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MARKT & POLITIK
I
VERBANDSINFORMATIONEN
D
ie Immobilienwirtschaft spielt eine zentrale Rolle dabei, die bebaute Umwelt für
künftige Generationen nachhaltiger, attraktiver und lebenswerter zu gestalten. Da-
bei stehen Metropolen, Kleinstädte oder Dörfer nicht in Konkurrenz zueinander,
denn gleichgültig ob Stadt oder Land: Unsere Gesellschaft wandelt sich ständig und
damit auch die Anforderungen an das Sein.
GANZHEITLICHE BETRACHTUNG DER PROBLEME
Der Acht-Punkte-Plan von RICS basiert
auf einer ganzheitlichen Betrachtung der Problematik und stellt nachhaltige Lösungs-
ansätze vor, die verschiedene Ressorts betreffen. Notwendig ist die Umsetzung eines
abgestimmtenMaßnahmenbündels. Bund, Länder und Gemeinden müssen in ihren je-
weiligenVerantwortungsbereichen aktiv werden. Einige Vorschläge zielen auf geänderte
Rechtsrahmen, andere sind direkt haushaltswirksam. Alle sind gesamtgesellschaftlich
von hoher Bedeutung. Verglichen mit den negativen Urbanisierungseffekten in den
Schwellen- und Entwicklungsländern sind die Probleme in Europa und insbesondere
im föderalen Deutschland geringer. Dennoch spüren auch wir die Auswirkungen des
Megatrends: Die Ballungsgebiete mit ihren Speckgürtelgemeinden platzen aus allen
Nähten, während der ländliche Raum über Abwanderung und Auszehrung klagt. Die
aktuelle demographische Entwicklung sowie der Zuzug von Migranten in attraktive
Städte verstärken den Effekt.
Während in ländlichenGegendenWohnungen, Einzelhandels- und Produktionsflä-
chen leer stehen, fehlt es in denMetropolregionen anGewerbeflächen und insbesondere
an bezahlbaremWohnraum. Öffentliche Einrichtungen auf demLand werden geschlos-
sen, sind aber an anderer Stelle neu zu errichten. Diese Entwicklung bedeutet auch einen
enormen Wertverlust für öffentliche und private Immobilieneigentümer in den immer
dünner besiedelten Regionen. Demgegenüber steigen die Preise für Immobilien in den
„Schwarmstädten“ stetig an, Miete und Kauf werden für die Stadtbevölkerung immer
schwieriger.
LANDFLUCHT UND ANGESPANNTE WOHNUNGSMÄRKTE
Wie der öffentliche Diskurs zeigt,
bergen Landflucht und angespannte Wohnungsmärkte erhebliches sozialpolitisches
Konfliktpotenzial. Bezahlbaren Wohnraum in Boomstädten zu schaffen, ist für
Kommunen, Länder und Bund zur dringlichen Aufgabe geworden. Demgegen
über
sind Immobilien auf dem Land deutlich günstiger. Es könnte also grundsätzlich
attraktiv für eine Familie sein, in großzügigem Wohnraum auf dem Land zu leben
statt in einer beengten, teuren Stadtwohnung. Aber dazu müssen weitere Rahmen-
faktoren stimmen.
Ziel des Acht-Punkte-Plans ist es, Ideen aufzuzeigen, die den Zuzug in die Großstädte
und in deren enge Verflechtungsgürtel abbremsen können, um die negativen Effekte
der Landflucht zu mindern. Zukunftsfähige Lösungsansätze machen unsere Großstädte
lebenswerter, indem sie Konzentration und Verdichtung mindern, und heben zugleich
die Vorteile des ländlichen Raums hervor.
Acht-Punkte-Plan: Ländlichen Raum
stärken – Metropolregionen entlasten
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Martin Eberhardt FRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS in Deutschland und Geschäftsführer
Bouwfonds Investment Management Deutschland
RICS
Aufgrund der zuneh-
menden Urbanisierung ist das
Thema Stadtentwicklung in
jüngster Vergangenheit stark
vorangetrieben worden. Das
Land hingegen wurde (nahe-
zu) vergessen. Dabei hat der
ländliche Raum viel Potenzial
und sollte gestärkt werden.
Der Berufsverband RICS hat
dazu einen Acht-Punkte-Plan
entworfen.
1. Grundlagen bereitstellen:
Breitband-
versorgung und Mobilfunk ausbauen
2. Ländliche Räume erhalten:
Wichtige Infrastrukturen sichern
3. Aufenthalts- und Lebensqualität
steigern:
Ortskerne revitalisieren und
Zentren stärken
4. Identität durch Immobilien stiften:
Regionalen Charakter bewahren
5. Baunutzungsverordnung umsetzen:
Aktive Immobilien- und Bodenpolitik
betreiben
6. Neue Immobilienformen entwickeln:
Generationenwohnen, Dorfladen 2.0 oder
Coworking im Landgasthof ermöglichen
7. Homeoffice nutzen:
Moderne Arbeitsmethoden fördern
8. Steuerliche und finanzielle Möglich-
keiten etablieren:
Anreize für Ortskern
revitalisierungen schaffen
ACHT-PUNKTE-PLAN
Die 13. Jahreskonferenz RICS-Focus, die am 19. April 2018 in Berlin stattfindet,
wird die Thematik unter dem Motto „Smart Cities, Smart Villages – Potenziale erkennen,
Innovationen wagen, Chancen ergreifen“ weiter vertiefen.