Immobilienwirtschaft 3/2018 - page 27

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Euro wollen die Firmen dafür investieren,
neben Einzelbüros und flexiblen Arbeits-
plätzen sollen Coliving-Angebote zum
dritten Standbein werden. Außerdem
testet rent24 Kombinationen wie die In-
tegration eines Fitnessstudios.
Mindspace-Deutschlandchef Bastian
Bauer sieht das Alleinstellungsmerkmal
seines Unternehmens in der Nähe zum
Kunden. Mit 14.100 Quadratmetern um-
gesetzter Bürofläche 2017 ist der Anbie-
ter zwar kleiner als der Platzhirsch, doch
manwächst – genausowie der Konkurrent
designoffices. Das inhabergeführte Unter-
nehmen setzte laut JLL-Analyse 2017 gut
35.000 Quadratmeter Bürofläche um und
hat sich vor allem im Bereich Corporate
Coworking etabliert – also imFullservice-
Angebot für Unternehmen.
DIE KUNDEN
Zu den Umsatztreibern ge-
hören auf der Nachfrageseite zunehmend
auch Konzerne. Sie zeigen Interesse an
der Anmietung zusammenhängender
Flächen – sei es für Einzelprojekte oder
für ganze Abteilungen. Bei WeWork ma-
chen Unternehmensmitglieder mehr als
20 Prozent der Gesamtmitglieder aus –
darunter Konzerne wie GE oder Micro-
soft. „Die Campus-Lösungen, die manche
Großunternehmen konzipieren, weisen ja
auch in diese Full-Service-Richtung“, so
Riza Demirci, Head of Office Advisory bei
BNP Paribas Real Estate. So hat etwa die
Deutsche Bahn im rent24-Haus in Berlin
Plätze angemietet, in anderen Städten sind
es Autobauer oder Versicherungen, die auf
die Rundum-sorglos-Pakete der Vermie-
ter zurückgreifen.
CBRE-Head-of-Research-Chef Jan
Linsin sieht dahinter nicht nur die Schwie-
rigkeit, in zentralen Lagen überhaupt noch
an große Flächen zu gelangen. „Für Pro-
jektteams von Konzernen sind die zeitlich
befristeten Büros perfekt – verbundenmit
den Dienstleistungspaketen, die Zeit und
damit Kosten sparen.“
DIE STANDORTE
Coworking in seiner Aus-
prägung als verlängertes WG-Wohnzim-
mer bleibt ein Großstadtphänomen: Hier
treffen die Anforderungen an moderne
Büroflächen auf das passende Lebens­
gefühl ihrer Nutzer. „Es geht weniger um
eine deutschlandweite Ausbreitung, son-
dern um die Positionierung innerhalb
der Top-Standorte“, sagt Riza Demirci.
Die Preise, die im verknappten Angebot
für solche Flächen aufgerufen werden,
seien dabei eher zweitrangig, bekräftigt
Friendsfactory-Chef Gregor Gebhardt.
Den Unternehmen gehe es darum, am
Puls der Zeit zu bleiben. Und auch wenn
beimThema Datensicherheit noch Fragen
offen sind – am virtuellen Netzwerk von
Coworking-Anbietern, in das Start-ups,
Etablierte und externe Dienstleister glei-
chermaßen einspeisen, wollen auch Kon-
zerne teilhaben. Entsprechend tendieren
die meisten Businessmodelle bei Cowor-
king-Anbietern zu Mitgliedschaften mit
regional oder zeitlich gestaffelten Preisen.
JLL-Experte Stephan Leimbach rechnet
vor, dass sich bei einem Unternehmen
mit zehn Mitarbeitern à 15 Quadratme-
tern die Kosten für einen Platz nach drei
Jahren neutralisieren (mit 187.000 Euro);
bis dahin ist Coworking billiger. „Bei lang-
fristiger Planung lohnt sich aus einer rein
finanziellen Sicht eher der Umzug ins klas-
sische Büro“, sagt Leimbach.
DIE PERSPEKTIVE
Einhellig erwarten Ana-
lysten undMarktbeobachter, dass sich das
Segment als feste Größe etablieren wird.
CBRE-Analyst Linsin verweist dabei auch
auf kulturelle Änderungen: „In anderen
Ländern sitzt man heute schon enger und
schafft es trotzdem, ruhig und konzen-
triert zu arbeiten.“ Zudem sei eine Gene-
ration herangewachsen, die zumTeil einen
„Sitzsack dem Schreibtisch vorzieht“. Die
Firmen selbst sehen ebenfalls wenig, was
die Aussichten trüben könnte – stattdes-
sen umso mehr Platz für gleichberechtigt
nebeneinander existierende Geschäfts-
modelle. Designoffices-Chef Schmut-
zer erwartet wachsende Nachfrage nach
Komplettpaketen ähnlich wie bei Boar-
dinghouses im Wohnbereich, rent24 bei
Kombiangeboten wie Wohnen oder Sport
und Arbeiten. WeWork hat angekündigt,
initiativ auf Unternehmen zuzugehen und
die gesammelte Expertise beim Umbau
von Büroräumen anzubieten.
Eine leichte Konsolidierung ist nach
Ansicht der Experten zwar zu erwar-
ten, schätzt etwa Savills-Experte Marcus
Mornhart. Der eigentliche Knackpunkt
allerdings kommt mit der nächsten Re-
zession. „Werden die Anbieter dann mit
Leerstand kämpfen – oder wird es genau
die Flexibilität sein, die Unternehmen zu
schätzen wissen und umso mehr auf die
Anbieter temporärer Büroflächen bauen?“,
verdeutlicht Colliers-Analyst Wolfgang
Speer die Spannungslage.
SUMMARY
»
Coworking boomt.
»
Derzeit lässt sich eine
äußerst dynamische Expansion internationaler Anbieter
bei Flexible-
Office-Betreibern beobachten.
»
Die Top-Anbieter
sind Regus, WeWork, rent24, friendsfactory und Mindspace.
»
Die Kunden
sind nicht
mehr nur Start-ups, sondern auch Konzerne.
»
Coworking bleibt ein
Großstadtphänomen
.
»
Analysten erwarten,
dass sich das Segment
als feste Größe etablieren wird.
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Kristina Pezzei, Berlin
Foto: rent24
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