­
eigentum erwerben können. So sollen Familien mit Kindern ein „Bau-
kindergeld“ beanspruchen können – 1.200 Euro pro Kind und Jahr für
eine Dauer von zehn Jahren. In den Genuss des Baukindergeldes sollen
Familien mit einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von bis zu
75.000 Euro pro Jahr kommen können, wobei pro Kind ein Freibetrag von
15.000 Euro vorgesehen ist.
GRUNDERWERBSTEUER
Die Bundesländer sollen die Möglichkeit erhalten, den erstmaligen
Grunderwerb von der Grunderwerbsteuer freizustellen oder Freibeträge
einzuführen. Die Praxis, mittels Share Deals Grundbesitz ohne Anfall von
Grunderwerbsteuer zu übertragen, soll durch neue gesetzliche Regelungen
beendet werden.
ENERGETISCHE GEBÄUDESANIERUNG
Die energetische Gebäudesanierung soll weiter gefördert und die beste-
henden Programme sollen besser aufeinander abgestimmt werden. EnEV,
EnergieeinsparG und EEWärmeG sollen in einem Gebäudeenergiegesetz
zusammengeführt werden. Die öffentliche Hand soll bei der energetischen
Sanierung künftig verstärkt mit gutem Beispiel vorangehen.
ERHALT DER HOAI
Auf europäischer Ebene will sich die große Koalition für den Erhalt der Ho-
norarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) einsetzen. Diese sei
unverzichtbar, um Bauqualität und -kultur zu sichern, und Voraussetzung
für einen fairen Leistungswettbewerb.
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