Immobilienwirtschaft 3/2018 - page 19

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rst gab es für den Berliner Digitalisierungsspezialisten
Architrave eine Auszeichnung beim PropTech Innovation
Award der Union Investment Real Estate. Dann stieg die
Immobilienfondsschmiede der Genossenschaftsbanken
direkt beim Preisträger ein. Seit Oktober vergangenen
Jahres hält sie eine Minderheitsbeteiligung von 13 Prozent an
dem 2012 gegründeten Unternehmen, das sich auf intelligente
Datenmanagementlösungen für die Immobilienwirtschaft fokus-
siert. „Die strategische Partnerschaft ist ein wesentliches Element
unserer Strategie, die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft
voranzubringen“, sagt JensWilhelm, Vorstand Immobilien, Port-
foliomanagement und Infrastruktur der Union Investment.
Digitalisierung – das ist derzeit das Schlagwort in der Be-
tongoldbranche. „In Industrie und Wirtschaft schreiten digitale
Prozesse unaufhaltsam voran“, sagt Stefan Mitropoulos, Immo-
bilienanalyst der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). „Die
Immobilienbranche ist vor diesen Veränderungen nicht gefeit.“
Die Helaba, mit einemKreditbestand vonmehr als 40Milliarden
Euromaßgeblicher Akteur in der deutschen Immobilienfinanzie-
rung, hat deshalb die „Strategieprojekte Digitalisierung“ auf den
Weg gebracht. „Wir wollen für unsere Kunden den Kontakt und
das Bankgeschäft mit uns einfacher machen, schneller, komfor-
tabler, transparenter“, sagt Bereichsleiter Gerhard Kebbel. Ziel
sei es, „Qualität und Service zu verbessern, Tempo zu erhöhen,
Komplexität rauszunehmen“.
Egal ob Immobilienfinanzierer, Investor, Eigentümer oder
Verwalter – imKern gehe es darum, „Immobilien wirklich trans-
parent zumachen“, sagt Patrick Lari, Gründer und Geschäftsfüh-
rer der Berliner Hausverwaltung Habitalix, die eine Online-Platt-
formzur Liegenschaftsverwaltungmit Echtzeitkontrolle für deren
Besitzer aufgesetzt hat. „Alle relevanten Daten einer Immobilie
sollen so erfasst werden, dass sie jederzeit vomProperty undAsset
Management abgerufen, analysiert und Investoren oder Finan-
zierungspartnern zur Verfügung gestellt werden können“, sagt
Dr. Thomas Beyerle, Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für
Immobilienwirtschaftliche Forschung, gif. „Im Idealfall könnte
der Eigentümer per Knopfdruck jederzeit den aktuellen Markt-
wert seiner Liegenschaften abrufen.“
Erhebliche Effizienzgewinne verspricht sich deshalb die Uni-
on Investment, die die Bestandsdaten ihrer weltweit mehr als 400
Immobilien in die Architrave-Plattform eingepflegt hat. „Sind
alle Dokumente einer Liegenschaft elektronisch aufbereitet und
können per Knopfdruck in einen Datenraum übertragen wer-
den, kann dies beispielsweise bei einem Objektverkauf deutliche
Effizienz- und Zeitvorteile bringen“, sagt deren Chief Operating
Officer, Jörn Stobbe. „Das ist für uns und unsere Anleger ein
Wettbewerbsvorsprung.“
Die Commerz Real betrachtet die Digitalisierung vor allem
aus der Sicht der Kunden. „Welche Dienstleistungen fragen sie
heute nach, welche werden sie künftig nachfragen, und über
welche Kanäle würden sie sie nutzen?“, sagt Andreas Muschter,
Vorstandschef der Fondsschmiede der Commerzbank, die ein
Anlagevermögen von 31 Milliarden Euro verwaltet. „An diesen
Fragen orientieren wir unsere Strategie.“ Bislang wurden digitale
Plattformen für das Investorenmanagement entwickelt. Über eine
Smartphone-App können die Anleger ihres Offenen Immobili-
enfonds Hausinvest schnell Informationen zur Kursentwicklung
und zu den einzelnen Liegenschaften im Portfolio abrufen.
DIGITALISIERUNG IST IMMER NOCH NICHT OPERATIV ANGEKOM-
MEN
Mit ihrem Engagement zählen Commerz Real und Union
Investment zu den Vorreitern bei der Digitalisierung in der deut-
schen Immobilienwirtschaft. Denn faktisch macht die Branche
gerade erst ihre ersten Gehversuche in der neuen Welt. Das
zeigt eine gerade durchgeführte Umfrage der Wirtschaftsprü-
fungs- und Steuerberatungsgesellschaft Deloitte und der vom
Niedernhausener Eventmanager Strumpf getragenen Dialog-
plattform Immobilien FondsForum. Danach stufen zwar 90 von
100 befragten Immobilienanlagegesellschaften, Pensionskassen,
Versicherungen und Versorgungswerken die Digitalisierung als
wichtig oder sogar sehr wichtig ein. Jedoch stehen knapp 75 Pro-
zent davon erst am Anfang der Einführung einer elektronischen
Datenaufbereitung. „Die Digitalisierung ist immer noch nicht
operativ bei der institutionellen Immobilienwirtschaft angekom-
men“, sagt FondsForum-Mitgründer Oliver Strumpf.
Und manche Marktakteure, die sich bereits auf Digitalisie-
rungsprozesse eingelassen haben, „haben die Kernidee nicht
richtig verstanden“, sagt Beyerle. Bestes Beispiel dafür ist die Er-
fahrung eines US-Fonds, der sich 2017 am Bieterverfahren
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Foto: Igor Kyrlytsya/shutterstock.com
90
von 100 befragten
Immobilienanlagegesellschaften, Pensi-
onskassen, Versicherungen und Versor-
gungswerken stufen die Digitalisierung
als wichtig oder sogar sehr wichtig ein.
Jedoch stehen knapp 75 Prozent davon
erst am Anfang der Einführung einer
elektronischen Datenaufbereitung.
(Umfrage von Deloitte und Eventmanager Strumpf)
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